26.07.2022 Arzt-Kolumne

Wie Kinder endlich trocken werden

Von Melanie Ahaus
Dr. Melanie Ahaus 
ist niedergelassene Kinder- und Jugendärztin in Leipzig und Sprecherin 
des Berufsverbandes der Kinder- und 
Jugendärzt*innen 
in Sachsen.
Dr. Melanie Ahaus ist niedergelassene Kinder- und Jugendärztin in Leipzig und Sprecherin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzt*innen in Sachsen. Fotoquelle: privat

"Ist es normal, dass mein dreijähriger Enkel noch eine Windel trägt?", fragte mich vor ein paar Tagen eine Großmutter, die zusammen mit der Mutter des Kleinkinds wegen der Vorsorgeuntersuchung U7a in meine Praxis gekommen war. Die Vorsorgeuntersuchung hatte das Kind gut mitgemacht. Aus ihrer Frage hörte ich heraus, dass sie es nicht normal fand, dass ihr Enkel noch eine Windel braucht.

"Ihr Enkel ist ganz normal entwickelt, Kinder werden halt ganz unterschiedlich sauber", versuchte ich es diplomatisch. "Aber die Eltern könnten ihn doch öfters aufs Töpfchen setzen, damit er es lernt", wandte die Großmutter ein. "Keine gute Idee. Wahrscheinlich wäre es nur Stress für ihn, und er würde vielleicht sogar Angst vor dem Toilettengang entwickeln. Oder er funktioniert den Toilettengang in eine Art Machtkampf um, bei dem am Ende alle verlieren. Besser ist es abzuwarten, bis das Kind von selbst keine Windel mehr will", erklärte ich ihr.

Eltern können einem Kleinkind selbstverständlich ein wenig dabei helfen, trocken zu werden. Zum Beispiel können sie dem Kleinkind zeigen, was es tun muss, um erfolgreich auf die Toilette zu gehen: wie es die Hose öffnet und herunterzieht, sich richtig auf die Toilettenbrille oder auf das Töpfchen setzt, dann erst Wasser lässt und wie es sich hinterher die Hände wäscht. Das Töpfchen oder der Einsatz für den Toilettensitz müssen natürlich standsicher und bequem sein. Für Letzteren benötigen Kleinkinder einen Tritt oder Hocker, damit sie sich selbstständig auf den Sitz setzen können.

Statt Body sind jetzt Höschen angesagt. Anfangs sind Lernwindeln oder Windelhöschen nützlich, die das Kind wie eine Unterhose selbst runterziehen kann, die aber im Notfall auch Flüssigkeit aufsaugen. In dieser Phase ist es ratsam, für alle Fälle immer Ersatzkleidung dabei zu haben. Tagsüber können Kinder eher auf die Windel verzichten als nachts. Für die Nacht ist ein Matratzenschutz hilfreich, damit das Bett trocken bleibt.

Mit der Zeit wird das Kind den Toilettengang sicher allein beherrschen, meist geht das "große Geschäft" etwas früher ins Töpfchen. Die Blasenkontrolle gelingt später. "Dass auf dem Weg zum Trockenwerden manchmal auch etwas schief geht, etwa wenn Ihr Enkelkind müde ist oder mitten in einem spannenden Spiel, das ist normal", erklärte ich der Großmutter. Und wichtig ist: Nicht schimpfen, sondern lieber kleine Fortschritte loben. Grundsätzlich gilt: Eltern oder Großeltern sollten sich bei Unsicherheiten immer an den Kinderarzt oder die Kinderärztin wenden, die dann entscheiden, ob weitere Untersuchungen veranlasst werden müssen.

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