Wie oft fühlt man sich "reif für die Insel", ausgelaugt oder schlichtweg überfordert? Mit den Folgen der Pandemie ist das Risiko, an einem Burnout oder einer Depression zu erkranken, noch einmal gestiegen. Der Volksmund spricht dann oft davon, mal "runterzukommen". Aber wie genau sieht dieses "Runterkommen" aus?
In früheren Zeiten fand man auf diese Frage oft eine kurze Antwort mit drei Buchstaben: Kur. Der oft präventiv genutzte, aber ebenso oft auch als Reha-Maßnahme durchgeführte Kur-Aufenthalt sorgte für Entschleunigung durch einen Tapetenwechsel, aber auch durch zielgerichtete medizinische Behandlungsformen bei Krankheiten wie Asthma, Bandscheibenvorfall, Herzinfarkt oder Osteoporose. Doch Mitte der 1990er-Jahre erlitt diese Vorgehensweise einen Bruch. "Vor 25 Jahren hat Horst Seehofer in seiner Gesundheitsreform Paragraph 23 des Sozialgesetzbuchs verändert und die Prävention von der Pflichtleistung in eine Freiwilligenleistung umgewandelt. Darunter haben alle Heilbäder gelitten und massive Einbrüche verzeichnet", sagt Michael Feiler, Kurdirektor/Geschäftsführer des Staatsbades und Beigeordneter der Stadt Bad Salzuflen, eines der bekanntesten deutschen Heilbäder.
Seit Juli des letzten Jahres ist der betreffende Gesetzestext wieder umgekehrt worden. Mittlerweile ist eine Kur wieder eine Pflichtleistung. Michael Feiler ist froh, dass sich dank der Gesetzesänderung die Kur wieder als Behandlungsform etablieren kann. Er plädiert für mehr Aufklärungsarbeit. So müsse man auch die behandelnden Fach- und Hausärzte wieder mehr mit ins Boot holen, damit sie Kuren nicht so zögerlich wie bisweilen verschreiben würden. "Die Patienten wissen oft nicht, dass sie eine Kur beantragen können. Wenn die vom Arzt bestätigten medizinischen Indikationen da sind, dann sollte man sich auch trauen und einen Kurantrag bei der Krankenkasse stellen. In den vergangenen 25 Jahren wurde ein solcher Antrag aber oft abgelehnt, weshalb diese Praxis etwas eingeschlafen ist", sagt er.
Dabei würden Kuraufenthalte gerade in der Post-Corona-Phase vielen Menschen durch eine schwere Zeit helfen. Feiler: "Wir haben zum Beispiel eine so genannte 'Erschöpfungskur', die sich genau mit dieser Thematik beschäftigt. Die Anmeldungen für diese Kur haben sich zur Mitte des Jahres bereits im Vergleich zum gesamten letzten Jahr verdoppelt. Corona kann viele Auswirkungen haben, aber die häufigste Folgeerscheinung ist sicherlich die Erschöpfung. Eine Klinik vor Ort kümmert sich speziell darum, bei Menschen, die ihren Geruchs- und Geschmackssinn verloren haben, durch Neurostimulation die Nerven wieder anzuregen, um diese beiden Sinne wiederzuerlangen. Ich finde das hochinteressant."
Die veränderte Situation durch Corona zeige, dass man sich in den Bereichen Marketing und Kommunikation umstellen müsse, sobald die medizinische Entwicklung eine wirksame, auf das Thema Corona zugeschnittene Kur zulasse.