Hauptdarsteller in "Der gute Bulle"

Armin Rohde: "Mir war noch nie langweilig in meinem Leben"

von Eric Leimann

In "Der gute Bulle" spielt Armim Rohde schon wieder einen halbseidenen, ambivalenten Polizisten unter der Regie von Lars Becker. Woher kommt die Liebe für solche Figuren und was erzählen sie uns über das Leben?

Seit 2002 spielt Armin Rohde den moralisch schwer durchschaubaren Polizisten Erich Bo Erichsen in Lars Beckers "Nachtschicht". Anfang Mai lief mit "Cash & Carry" (ZDF-Mediathek) der 16. Film der losen Krimireihe. Doch nicht genug der halbseidenen Charaktere mit Dienstausweis, denn im zweiten Film unter dem Titel "Der gute Bulle: Friss oder stirb" (Montag, 25. Mai, 20.15 Uhr, ZDF) taucht der 65 Jahre alte Schauspieler in eine durchaus ähnliche Rolle ein, auch wenn diese Version des kaputten und doch irgendwie moralischen Bullen gegenüber der humorig-doppelbödigen "Nachtschicht" die deutlich finsterere ist. Worin besteht der Reiz solcher Figuren für den Gladbecker Arbeitersohn? Und wie kommt man als einer der meistbeschäftigten Schauspieler Deutschlands mit der Situation klar, auf einmal über Wochen und Monate "drehfrei" zu haben?

prisma: Anfang Mai lief ein neuer "Nachtschicht"-Film mit Ihnen als ambivalentem Kommissar Erichsen. Nun spielen Sie einen ähnlichen Charakter in einem anderen Film ...

Armin Rohde: Ja – und das auch noch aus der Feder des gleichen Autors und Regisseurs, Lars Becker. In der Tat machten wir uns deshalb zu Beginn ein wenig Sorgen, dass man die beiden verwechseln könnte. Zumal es sich um Figuren einer Reihe handelt. "Nachschicht" gibt es ja schon lange, auch von "Der gute Bulle" haben wir mittlerweile einen dritten Film gedreht.

prisma: Es ist sicher kein Zufall, dass Sie bei Lars Becker bevorzugt Polizisten zwischen Gut und Böse spielen ...

Rohde: Es gibt diese lange Zusammenarbeit zwischen Lars Becker und mir. Daraus sind nun eben zwei Ermittlerfiguren erwachsen, die sich beide durch ihre Ambivalenz auszeichnen. Der eine ermittelt in Hamburg, der andere in Berlin. Zur Unterscheidung: Erichsen, der Hamburger, ist der kommunikativere und Fredo Schulz der eigenbrötlerischere (lacht).

prisma: Becker-Filme werden oft von ambivalenten Figuren bevölkert, aus denen man nicht immer so schnell schlau wird. Warum faszinieren uns solche Figuren?

Rohde: Weil jeder Mensch komplett gegensätzliche Seiten in sich trägt. Lars interessiert sich genauso wie ich schon immer für dieses Phänomen. Unter den Menschen gibt es die Raubtiere und die Mitfühlenden. Im Prinzip trägt jeder Mensch beide Seiten in sich – auch wenn es uns manchmal so erscheint, als wären einige hundertprozentige Raubtiere um uns herum in der Welt unterwegs.

prisma: Offenbar inspirieren Sie immer wieder Regisseure dazu, diese Doppelbödigkeit zu verkörpern. Wissen Sie, durch was?

Rohde: Ich könnte lange spekulieren, warum das so sein könnte. Aber eigentlich wäre es sinnvoller, den Regisseuren diese Frage zu stellen.

prisma: Schon in "Kleine Haie" spielten Sie so einen Typen. Einen Rocker, bei dem man nicht gleich wusste, ist der nun gefährlich oder ein guter Typ. Diese Rolle war 1992 Ihr Durchbruch, oder?

Rohde: Oh, das ist tatsächlich lange her. Ich habe das damals gar nicht so mitbekommen, dass das mein Durchbruch war. Ich habe eher nach und nach realisiert, dass diese Rolle eine Art Durchbruch beim Film für mich gewesen sein könnte. Ich war damals schon seit etwa zwölf Jahren am Theater. Als Theaterschauspieler denkt man ja schon, man wäre ein Star, wenn einen die Leute in der lokalen Fußgängerzone ein bisschen komisch angucken. Wahrscheinlich hat "Kleine Haie" aber tatsächlich etwas bewegt. Vielleicht habe ich etwas Unseriöses an mir – und das wurde genau damals für den Film entdeckt... (lacht)

prisma: Nun liegt gerade die ein oder andere Schauspielerkarriere auf Eis. Wie kommen Sie durch die gegenwärtige Corona-Krise?

