ZDF-Doku

"Russlands deutsche Propaganda-Krieger": Wer im Netz anti-westliche Stimmung macht

von Jasmin Herzog

Der Krieg der Propaganda wird auch in Deutschland geführt. Eine neue ZDF-Dokumentation wirft ein Licht auf Internet-Troll-Kämpfer, die beim Angriffskrieg auf die Ukraine anti-westliche Stimmung

"Das erste Opfer eines jeden Krieges ist die Wahrheit": Schon 1914, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, erkannte der republikanische US-Senator Hiram Johnson, dass sich die Weltöffentlichkeit auf eine neue Form von globalen Auseinandersetzungen einstellen müsse. Es ging um Propaganda, um dreiste Versuche der Umdeutung, der Meinungsmanipulation und der aufpeitschenden Stimmungsmache. Aktuell hat all das wieder Hochkonjunktur – auch mitten in Deutschland. Das Perfide an dem Zitat über die Wahrheit im Krieg ist nicht nur seine Hellsichtigkeit, sondern auch die Tatsache das es selbst umstritten ist. Johnsons Ausspruch wird unterschiedlichen Quellen zufolge gleich mehreren Politikern zugeschrieben. Um Wahrheiten wird eben gerungen – auch in den Propagandaschlachten rund um den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.

Ein erschreckendes Licht wirft nun die neue ZDF-Dokumentation "Russlands deutsche Propaganda-Krieger", die am Mittwoch, 9. November, um 22.45 Uhr, erstmalig ausgestrahlt wird, auf den Kampf um die Wahrheit.

Filmemacher Rainer Fromm hat dafür ausführlich in der Welt der Internet-Trolle, aber auch von forschen Lautsprechern, selbsternannten Influencern, recherchiert, die sich gar keine Mühe machen ihre anti-westlichen Agitationsversuche groß zu maskieren. So vertritt ein in Deutschland lebender russischer Einwanderer, der einen reichweitenstarken YouTube-Kanal betreibt, seine Ansichten offen vor den ZDF-Kameras. Im Interview betont er die oft wiederkehrende Verschwörungstheorie: Der "Westen hat Russland provoziert!"

Es ist der Versuch einer Schuldumkehr, der hier wiederholt wird – und das vor einem bedenklich großem Publikum: Der besagte Kanal erreicht über 500.000 Abonnenten – bei rund 250 Millionen Videoabrufen. "Nicht die Donezker und Lugansker Menschen" hätten mit Krieg und Töten begonnen, so der YouTuber, "sondern ukrainische Einheiten und die Nazis".

Ähnlich selbstbewusst tritt eine andere Internet-Persönlichkeit auf, eine junge Frau, die über YouTube und andere Kanäle immer wieder ihre Ansicht verbreitet, die Russen würden die Ukraine von angeblichen "Nazis" befreien. Es ist eine wiederkehrende Botschaft auf den sozialen Netzwerken, die aber zunehmend auch in Deutschland auf pro-russischen Demonstrationen in aller Öffentlichkeit verbreitet wird. In der Rolle einer Kriegsberichterstatterin tritt sie mit Stahlhelm vor die Kamera und warnt vor weiteren Waffenlieferungen aus dem Westen in die Ukraine.

RT Deutschland ist im Netz noch "auf Sendung"

Dabei finden die Propagandisten, deren Botschaften meist verdächtig nahe an offiziellen Kreml-Verlautbarungen bleiben, immer neue Wege, ihre Ansichten auch in Deutschland zu verbreiten – auch wenn etwa der Sendebetrieb des lange heftig umstrittenen TV-Kanals RT Deutschland aufgrund der EU-Sanktionen eingestellt wurde. Wie das Team von ZDFzoom recherchiert hat, verbreitet RT Deutschland seine Botschaften nun über Internetkanäle weiter.

Die Politologin Susanne Spahn behauptet in der Doku zudem, der Sender hab sein Programm "sogar intensiviert". Sie sieht hinter den Propaganda-Aktivitäten in Deutschland den Versuch, "die Unzufriedenen anzusprechen und Unmut zu schüren".

Noch schärfer urteilt ihr russischer Politologen-Kollege Sergej Medvedev. Er hält die russischen Propagandaanstrengungen für "Instrumente zur Desinformation und zur Destabilisierung", wie er sagt. "Das ist eine politische Waffe", meint der Wissenschaftler – und er bezeichnet die Entwicklung als "eine ernst zu nehmende Gefahr für die Demokratie in der Europäischen Union".

Ab 18.00 Uhr kann man den Beitrag bereits in der ZDF-Mediathek einsehen.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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