ARTE-Film

"Die Bücher, die Hitler nicht verbrannte": Einblicke in den Bücherschrank des Diktators

25.04.2023, 08.16 Uhr
von Wilfried Geldner

Adolf Hitler besaß rund 16.000 Bücher, die auf seine verschiedenen Wohnsitze aufgeteilt waren. Der ARTE-Film "Die Bücher, die Hitler nicht verbrannte" wirft einen Blick auf die Literatur, die das Weltbild des Diktators mit prägten. 

ARTE
Die Bücher, die Hitler nicht verbrannte
Dokumentation • 25.04.2023 • 20:15 Uhr

Hitler besaß am Ende seines Lebens 16.000 Bücher, auf die Wohnsitze in Berlin, München und Berchtesgaden verteilt. Rund 1.300 Bände lagern heute in den USA. Der ARTE-Film "Die Bücher, die Hitler nicht verbrannte" von Jascha Hannover und Claus Bredenbrock (ZDF / ARTE-Erstausstrahlung) fragt, inwieweit diese Bücher Quellen der Nazi-Ideologie waren. Wirken sie sich auf rechtsextremes Gedankengut bis heute aus? – Mit der umfassenden Doku über bis heute grassierenden Rassismus startet ARTE einen Themenabend über Hitlers Terror und den dagegen mutig geleisteten Widerstand. "Edelweißpiraten – Teenager gegen Hitler" (WDR, 2022, um 21.45 Uhr) erinnert an den Widerstand Jugendlicher in Köln-Ehrenfeld 1944, die vierteilige Dokuserie "Widerstand – Die Résistance" (ARTE F, 2020, 22.40 Uhr) würdigt die vielfältige Geschichte der französischen Résistance.

Bücher, die den Diktator begleiteten

Für "Die Bücher, die Hitler nicht verbrannte" begibt sich der amerikanische Historiker Timothy Ryback, ein Experte für Hitlers Privatbibliotheken, in die Congress Library von Washington D.C. und die Unibibliothek von Providence (USA), um Büchern aus dem Besitz Adolf Hitlers nachzuspüren. Die Entdeckungen stammen aus Hitlers Nachlass in seinen Wohnsitzen in München, Berlin und Obersalzberg. Vieles wurde von Besatzern bei Kriegsende als Souvenir mitgenommen, doch vieles blieb auch erhalten. Ryback spürt den informativen Bänden weiter weltweit nach. Klassiker wie "Peer Gynt" sind darunter, vor allem aber antisemitische Hetzschriften, frühe "Rassenstudien" sowie nicht zuletzt Spirituelles, bis hin zu den "Prophezeiungen des Nostradamus", die Hitler bis zu seinem Suizid im Bunker der Reichskanzlei begleiteten.

Die meisten Werke waren lange vor der Machtübernahme bereits Bestseller. Sie zeugen davon, dass Antisemitismus und Rassismus keine Randphänomene in der westlichen Geistes- und Kulturgeschichte waren. Insbesondere die Wurzeln des Antisemitismus und der großen "Weltverschwörung" reichen bekanntlich bis ins Mittelalter zurück.

Hitler, der Bücher-Freund

Hitler ließ seine Buchbestände versichern, er führte sie bei der Steuererklärung an, bevor er Kanzler wurde. Viele waren Geschenke, bei denen sich die Schenkenden in ihren Widmungen übertrafen. Als Hitler 1933 Kanzler wurde, kam es zu einer Flut. "Gewidmet dem Siegfried deutscher Hoffnung und Größe" ist da zu lesen, oder, sportlich, "Dem Weltmeister im großen Völkerschach".

Dass heutige rechtsextreme Verschwörungstheorien, etwa die vom "großen Austausch" der Völker und Rassen durch Migration, den Gedanken aus Hitlers Bibliothek ähnlich sind, kann niemand erstaunen. Häufig dienten sie rechtsextremen Terroristen und Attentätern nicht nur hierzulande als Legitimation.

Die Einflüsse des Bösen

Der Film, das Ergebnis einer Forschungsarbeit, begnügt sich allerdings nicht wirklich mit der Untersuchung von Hitlers Bibliothek – übrigens in fantastischen neobarocken Prachträumen in Washington oder in der Hofburg in Wien. Mittels Filmarchiv bezieht er Hitlers Werdegang vom Weltkriegsgefreiten bis zum Kriegsherrn ein. In der Landsberger Haftanstalt ("Meine Hochschule auf Staatskosten") las er gerne Bücher über Cäsar und Friedrich den Großen. Und er schrieb selbst: 800 Seiten "Mein Kampf", ohne allerdings Vorbilder zu erkennen zu geben – Fußnoten gibt es jedenfalls keine. Lange belächelt, aber auch von Intellektuellen und Industriellen in München vehement gefördert, wollte sich Hitler mit dem Werk offensichtlich nicht zuletzt die Anerkennung der eigenen Geistesgröße sichern.

"Meinem lieben Freund Adolf Hitler zugeeignet", schrieb ihm sein Mentor, der reaktionäre Theaterautor Dietrich Eckart, früh in den "Peer Gynt". Die Fabelgestalt bricht auf, um "König der Welt" zu werden. Eckart prophezeite Hitler das Gleiche und führte ihn als "die Zukunft Deutschlands" in die besseren Kreise ein – mit der Empfehlung: "Eines Tages wird die ganze Welt über ihn sprechen." So kam es dann auch.

Ob sich indessen ohne Weiteres eine direkte Linie von rassistischen Autoren wie dem Wagner-Schwiegersohn Stewart Chemberlain oder dem New Yorker Madison Grant ("Der Untergang der großen Rasse", 1925) bis hin zu den jüngsten Attentätern von Halle oder Hameln ziehen lässt, sei dahingestellt. Die Einflüsse früherer rassistischer Literatur auf Hitler werden aber durch die erstmals 2008 publizierten Funde des amerikanischen Bücherwurms Timothy Ryback bestätigt. Andere "Experten" sollten sich den ruhigen Mann zum Vorbild nehmen.

Die Bücher, die Hitler nicht verbrannte – Di. 25.04. – ARTE: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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