08.08.2022 Arzt-Kolumne

Wandernder Schmerz im ganzen Körper

Von Nurcan Üçeyler
Prof. Dr. Nurcan Üçeyler ist Neurologin und Oberärztin an der Neurologischen Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum Würzburg.
Prof. Dr. Nurcan Üçeyler ist Neurologin und Oberärztin an der Neurologischen Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum Würzburg. Fotoquelle: privat

Eine 45-jährige Patientin stellte sich vor einiger Zeit mit langjährigem chronischem Schmerz im Rahmen der Teilnahme an einer Studie bei mir vor. Vor über einem Jahrzehnt begann ihre Leidensgeschichte mit einem Schmerz an einer Stelle im Rücken.

"Der Schmerz wanderte im Laufe der Jahre über verschiedene Stellen im Körper. Meistens tut nicht alles gleichzeitig weh. Es ist ein tiefsitzender Schmerz, wie eine Art Muskelkater. Ich fühle mich inzwischen körperlich und seelisch ausgelaugt", erklärte mir die 45-Jährige. Sie litt zusätzlich unter Tagesmüdigkeit und Magen-Darm-Beschwerden. "Bisher gibt es die Verdachtsdiagnose auf das Fibromylagiesyndrom", berichtete mir die Studienteilnehmerin. "Fibromyalgie ist immer eine Verdachtsdiagnose, denn der behandelnde Arzt muss zunächst abklären, dass keine anderweitige Erkrankung übersehen wird. Es muss also alles andere ausgeschlossen werden", antwortete ich ihr.

Fibromyalgie ist eine chronische Schmerzerkrankung mit Beschwerden in verschiedenen Körperregionen. Vom Fibromyalgiesyndrom (FMS) können Muskeln und Gelenke betroffen sein. Auch Schlafstörungen, Depressionen, Erschöpfung und Konzentrationsprobleme sind typische Symptome. Die Erkrankung ist nicht heilbar, aber mit einer multimodalen Therapie behandelbar. Man geht davon aus, dass zwei Prozent der Menschen in Deutschland betroffen sind.

Neue Erkenntnisse zum FMS deuten darauf hin, dass die Krankheit durch morphologische Veränderungen am peripheren Nervensystem mitverursacht wird. Dabei kommt es offenbar zu einer Veränderung der Nervenfaserdichte in der Haut. Zusätzlich wurde bei Betroffenen ein Mangel an natürlichen Killerzellen beobachtet.

Ich sehe die Patienten im Rahmen von Studien, die wir zur FMS durchführen. Sehr oft sind sie weiblich. Aber auch Männer sind betroffen und sogar Kinder und Jugendliche. Aktuell führen wir eine Studie mit männlichen Patienten und FMS durch. Interessenten können sich als Studienteilnehmer gerne bei uns melden (ueceyler_n@ukw.de). Es werden im Rahmen der rein wissenschaftlichen Studie insgesamt fünf Tests durchgeführt. Um die Krankheit erforschen zu können, sind viele kleine Puzzleteile nötig. Diagnostisch haben die Studienteilnehmer keinen persönlichen Vorteil von den Untersuchungen. Sie leisten aber einen wichtigen Beitrag, um das Krankheitsverständnis zu verbessern.

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