Nach 23 Folgen "Mordkommission Istanbul" soll mit der ARD-Krimireihe trotz guter Quoten Schluss sein. Zum Abschied ermittelt Kommissar Mehmet Özakin in Athen. Darsteller Erol Sander deutet indes an, dass es mit seiner Erfolgsfigur vielleicht doch weitergehen könnte.
Nun gut, für den künstlerisch bedeutsamen Grimmepreis hat sich "Mordkommission Istanbul" – anders als die ein oder andere "Tatort"-Folge – nie beworben. Der deutsche Krimi aus der wunderschönen Stadt am Bosporus war stets ein Unterhaltungsprodukt. Film-Beau Erol Sander, mittlerweile 52 Jahre alt, musste vor türkischen Edelkulissen vor allem gut aussehen. Action und Spannung hatten zu stimmen – und am Ende siegte Kommissar Mehmet Özakin. Knapp 13 Jahre lief das so. Für Sander und die ARD war die "Mordkommission Istanbul" aufgrund exzellenter Quoten ein Erfolgsprojekt.
Um doch kam die beliebte Krimireihe den ARD-Verantwortlichen wohl schon länger ein bisschen vor wie das berühmte störende Kieselsteinchen im Schuh. Weil die politische Lage in der Türkei über die Jahre eskalierte – mit dem gescheiterten Putsch gegen Präsident Erdoğan als Höhepunkt -, zog man das gebührenfinanzierte Projekt mehr und mehr aus der Türkei ab. Sogar während des Putsches im Juli 2016 drehte man gerade eine Folge in Izmir, damals war man bereits aus Istanbul geflohen. Aus versicherungstechnischen Gründen, hieß es. Nach diesen Ereignissen wurde es schleppend für Kommissar Özakin. Die Reihe legte längere Pausen ein. Schließlich drehte man die fernöstliche Doppelfolge "Einsatz in Thailand" und nun einen letzten Film in Athen und Umgebung.
Vielleicht war es logistisch einfach zu aufwendig, den Kommissar weiter "heimatlos" herumreisen zu lassen. Deshalb kommt es nun zur "Entscheidung in Athen": Kommissar Mehmet Özakin (Sander) bricht zu einem inoffiziellen Auslandseinsatz auf. Mehmets Ex-Frau Sevim Özakin (Idil Üner) sucht ihren verschwundenen Lebensgefährten und dessen entführte Tochter. Um ihre neue Familie wiederzufinden, bittet sie ihre ehemalige große Liebe um Hilfe.
Nach fünf Jahren Pause gibt es so ein Wiedersehen mit der charismatischen Idil Üner, die ab 2008 zur festen Besetzung der Reihe gehörte. Auf seiner privaten Mission kommt Mehmet Özakin kriminellen Verbindungen von Politik und Baubranche auf die Schliche. Im Zentrum steht ein Umweltproblem als Folge des Baubooms: Selbst der Sand am Meer ist keine endlose Ressource und dessen illegaler Abbau an Stränden ein lukratives Geschäft.
Wie nicht anders zu erwarten, ist "Entscheidung in Athen" kein Krimi, der mit allzu subtilen Mitteln arbeitet. Das Spannungsgerüst eher vorhersehbar, ein Hauch wehmütige Romantik, dazu schöne Kulissen, viel Sonne und ordentlich gebaute Menschen: Der letzte Film der "Mordkommission Istanbul" ist ein Krimiprodukt von der Stange, das Machern und Ensemble einen ordentlichen Abschied bereitet. Indes hofft Hauptdarsteller Erol Sander, dass es mit seiner Figur doch noch irgendwie weitergeht. Vielleicht hat der 52-jährige Schauspieler ja noch ein Ass im Ärmel – so wie sein Kommissar Özakin bisweilen noch eine Zweitwaffe aus geheimen Versenkungen seiner Designer-Anzüge herausfischt. Zuzutrauen wäre Sander dieser Coup. Wer weiß, vielleicht sieht man sich demnächst bei einem anderen Sender wieder.
Mordkommission Istanbul: Entscheidung in Athen – Sa. 29.05. – ARD: 20.15 Uhr