Doku bei ARTE

"Moskau 1941 – Stimmen am Abgrund": In einer Stadt geht die Angst um

von Wilfried Geldner

1941 zittern die Bewohner Moskaus vor einem Einmarsch der Deutschen. Eine ARTE-Doku bringt dem Zuschuaer die Ängste durch Tagebucheinträge und Archivaufnahmen näher.

ARTE
Moskau 1941 – Stimmen am Abgrund
Dokumentation • 24.08.2021 • 20:15 Uhr

"Ich habe heute auf einer Studentenparty gefeiert. Wir hatten viel Spaß, alle waren zuversichtlich, dass 1941 ein gutes Jahr wird." – Das ist der erste Tagebucheintrag einer Moskauer Studentin vom 01. Januar 1941. Chronologisch und kommentarlos berichtet die Dokumentation von ARTE und RBB von der Kriegsangst der Moskauer Bevölkerung und von den folgenden zunächst chaotischen Kriegsvorbereitungen.

Wiederentdeckte Tagebücher von Schülern, Studenten, aber auch dem deutschen Botschafter in Moskau, sowie von Schriftstellern und Intellektuellen, zeichnen ein ergreifend deutliches Bild der Lage aus russischer Sicht. Anfang Januar wird ein letztes Abkommen zum Hitler-Stalin-Pakt geschlossen, was in der russichen Hauptstadt Hoffnung weckt. Moskauer auf Wohnungssuche werden von der Regierung der Stadt nicht empfangen. Die Deutschen bombardieren derweil London und fallen in westlichen Ländern ein, während der deutsche Botschafter von der Schulenburg in Moskau vergeblich zu warnen versucht.

Dynamo spielt gegen Spartak, die Studentin vom Anfang nimmt an ihrem 20. Geburtstag mit ihrer ersten Dauerwelle "Abschied von der Jugend". Noch vor dem deutschen Überfall am 22. Juni auf Russland trifft eine US-Reporterin vom Life-Magazin mit ihrem Mann in Moskau ein, "um die Flut des Krieges in Wort und Bild festzuhalten". Ein Kriegsfreiwilliger versucht vergeblich, sich für die Einberufung zu melden. Als er es endlich schafft, haben nur 30 von 150 Leuten veraltete Gewehre.

Die Stadt gleicht "einem Ameisenhaufen", auf den Straßen bricht "Chaos" aus, heißt es in den Tagebuchberichten. Doch die Deutschen zögern fatal, als Stalin im Oktober die Evakuierung befiehlt, so als sage er: "Zeit zum Mittagessen", wie einer der Zeitzeugen schreibt.

Dem 1962 in Wladiwostok geborenen Filmwissenschaftler und Grimme-Preisträger Artem Demenok ist mit "Stimmen am Abgrund" eine erstaunlich unpathetische Nahaufnahme vom Leben in Moskau vor dem deutschen Überfall und vom wachsenden Widerstand nach Ausbruch des Kriegs gelungen. Spielfilmausschnitte der Zeit, unter anderem drastische Szenen aus Sergej Eisensteins Widerstandsepos "Alexander Newski", verdeutlichen die allmähliche Eskalation der Gefahr im Kriegsjahr 1941.

Moskau 1941 – Stimmen am Abgrund – Di. 24.08. – ARTE: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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