Vor dem Fernseher verfolgte der Bau- und Abrissunternehmer Winfried Prem den figurativen Fall der Mauer. Wenige Monate später war er es, der die Mauer zerstörte.
Schon in der Schule war Winfried Prem, Jahrgang 1949, aus Waidhaus in der Oberpfalz ein eigenwilliger Träumer. In die Schule ging Prem, dessen Lebensgeschichte der "Lebenslinien"-Film von Elisabeth Mayer erzählt, nicht gern – die Firma seines Vaters sollte ein älterer Bruder übernehmen. Aber in der Firma half er später doch – als Lkw-Fahrer von früh bis spät. Und als die Firma des Vaters, eines bekannten örtlichen Baumeisters und Architekten, pleite ging, übernahm er sie – als Abrissunternehmen. Doch Winfrieds große Stunde schlug, als er damals, im November 1989 vor dem Fernseher saß und die Öffnung der Berliner Mauer und den Slogan der Mauerspechte: "Die Mauer muss weg!" miterlebte.
Schon 1987 hatte er ja im Bauministerium der DDR in Ostberlin vorgesprochen und sein Unternehmen vorgestellt, wobei ihm die Mauer – "Das wär' das Produkt!" – als besonders geeignetes Beispiel für den Einsatz seiner teuren Abrissmaschine erschien, den sogenannten "Brecher". Was damals noch Entsetzen auslöste, wurde im Januar 1990 mit einem Anruf aus Ostberlin Wirklichkeit: Prem wurde ins Bauministerium der DDR gerufen. Er bekam den Zuschlag für den Abriss der Mauer unter vielen hundert Bewerbern.
Vier Jahre lang, von 1990 bis '94, zerschredderte er 150 Kilometer des Mauerbetons und machte Material für den Straßenbau daraus. "Es war für mich wie ein Lottogewinn", sagt Prem heute. Doch seine Geschichte ist auch die des "Hans im Glück" aus dem Märchen, die mit einem Goldklumpen beginnt. Bekanntlich endet sie mit einem wertlosen Stein. Auch Winfrieds neue Firmen, die er nach dem "Lottogewinn" als mehrfacher Millionär gründete, gingen pleite. Für Kinder und Enkelkinder hat der unerschütterliche Oberpfälzer nun drei Mauerstücke in den Garten seines Hauses gepflanzt, zur Erinnerung an seine erstaunliche Geschichte, die er selbst noch immer nicht recht glauben kann. "Die können dir alles nehmen, dein ganzes Hab und Gut", sagt er in Erinnerung an die Zeit des Glücks, "aber das, was du erlebt hast, das bleibt im Kopf."
Weil dieser Herr Prem, einstmals auch Musiker und Sänger, ein begnadeter und glaubwürdiger Erzähler ist – er wirkt ein wenig wie ein Verwandter des Maier Sepp, der "Katze von Anzing" -, wurde dieses "Lebenslinien"-Porträt weitaus mehr als ein kurioser Fortsatz der Weltgeschichte: ein wahres Märchen aus der Wirklichkeit.
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH