Zweiter Fall für Kommissar Robert Anders

"Der Kommissar und der See – Narrenfreiheit": Mord zur Fastnachtszeit

03.10.2023, 09.57 Uhr
von Eric Leimann

Es prallen Welten aufeinander: Es geht um eine Transfrau im bayerischen Idyll. Walter Sittler schlüpft ein zweites Mal in die Rolle des pensionierten Schweden-Kommissars Robert Anders, der versucht Licht ins Dunkle zu bringen.

ZDF
Der Kommissar und der See – Narrenfreiheit
Kriminalfilm • 03.10.2023 • 20:15 Uhr

Nein, man wollte Ermittler Robert Anders, gespielt von Walter Sittler, beim ZDF einfach nicht gehen lassen. Als die erfolgreiche Krimireihe "Der Kommissar und das Meer" (2007 bis 2021) vor zwei Jahren endete – das Produzieren in Schweden war den Machern zu teuer geworden und der Kommissar gleichzeitig ein bisschen in die Jahre gekommen -, strickte man ihm ein neues Rentnerdasein am Bodensee. In Lindau lebt der pensionierte Kriminaler nun alleine in seinem traumhaft schönen Elternhaus. Selbstredend auf einem Grundstück am Wasser, in der ohnehin schon unverschämt pittoresken Inselstadt Lindau. Allerdings muss nun noch eine Kriminalhandlung her, in die der fitte Rentner irgendwie eingebunden wird. Nachdem dies mit dem ersten Teil "Liebeswahn" vor exakt einem Jahr bestens gelang (6,8 Millionen Zuschauer), hat man nun auch den zweiten Film "Der Kommissar und der See – Narrenfreiheit" nach ähnlichem Muster gestrickt.

Die Welt der "Schellengeister"

Robert Anders ist immer noch nicht so recht in der alten Heimat angekommen. Sein Freund Hannes Buck (Gerhard Wittmann) will ihn überreden, bei seinem Faschingsverein, den "Schellengeistern", mitzumachen. Eine archaische, rein männliche Vereinigung, die ihre Auftritte mit Peitschen und finsteren Masken inszeniert. Robert Anders lernt die "Schellengeister" von ihrer unangenehmen Seite kennen, als sich eines Abends die Transfrau Kaja Johansen (Ilonka Petruschka) an seinen Tisch in einem Lindauer Restaurant setzt. Man kommt miteinander ins Gespräch, versteht sich gut – doch Kaja wird beim Gehen von betrunkenen "Schellengeistern" übel angemacht und beleidigt. Am nächsten Morgen findet man Kajas Leiche in einem bekannten Stadtbrunnen.

Natürlich fällt der Verdacht der jungen Kriminalkommissarin Annika Wagner (Nurit Hirschfeld) schnell auf die Macho-Karnevalisten. Und auch Pensionär Anders, der vom Ermitteln nicht lassen kann, hat plötzlich ein gesteigertes Interesse daran, in die eigene Welt der "Schellengeister" hineinzuriechen und sich dem Aufnahme-Ritus zu stellen.

Mehr Profil für den Kommisssar

Thematisch durchaus mutiger als das Debüt ist der zweite Film der aufs Bodensee-Bilderidyll setzenden Reihe geraten: Es geht um den schwierigen Lebensweg eines Mannes aus Lindau, der im falschen Körper geboren wurde – und irgendwann als Frau zurückkehrt. Trans-Aktivistin Ilonka Petruschka, 50, spielt diese Rolle in den ersten Minuten und in einigen Rückblenden des 90-Minüters mit beeindruckender Tiefe und Präsenz. Auch die norwegische Schauspielerin Lise Rosom Olsen hat als Kajas Frau Linn in der zweiten Hälfte des Films einen starken Auftritt. Leider können die restlichen Figuren – sowohl die Faschingstruppe wie auch die Ermittler – in Sachen szenisches Charisma nicht ganz mithalten. Der 70-jährige Walter Sittler sieht zwar immer noch blendend aus und fügt sich prima in die ästhetische Landschaft, doch seine Figur bleibt in ihrem eigenen Krimi ebenso wie die übrigen Ermittler seltsam blass und uninspiriert.

Fast scheint es so, dass die schönen Landschaftsaufnahmen den "festen Teil" des Figurenensembles ein bisschen dominieren. Oder bietet das Drehbuch (Myriam Utz, Andreas Karlström) im zweiten "Der Kommissar und der See"-Film von Regisseur Felix Karolus den Ermittlern nicht genug Profil? Trotzdem überzeugt der klassisch gestrickte ZDF-Krimi unterm Strich – mit tollen Bodensee- und Lindau-Bildern, reizvollen Locations, interessanten Nebenfiguren und einem Plot, der den schwierigen Weg einer Transition aus Perspektive der Betroffenen und ihres verstörten Kleinstadt-Umfelds betrachtet.

Bleibt zu hoffen, dass Walter Sittler und Co. in den wohl folgenden Bodensee-Ermittlungen noch ein wenig an Profil gewinnen und somit mehr Anziehungskraft über die gut erhaltene Oberfläche hinaus entwickeln.

Der Kommissar und der See – Narrenfreiheit – Di. 03.10. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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