Ein einsamer Parkplatz in den Bergen von Wales. Ein Ehepaar streitet im Auto. Er will nach London ziehen, sie will bleiben. Als er sich vom Auto enfernt, wird sie von einem Gangster überfallen und entführt.
Auf einem einsamen Parkplatz in Wales wird eine Frau überfallen und verschleppt. Der Täter bringt sie in eine finstere Höhle, wo er eine Kiste vorbereitet hat. Offensichtlich hat er eine Entführung von langer Hand geplant. Ryan Lee (Ludwig Trepte), so heißt der Mann, wie sich später herausstellen wird, benötigt dringend Geld, das er zurückzahlen muss. Er hat sich das Geld offensichtlich für Drogen von anderen Gangstern geborgt. Die Entführte, eine Ärztin, wird im neuen Thriller "Charlotte Link – Im Tal des Fuchses" von Katharina Schüttler gespielt. Was für ein Besetzungs-Luxus, denn in der Rolle der Entführten erlebt man sie nur wenige Minuten. Umso heftiger klingen die wiederholten Hammerschläge beim Zunageln des Verlieses in der dunklen Höhle nach, verstärkt noch durch die gefährlichen Blicke eines Zähne fletschenden Fuchses – jenem Tier also, von dem das "Tal des Fuchses" den Namen hat.
Der fünfte Film der ARD-Reihe nach Romanen der Bestsellerautorin Charlotte Link ist weniger schlüssiger Krimi als ein nachvollziehbarer Psychothriller. Das Folgende wird immer wieder aus der Perspektive des Täters erlebt. Die Tat wird ihn drei Jahre verfolgen, denn Ryan wird kurz nach der Entführung eingesperrt, wegen Gewalttätigkeit. Es gebe keine Gnade für den Vorbestraften, gibt ihm der kurz angebundene Anwalt zu verstehen. Ryan hat somit keine Chance, die Entführte zu befreien und an das erhoffte Lösegeld zu gelangen. Aber auch der Ehemann der Entführten, Matthew Willard (Benjamin Sadler), wird in all der Zeit gequält von der Ungewissheit über das Verbleiben Vanessas, seiner Frau.
Vom Plot her fällt hinter dieses dramatische Fernduell alles Weitere als Dreingabe zurück. Umso erstaunlicher, dass der Film dennoch seine Spannung halten kann. Dieser Umstand geht zu allerserst auf die vorzügliche Besetzung zurück, die deutsche und britische Darsteller mischt. Auch die Parallelhandlung um eine mit den Willards befreundete, vom Abstieg bedrohte Familie ist mit Chistina Hecke und Arnd Klawitter sorgfältig besetzt. Vor allem aber halten Teresa Harder und Lisa Bitter (bekannt als "Tatort"-Kollegin von Lena Odenthal) den Laden am Laufen. Der Zweikampf zwischen der erfahrenen Kommissarin und der neugierigen Journalistin, die stets auf dem Rennrad durch die Gegend kurvt, ist sehenswert. Und Lisa Bitter ist, nebenbei bemerkt, die attraktivste Radfahrerin seit Sally Hawkins In "Happy-Go-Lucky".
So spürt man kaum, wie gewagt die Link-Adaption (Drehbuch: Stefan Wild, Regie: Till Franzen) ihre unterschiedlichen Motive gegeneinander setzt. Ach ja, die Seitensprünge aus der Vergangenheit, die leichtfertig aufs Spiel gesetzten Ehen. Ryan immerhin, die arme Sau, kann sich am Ende auf seine Liebste verlassen, die angesichts des Blaulichts noch (und wieder) zu ihm hält. Ludwig Trepte und Deleila Piasko (Wiener Burgtheater) spielen da als Zugabe noch ein bisschen Bonnie und Clyde.
Charlotte Link – Im Tal des Fuchses – Do. 02.01. – ARD: 20.15 Uhr