Rohde: Mir war noch nie langweilig in meinem Leben. Ehrlich gesagt, kenne ich dieses Gefühl gar nicht. Auch deshalb komme ich jetzt ganz gut mit der Situation klar. Zwischen den Filmen habe ich mich auch früher schon stark zurückgezogen. Deshalb kenne ich dieses Leben, das jetzt allen verordnet wird, recht gut. Ich habe ein Haus mit Garten, dazu hat sich mein Wohnzimmer in eine Turnhalle verwandelt. Da steht ein Rudergerät, ein Laufband, ein Ergometer, es hängt ein Boxsack an der Decke und eine Yogamatte liegt auf dem Boden.

prisma: Was hätten Sie gerade gemacht, wenn es keinen Lockdown gäbe?

Rohde: Normalerweise hätte ich Mitte April mit einem neuen "Nachtschicht"-Film angefangen. Danach hätte ich noch einen schönen Film auf Mauritius gedreht, aber da ist es noch sehr unklar, wann sie ein deutsches Team ins Land reisen lassen. Im Moment ist die Ansage, dass die Dreharbeiten für "Nachtschicht" noch im Juni beginnen sollen. Ansonsten sind die momentanen Beschränkungen für mich keine Katastrophe. Ich kann mich eigentlich nicht beklagen. Es gibt viele Kollegen, denen es deutlich schlechter geht.

prisma: Könnten Sie Hilfsgelder beantragen oder bekommen Sie Geld, wenn Produktionen ausfallen?

Rohde: Film- und Fernsehschauspieler sitzen momentan ziemlich zwischen den Stühlen, weil sie zwar das Risiko von Selbstständigen tragen, aber während einer Produktion als Angestellte arbeiten. Dadurch fallen sie durch fast alle Netze.

prisma: Als wie groß empfinden Sie die Krise?

Rohde: Wir lernen gerade: Wenn es sein muss, können wir viel bewegen. Die Menschheit befindet sich in einem riesigen Experiment. Wir müssen viele Dinge drastisch und sofort ändern, die wir vorher ganz anders gemacht haben. Dinge, die zuvor unser Leben entscheidend ausgemacht haben. Das Ganze bringt aber auch positive Aspekte mit sich.

prisma: Was macht Ihnen Hoffnung?

Rohde: Der Mensch und die Politik verstehen es auf einmal, rational zu denken und zu handeln. Ich hoffe, dass sich dieser Geist auch danach auch auf andere, ebenso wichtige Projekte überträgt. Vor allem natürlich auf den Klimaschutz, die Vermüllung der Erde und der Ozeane.

prisma: Was bedeutet die Corona-Krise für Ihre Branche, für Schauspieler und andere künstlerisch Kreative?

Rohde: Keiner weiß, wie lange es dauert, bis diese Krise endgültig ausgestanden ist. Wenn sie jedoch lange dauert, wird es sehr viele Schauspieler, Musiker und andere Künstler nicht mehr geben. Es wird ein riesiger Kahlschlag in der gesamten kreativen Szene festzustellen sein, weil viele Künstler schon vorher finanziell gerade so hingekommen sind. Ich bin von Haus aus ein skeptischer Optimist. Daher hoffe ich, dass uns allen miteinander noch etwas einfällt – und dass es dann wieder aufwärts geht.

prisma: Im Ausland wird Deutschland für sein Krisenmanagement gelobt ...

Rohde: Im Prinzip sehe ich in Deutschland momentan ganz viel Gutes, viele hilfsbereite und freundliche Menschen. Ein paar negative sind auch dabei, klar. Das Denunziantentum geht mir zum Beispiel auf den Zeiger. Wenn Leute glauben, anderen ziemlich aggressiv erklären zu müssen, wie man sich in der Krise verhält. Insgesamt macht mir das Verhalten der Menschen aber mehr Mut, als dass es mich frustriert. Viele haben gezeigt, dass sie in Krisenzeiten wachsen können. Das finde ich übrigens, ist eine der beeindruckendsten Fähigkeiten des Menschen.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte Sie auch interessieren