06.11.2018 Arzt-Kolumne

Hausmitteln auf den Zahn gefühlt

Dr. Jochen H. Schmidt ist zahnärztlicher Leiter des Carree Dental in Köln. Er besitzt den "Master of Science in Oral Implantology and Surgery".
Dr. Jochen H. Schmidt ist zahnärztlicher Leiter des Carree Dental in Köln. Er besitzt den "Master of Science in Oral Implantology and Surgery". Fotoquelle: privat

Drei Wochen hatte sich der 47-jährige Patient mit seinen Zahnschmerzen rumgeplagt und diese durch das Kauen von Gewürznelken oder das Auflegen eines Eisbeutels mehr oder weniger gut "betäuben" können. Erst als diese Methoden keine spürbare Linderung mehr brachten, ging er endlich zum Zahnarzt.

Grundsätzlich ist gegen alte "Hausmittel" wie diese, wenn sie kurzfristig zum Einsatz kommen, nichts einzuwenden. Doch lassen die Schmerzen nicht innerhalb einiger Stunden nach, sollte stets der Zahnarzt – oder an Feiertagen der zahnärztliche Notdienst – aufgesucht werden. Er leistet "erste Hilfe" und klärt, wodurch die Beschwerden verursacht werden.

Vielfach stecken hinter Zahnschmerzen Karies, Wurzelentzündungen oder, wie im Falle des Patienten, eine Parodontitis. Diese parodontale Erkrankung ist alles andere als harmlos: Gelangen die Keime über die Entzündungsherde im Zahnfleisch in die Blutbahn, drohen unter anderem Diabetes, Gefäßverkalkungen und Herzinfarkte. Dies war bei dem Patienten glücklicherweise (noch) nicht der Fall– und konnte durch eine umgehende Behandlung, also eine tiefgehende Taschenreinigung per Laser, frühzeitig verhindert werden.

Zahnschmerzen einfach weglutschen?

Doch zurück zu den "guten alten Hausmitteln". Heute bestätigt die moderne Zahnmedizin, dass beispielsweise das Kauen von Gewürznelken alles andere als Aberglaube ist: Dank ihrer ätherischen Öle wirken Nelken betäubend und antiseptisch. Einfach im Mund in die Nähe des schmerzenden Zahns schieben oder leicht darauf kauen – und schon entfaltet das alte Gewürz seine heilende Kraft. Linderung bringen können Nelken auch bei Zahnfleisch- oder Wurzelentzündungen.

Hilfreich bei Zahnschmerzen können auch das Lutschen eines Eiswürfels oder das kurzzeitige Auflegen eines in ein Tuch gehüllten Kühlpacks sein – vorausgesetzt, es sind keine sensiblen Zähne oder frei liegenden Zahnhälse Ursache der Beschwerden. Die früher empfohlenen Eisbeutel sind wegen möglicher Verbrennungen nicht ratsam.

Ursache klären

Dennoch empfiehlt es sich, statt Nelken oder Eiswürfel lieber eine Ibuprofentablette zu nehmen und einen Termin beim Zahnarzt zu vereinbaren. Dieser sollte klären, ob eventuell andere Ursachen wie Wurzel- oder Nasennebenhöhlenentzündungen eine Rolle spielen. Denn selbst die besten Hausmittel können nicht die tiefer liegenden Ursachen der Beschwerden beheben. Hier ist der Zahnarzt gefragt, damit es nicht zu gravierenden gesundheitlichen Folgen kommen kann.