Interview

Claudia von Brauchitsch: Sie ist die erste Moderatorin bei "Akte"

von Markus Schu

Claudia von Brauchitsch beerbt Claus Strunz als Moderatorin von "Akte" und ist die erste Frau, die das SAT.1-Nachrichtenmagazin moderiert. Wie sie und ihr Team für frischen Wind sorgen wollen, erklärt sie im Interview.

Mini-Revolution beim SAT.1-Dauerbrenner "Akte": Ab Montag, 26. August, 22.35 Uhr, übernimmt mit Claudia von Brauchitsch zum ersten Mal in der 25-jährigen Geschichte des Formats eine Frau das Steuer. Die gebürtige Münchnerin löst damit Claus Strunz ab. Eine ungewöhnliche Wahl möchte man meinen, kennt man die 44-Jährige doch als Nachrichtensprecherin bei N24, "SAT.1 News – Die Nacht" und vor allem bei "Sky Sport News HD". Doch von Brauchitsch kündigt im Interview Änderungen bei der anstehenden Neuauflage von "Akte" an. Die neuen Folgen des journalistischen Flaggschiffs von SAT.1 werden nun erstmals in einer extra dafür gegründeten Redaktion realisiert. Warum das von Vorteil ist, erklärt von Brauchitsch im Interview.

prisma: Was sind Ihre Aufgaben bei "Akte"?

Claudia von Brauchitsch: Ich bin nicht nur das Gesicht, das einmal in der Woche zum Dreh erscheint und dann die Themen heruntermoderiert – das ist auch nicht mein Anspruch. Sondern ich werde eng mit der Redaktion zusammenarbeiten. Ich freue mich, die erste Frau zu sein, die "Akte" präsentiert.

prisma: "Akte" wird nun zum ersten Mal überhaupt intern in Unterföhring entwickelt und nicht mehr extern. Ist das ein Vor- oder ein Nachteil?

von Brauchitsch: Ich sehe das als absoluten Vorteil. Wir arbeiten in einer neu gegründeten Redaktion mit sehr guten Journalisten aus den unterschiedlichsten Bereichen. Man wird eine andere Handschrift spüren bei unserer Neuausrichtung des Magazins. Auch in puncto Aktualität ist die interne Redaktion ein Segen: Wir können beispielsweise schnell und flexibel ohne lange Abstimmungswege reagieren, wenn wir tagesaktuell berichten wollen.

prisma: Hört sich so an, als würde "Akte" zukünftig auch ein bisschen herumexperimentieren?

von Brauchitsch: Auf jeden Fall! Es ist zum Beispiel möglich, dass wir breaking news und Sondersendungen aus der "Akte"-Redaktion machen. Die Kollegen sind erfahrene Journalisten mit erstklassigen Kontakten und viel Expertise in investigativer Recherche.

prisma: Was hat Sie zur Moderation bei "Akte" bewogen?

von Brauchitsch: "Akte" ist das journalistische Aushängeschild von SAT.1 und zeigt eine Mischung aus Relevanz, Seriosität und Aktualität – und dieses Zusammenspiel gefällt mir sehr.

prisma: Also hatten Sie keine Lust mehr auf Sportberichterstattung?

von Brauchitsch: Haha, nein, ganz so ist es nicht! (lacht) Das wäre ja, als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen. Diese beiden Bereiche sind zu unterschiedlich, man kann sie nicht miteinander vergleichen. Bei "Akte" und Sportnachrichten handelt es sich um komplett unterschiedliche Formen journalistischer Arbeit.

prisma: Was bewegt Deutschland aktuell?

von Brauchitsch: Allem voran die Klimadebatte. Plötzlich gibt es in der Bevölkerung ein ganz neues Umweltbewusstsein. Fast alle politischen Parteien haben sich den Klimaschutz auf die Fahne geschrieben, aber bislang hat noch keiner irgendetwas auf die Kette gekriegt – sehr salopp ausgedrückt! (lacht) Aber dadurch, dass diese Debatte nun medial derart präsent ist, bewegt es jeden. Bei "Akte" wollen wir solche und andere Themen so verpacken, dass sie die Menschen erreichen und letztendlich jeder versteht, worum es am Ende geht.

prisma: Wie funktioniert das?

