Schlagerstar im Interview

Matthias Reim spricht offen über Rückschläge: "Das musste ich mir wieder erkämpfen"

11.07.2023, 07.59 Uhr
Schlagerstar Matthias Reim hat sich für ein ausführliches Interview mit prisma Zeit genommen.
Schlagerstar Matthias Reim hat sich für ein ausführliches Interview mit prisma Zeit genommen.  Fotoquelle: picture alliance/dpa | Michael Matthey

Matthias Reim ist eine lebende Schlager-Legende. 1990 stürmte der gebürtige Korbacher mit dem Hit „Verdammt ich lieb‘ dich“ die Charts. In diesem Jahr will Matthias Reim sein 1500. Konzert geben. Im Interview mit prisma gibt der Schlagerstar private Einblicke in sein Leben mit einer großen Patchwork-Familie, plaudert über Lampenfieber und wie er sich nach Rückschlägen sein Publikum zurück erkämpfen musste. 

prisma: Matthias, ab dem 14. Juli gibt es dein neues Live-Album in den Läden. Warum ist es ein Muss für jeden Fan?

Matthias Reim: Nach den Corona-Jahren haben wir das Tour-Programm neu durchdacht und neu arrangiert, zum Teil sind neue Top-Musiker dazugekommen. Ich bin sehr stolz darauf, wie das klingt. Wir haben Songs aus 33 Jahren ausgewählt. Für Fans ist das Live Album ein Souvenir, eine Erinnerung an die Zeit, in der wir dieses Programm spielen. Und für die anderen ist es ein „Neugierigmacher“, die wollen dann auch zu Konzerten kommen (lacht).

prisma: In den kommenden Monaten wirst du auf zahlreichen Bühnen stehen, im September findet dein 1500. Konzert statt, ein beeindruckendes Jubiläum. Was macht für dich den Reiz der Bühne aus?

Matthias Reim: Für mich gilt: Je mehr Zuschauer, desto besser. Es sind inzwischen einige Generationen, die bei den Konzerten zusammen feiern, da kommt auch schon mal die Oma mit dem Enkel. Das ist toll. Es ist eine unglaubliche Energie, die ich da als Künstler spüre. Ich brenne für diese endorphinerfüllten Momente.

prisma: Stimmt es, dass du nach all den Jahren immer noch Lampenfieber hast? Wie gehst du damit um?

Matthias Reim: Ja, stimmt. Das Lampenfieber stellt sich schon am Tag vor dem Konzert ein. Für mich ist es ein Zeichen von Respekt vor dem, was kommt. Es ist auch keine Angst, ich freue mich ja auf die Konzerte. Ich habe das inzwischen kultiviert: Eine Stunde vor Beginn bringt mir mein Roadie ein „Beruhigungsbier“. Und dann kommt immer der Moment, den ich nicht missen möchte, wenn es heißt „Nur noch zwei Minuten“. Dann bin ich durchströmt von Aufregung und Glücksgefühlen, dass es raus auf die Bühne geht.

prisma: Deine Karriere kennt nicht nur Höhepunkte, du musstest auch Rückschläge und Schwierigkeiten wie Krankheit und Pleite überwinden. Wie ist es dir gelungen, immer wieder erfolgreich zurückzukommen?

Matthias Reim: Meine Fans sind alle zurückgekommen. Die, die damals kreischende Teenies waren und inzwischen vielleicht längst Mütter sind und mit ihren Kindern kommen. Und im Laufe der Jahre sind immer wieder welche dazugekommen. Es ist ja so, dass ich zu Beginn meiner Karriere öfter auf dem Cover der Bravo war und als Star bejubelt wurde. Aber das hat eine begrenzte Haltbarkeit, Teeniestar ist man in der Regel nicht lange. Es brach dann alles zusammen, irgendwann waren es keine großen Hallen mehr, in denen ich gespielt habe. Das musste ich mir wieder erkämpfen, mit kleinen Konzerten, in kleinen Städten. Ich habe hart dafür gearbeitet, dass es irgendwann dann wieder Arenen geworden sind. Umso liebevoller sind die Leute zurückgekommen. Das Faszinierende für die Fans ist, dass es bei mir nicht einen oder zwei Hits gibt, sondern einen Pool von 600 Songs, Lieder aus verschiedenen Phasen meines Lebens. Da kommt locker ein Programm von zwei, zweieinhalb Stunden zusammen. Und als großer Schluss natürlich immer „Verdammt ich lieb‘ dich“. Das ist ein großes Event, da muss ich eigentlich gar nicht mehr selber singen, da haben die Fans die Hauptstimme. Mache ich aber natürlich trotzdem (lacht). Ich liebe es, auch die alten Songs zu singen, das sind schöne Geschichten, die zeitlos sind. Das merkt man auch, wenn ganze Familien kommen und die Kids kennen jedes Lied.

prisma: Gab es mal einen Moment, in dem du mit der Musik aufhören wolltest?

Matthias Reim: Nein, ich habe immer Freude daran gehabt. Daher war es auch eine klare Entscheidung, trotzdem weiterzumachen in der Phase, als nichts mehr ging. Hätte Matthias Reim nicht mehr als Sänger funktioniert, hätte ich eben als Songwriter und Produzent gearbeitet. Das bin ich ja auch, ich habe schon mit vielen Künstlern zusammengearbeitet. Ich hatte also immer einen Plan B. Aber ich bin natürlich ein bisschen stolz, wieder da zu sein, wo ich jetzt stehe. Das war viel Arbeit, aber mit Liebe zu dem, was ich mache, der Musik, hat es funktioniert. Und ich habe zum Glück jetzt ein tolles Team gefunden, das mich unterstützt. Gemeinsam haben wir den Sound der Arena-Konzerte für das Live-Album eingefangen. Zur Entstehungsgeschichte gehört auch, dass ich in der Corona-Pause gehadert habe mit früheren Live-Mitschnitten und gedacht habe: Das geht besser! Da hat mich der Ehrgeiz gepackt. Jetzt ist alles stimmig, und ich bin zufrieden.

prisma: Fällt es dir leicht, Musik zu komponieren und Texte zu schreiben?

