ARTE-Doku

"Das Erbe des Arabischen Frühlings": Wie ging es weiter?

von Andreas Schoettl

In vielen Teilen der arabischen Welt erhoben sich die Menschen gegen ihre Herrscher. Doch was ist aus ihren Hoffnungen auf Gerechtigkeit, Würde und Wohlstand geworden?

ARTE
Das Erbe des Arabischen Frühlings
Dokumentation • 11.05.2021 • 20:15 Uhr

Es begann in Sidi Bouzid. Vor dem Rathaus der 50.000-Einwohner-Stadt im Zentrum Tunesiens übergoss sich Mohamed Bouazizi mit Benzin und zündete sich selbst an. Mit der Selbstverbrennung am 17. Dezember 2010 protestierte der Gemüsehändler gegen ständige Gängelungen der tunesischen Bürokratie. Mehrfach war ihm sein Stand durch die Behörden geschlossen worden, seine Ware und die Waage wurden zudem beschlagnahmt. Bouazizis Tod am 4. Januar 2011 nach 18 Tagen im Koma führte zu Demonstrationen. Es kam zu Ausschreitungen. Und das nicht nur in der Stadt Sidi Bouzid. Sie schwappten durch ganz Tunesien. Und weiter über die Grenzen des nordafrikanischen Landes hinaus. Die Ereignisse um Bouazizi und folgende Gewaltausbrüche mündeten in die Tunesische Revolution. Sie breitete sich schließlich mit dem Arabischen Frühling auch auf andere Länder der arabischen Welt aus.

Doch was ist aus diesem Arabischen Frühling geworden, der mit den Träumen vor allem junger Menschen auf Gerechtigkeit, Würde und Wohlstand doch so hoffnungsvoll begann. Zehn Jahre nach den dramatischen Ereignissen um Bouazizi zieht die zweiteilige Dokumentation von Michael Richter eine Bilanz. Bei ARTE ist sie nun in Erstausstrahlung zu sehen.

Die Ergebnisse könnten unterschiedlicher kaum sein. Zwar gelang es wie in Tunesien, langjährige Diktatoren wie Zine el-Abidine Ben Ali zu stürzen. Auch in Ägypten verlor Husni Mubarak im Zuge anhaltender Proteste seine bis Februar 2011 anhaltende beinahe allumfassende Macht. Doch anders als in Tunesien, wo bis heute Wahlen stattfinden, etablierten sich im Land am Nil vor allem Islamisten, die die Neuformierung des Staates zunächst für sich zu nutzen wussten.

Verheerende Auswirkungen in Libyen und Syrien

Dass sich der zunächst positiv besetzte Begriff des Arabischen Frühlings in ein krasses Gegenteil kehren konnte, zeigen die verheerenden Auswirkungen in Libyen und vor allem Syrien. In beiden Ländern folgten auf Demonstrationen extrem gewalttätige Gegenmaßnahmen der Regierenden und schließlich Krieg. Bis heute haben sich unübersichtliche Machtverhältnisse kaum beruhigt. Als Erbe des Arabischen Frühlings stehen hier: Hunderttausende sind tot, Millionen Menschen auf der Flucht.

Im Anschluss an die zweiteilige Dokumentation bleibt ARTE im Rahmen eines Themenabends in der arabischen Welt. Der Film "General Soleimani – Teherans graue Eminenz" zeigt ab 22.05 Uhr, wie der Iraner Qassem Soleimani zu einem der größten Feinde der USA werden konnte. Im Januar 2020 wurde der General auf Befehl des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump bei einem Drohnenangriff getötet. Das Porträt der französischen Filmemacherin Magali Serre mit exklusiven Interviews aus amerikanischer, irakischer und iranischer Sicht ist ebenfalls in Erstausstrahlung zu sehen.

Wie und wo ehemalige IS-Kämpfer juristisch zur Verantwortung gezogen werden sollen, thematisiert ab 23 Uhr der Film "IS-Rückkehrer: Justiz im Dilemma". Dabei stehen vor allem demokratische Staaten vor einem kaum zu lösenden Widerspruch. Zum einen gilt für sie, die Sicherheit ihrer Bürger zu schützen. Zum andern müssen sie auch die Menschenrechte und insbesondere das Recht auf faire Gerichtsverfahren achten.

Das Erbe des Arabischen Frühlings – Di. 11.05. – ARTE: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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