01.11.2021 Blick in die Zukunft

Folge 2: Influencer – Fluch oder Segen?

Von Professor Dr. Thomas Druyen
Professor Dr. Thomas Druyen (rechts) und prisma-Chefredakteur Stephan Braun.
Professor Dr. Thomas Druyen (rechts) und prisma-Chefredakteur Stephan Braun. Fotoquelle:  Alois Müller

In "Blick in die Zukunft" antwortet Professor Dr. Thomas Druyen auf Fragen von prisma-Chefredakteur Stephan Braun. Folge 2: Influencer – Fluch oder Segen?

Beides trifft zu, das Gute wie das Schlechte, und ist die Folge von Inhalt und Absicht. Um es mal ganz krass zu beleuchten, Hitler und Gandhi waren Menschen mit Einfluss. Ihre verheerende oder friedliebende Resonanz haben Teile der Weltgeschichte geprägt. Insofern gibt es Beeinflusser seit Jahrtausenden. Jesus und Mohammed haben in diesem Sinne wohl die weitreichendsten Wirkungen.

Der begrifflich in den 2000er-Jahren entstandene Influencer ist das Produkt und die damit verbundene Möglichkeit der sozialen Netzwerke. Jeder Mensch kann über digitale Kanäle mit vielen sprechen und die eigene Sicht zum Maßstab machen. Die großen Bühnen dazu heißen Facebook, Tiktok, Twitter, Instagram oder YouTube. Über Nacht sind vorzugsweise junge Selbstinszenierer zu Szenestars geworden, die teilweise ein Millionenpublikum erreichen. Mit diesen Followern besitzen sie Werbungspotenzial und wurden neue Multiplikatoren im Marketing.

Aber die Frage lautet jetzt, warum sind sie da? Die Tatsache, dass fast jeder Mensch auf der Welt ein Smartphone besitzt, macht uns alle zu möglichen Sendern. Früher musste man ins Fernsehen oder in die Zeitung kommen, um bekannt zu werden. Heute ermöglicht eine persönliche Idee, Story oder Provokation, um ins Rampenlicht zu rücken, wenn man Resonanz bekommt. Während wir vor 30 Jahren in Deutschland ein paar Hundert Prominente hatten, zählt man heute schon offiziell 4,6 Millionen Influencer.

Was bedeutet das für unsere Zukunft? Unsere Gesellschaft und unsere Werte werden immer kleinteiliger. Die gemeinsame Wahrheit gibt es kaum noch, jeder Mensch hat mehr oder weniger eine eigene Interpretation von richtig und falsch. Daher schrumpfen auch die Volksparteien. Es fehlen gemeinsame Ziele. An sich zu denken, ist Trumpf. Für die Zukunft wünsche ich uns Influencer, die wieder vereinigen und uns begründetes Vertrauen einflößen.

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