von Brauchitsch: Man kann alles so herunterbrechen, dass es unsere Zuschauer direkt in deren Alltag abholt – das ist die große Kunst. Mit der Klimadebatte gelingt das vielen Medien über weite Strecken sehr gut. Zumindest insofern, dass über alle Generationen hinweg über dieses Thema gesprochen wird: Auch meine zehnjährige Tochter weiß genau, wer Greta Thunberg ist und was es mit den Fridays for Future-Demos auf sich hat.

prisma: Sie machen sich als Moderatorin bei "Akte" viel angreifbarer als durch ihr bisheriges Engagement als Sportmoderatorin bei Sky. Warum suchen Sie diese Herausforderung?

von Brauchitsch: Man wächst mit seinen Aufgaben! Ich werde bei "Akte" aber trotz Moderation in den Hintergrund treten – die Themen sind wichtig, nicht ich. Dennoch werde ich meine Meinung zeigen können, wenn es darauf ankommt. Am Ende ist der neue Job nicht nur eine Herausforderung, sondern vor allem eine Bereicherung. Das habe ich bereits in den ersten Redaktionskonferenzen erlebt – da wird heftig diskutiert und kein Blatt vor den Mund genommen. Und bei der Vielfalt der Themen liegt es auf der Hand, dass auch ich immer wieder dazulerne und denke: "Das gibt's doch nicht, warum ist das in Deutschland nicht bekannt?"

prisma: Sie haben in der Vergangenheit auch bei CDU.TV moderiert. Sind Sie Mitglied der Partei?

von Brauchitsch: Nein, ich gehöre zu keiner Partei und besitze auch kein Parteibuch. Das war eine sehr spannende Zeit auf anderen Bühnen. Als Moderatorin und Journalistin ist politische Neutralität das Allerwichtigste.

prisma: Wie viel gesellschaftspolitische Verantwortung muss ein Reportage-Magazin wie "Akte" übernehmen?

von Brauchitsch: Menschen orientieren sich an dem, was sie lesen, hören, sehen und auch an dem, was ihre Mitmenschen sagen oder was ihnen andere vorleben und berichten. Deshalb haben wir am Ende großen Einfluss auf unsere Zuschauer.

prisma: Wie viel Haltung ist heutzutage wichtig – gerade für Sie als Journalistin?

von Brauchitsch: Als Journalistin bin ich mir meiner gesellschaftspolitischen Verantwortung jederzeit bewusst und ich versuche im Rahmen meiner Möglichkeiten sehr achtsam zu sein: Wie drücke ich mich aus? Wie verhalte ich mich? Wie kleide ich mich? Welchen Tenor lege ich in die Moderation hinein?

prisma: Und als Privatmensch?

von Brauchitsch: Da ist Haltung genauso essenziell. Ich bin Mutter von zwei Kindern. Für mich ist es wichtig, meine Kinder zu selbstständigen, ehrlichen und offenen Menschen zu erziehen, die wissen, wo sie hingehören und was richtig oder falsch ist. Das ist in der heutigen Zeit leider schwierig, weil die Einflüsse nicht nur aus der Schule oder dem Elternhaus kommen. Informationen jeder Art prasseln aus den verschiedensten Quellen auf sie ein.

prisma: In der Vergangenheit gab es immer wieder Kritik gegenüber "Akte": Verschiedene Beiträge wurden als tendenziös, mitunter gar als polemisch bezeichnet. Wie schwierig ist es, Interesse beim Zuschauer zu wecken, ohne dabei reißerisch zu wirken?

von Brauchitsch: Das ist sicherlich keine einfache Aufgabe, aber in unsere Redaktion habe ich vollstes Vertrauen. Dort ist jeder bis in die Haarspitzen sensibilisiert. Für mich persönlich beginnt ab dem 26. August mit unserer ersten Sendung eine neue Zeitrechnung.

prisma: Gerade hat ein "akte 20.19 spezial"-Beitrag zum Thema Roma für heftige Kritik gesorgt – unter anderem durch den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma. Sensibilisiert das für die künftige Arbeit?

von Brauchitsch: SAT.1 hat dazu ausführlich Stellung genommen und die Kritik zurückgewiesen. Zu guter journalistischer Arbeit gehört, alle Seiten eines Themas zu beleuchten. Dass das nicht jedem gefällt, liegt auf der Hand. Eines werden wir bei "Akte" sicher nicht zeigen: einseitige Berichterstattung.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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