Matthias Reim: Es gibt Zeiten, da klappt es super mit dem Komponieren, manchmal aber auch nicht. Da bin ich dann selbstkritisch und schmeiße die Sachen weg. Meine Zeit zum Komponieren ist eher im Herbst, wenn es früher dunkel wird. Jetzt, im Sommer, klappt es nicht so gut, da habe ich andere Dinge im Kopf. Da möchte ich manchmal einfach mein Leben genießen, mit den Jungs eine Runde Motorrad fahren, mal ein Bier trinken, Zeit haben. Ich freue mich immer auf die Konzerte und nehme mir zwischendurch das Recht, auch einfach mal zu leben.

prisma: Welche Musik läuft momentan bei dir zu Hause? Deine Frau, die Schlagersängerin Christin Stark, und du seid ja im vergangenen Jahr Eltern einer Tochter geworden…

Matthias Reim: Da laufen immer mal Kinderlieder, klar (lacht). Und es ist viel leiser geworden. Wenn ich zum Beispiel abends im Gym bin, habe ich früher die Musik immer voll aufgedreht, jeder im Umkreis konnte hören, dass ich beim Sport bin. Aber man hat jetzt natürlich Verantwortung, die Maus soll in Ruhe schlafen können. Es ist gerade eine tolle Phase mit ihr, sie läuft und spricht jetzt. Und es ist so schön zu sehen, wie sich Kinder so unverfälscht freuen. Ich muss immer zu ihr hingehen, wenn ich sie irgendwas machen höre, und wenn sie dann „Papa!“ ruft und mir in die Arme läuft, geht mir das Herz auf.

prisma: Insgesamt hast du sieben Kinder. Funktioniert Patchwork bei dir?

Matthias Reim: Patchwork ist, wie der Name schon sagt, nie perfekt, es sind eben Patches. Ich bin jetzt zum vierten Mal verheiratet, das Leben hat so gespielt. Aber insgesamt verstehen sich alle, darüber bin ich sehr glücklich und zufrieden. Das hat auch viel mit meiner Frau zu tun, die hat so eine Nase für Familie und bringt alle zusammen.

prisma: Zwei deiner älteren Kinder, Sohn Julian und Tochter Marie, sind in deine Fußstapfen getreten und stehen ebenfalls auf der Bühne. Eine gute Berufswahl, oder hättest du dir andere Karrieren für deine Kinder gewünscht?

Matthias Reim: Einerseits hätte ich mir natürlich einen sichereren Weg gewünscht, das ist wohl der Traum eines jeden Vaters. Die Unsicherheit in der Musikbranche ist groß, wer wüsste das besser als ich. Aber beide Kinder haben Talent und Willen, die gehen ihren Weg. Ich habe mich damals auch nicht abhalten lassen, meinen Weg zu gehen. Und mein Vater war streng. Ich habe dagegen keine große Autorität, ich berate meine Kinder eher, und sie entscheiden selbst. Am Ende ist ein glückliches Leben mit Unsicherheit besser als ein sicheres, aber unglückliches Leben.

prisma: Wird Familie Reim die neue Kelly-Family?

Matthias Reim: Ein bisschen sind wir das ja schon (lacht). Mir ist es aber wichtig, dass jeder seine eigenen Sachen macht. Momentan gucken die beiden noch zu Papa auf und wollen da auch hinkommen. Das ist Futter für ihren Traum und Ansporn, sich mit Fleiß und Ausdauer reinzuhängen. Aber natürlich macht es auch Spaß, gemeinsam zu musizieren. Ich liebe es, mit meinem Sohn auf der Bühne zu stehen oder mit meiner Frau. Und das macht mich immer stolz auf meine Familie.

prisma: Schlager erfreut sich gerade in den letzten Jahren großer Beliebtheit, auch viele junge Menschen sind begeistert. Wie erklärst du dir den Boom?

Matthias Reim: Ich weiß auch gar nicht so genau, woran das liegt. Eine Zeit lang war Schlager ja eher verpönt. Aber wenn gefeiert wird, landen die Leute irgendwann bei den Schlagern. Da werden die Evergreens gefeiert, jeder versteht die Texte und kann mitsingen. Das sind für viele einfach Lieder, die zum Glücklichsein dazugehören.

prisma: Welche weiteren Projekte hast du in Planung?

Matthias Reim: Vor allem bin ich ja jetzt auf großer Tour, der erste Höhepunkt wird am 16. September in der Wuhlheide in Berlin sein. Open Air vor 15.000 Fans. Ich habe im Frühjahr mit meinem nächsten Studio-Album angefangen, daran werde ich im Herbst und Winter weiterarbeiten. Dann wird es noch ein Feature mit meinem Sohn geben, darauf freue ich mich, und vielleicht bin ich auch noch bei der einen oder anderen Show im Fernsehen dabei. Das muss ich aber noch planen.

Album: Matthias Reim, Die Höhepunkte der Arena-Konzerte – LIVE

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