Nächstes Level: Menschenhass
13.09.2025 • 19:20 - 20:00 Uhr
Info, Gesellschaft + Soziales
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Mit nur wenigen Klicks lassen sich Nazisymbole von jedem User in Spiele einbauen. Das sogenannte Modding ist ein beliebtes Instrument der rechten Szene.
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Der Streamer Staiy bei einem Live-Gaming-Konzert in der Hamburger Elbphilharmonie. Ist das Gaming in der Hochkultur angekommen?
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Mareike Stürenburg zeigt dem Filmteam Beispiele von Modding in beliebten Computerspielen wie "Gerry's Mod".
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Das LKA Sachsen bei Ermittlungen. Rechtsextreme Zahlencodes werden in Chats und Profilnamen immer häufiger.
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Originaltitel
Nächstes Level: Menschenhass - Rechtsextremismus auf Gaming-Plattformen
Produktionsland
D, A
Produktionsdatum
2025
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Nächstes Level: Menschenhass

Hitler-Memes und Hakenkreuze in Chats: Während Games selbst meist streng reguliert sind, breitet sich in begleitenden Foren und Communities rechtsextremes Gedankengut ungestört aus. Plattformen wie Steam, Twitch und Discord werden gezielt genutzt, um Jugendliche über Bildwitzchen, Provokationen und Anti-Woke-Rhetorik zu ködern. Was für manche wie pubertärer Humor aussieht, dient anderen als Einstiegsdroge in ein radikales Weltbild. Spätestens seit dem Attentat von Halle, das live auf einer Gaming-Plattform gestreamt wurde, ist klar: Die digitale Spielewelt ist keine unpolitische Parallelwelt. Der Verfassungsschutz beobachtet die Szene, antifaschistische Initiativen schlagen Alarm. Doch was lässt sich gegen den Hass im Netz tun? Die Dokumentation "Nächstes Level: Menschenhass" begleitet Gamer, Forscher und Aktivisten, die sich gegen rechten Einfluss im digitalen Raum wehren. Darunter der bekannte Streamer Staiy, der Politik und Gaming kombiniert - und dafür täglich Morddrohungen erhält. "Als ich auf der Gamescom war, hatte ich Personenschutz", sagt er. Auf der diesjährigen Gamescom, der weltweit größten Spielemesse, trifft das Filmteam Gamerinnen und Gamer, von denen viele bereits Erfahrungen mit Hass gemacht haben, sei es in Voice-Chats, Foren oder Livestreams. Games sind längst gesellschaftlicher Mainstream. Das Publikum ist divers, viele Entwickler setzen auf Repräsentation: weibliche Soldaten, queere Romanzen, schwarze Hauptfiguren. Doch genau das provoziert massiven Widerstand. Für rechte Kulturkämpfer ist Gaming zum Schlachtfeld geworden - gegen alles, was sie für "woke" halten. Auch Tech-Milliardär Elon Musk stimmt regelmäßig mit ein: "Stop killing art with woke propaganda", schreibt er auf X. Viele große Studios kennen das Problem: Wer Diversität abbildet, wird Ziel von Shitstorms. Der Vorwurf: Politik habe in Games nichts verloren. Dabei waren Spiele nie unpolitisch, sagt Sozialwissenschaftler Matthias Heider vom Forschungsverbund RadiGaMe: "Sie bilden immer auch gesellschaftliche Machtverhältnisse ab." Autorin Veronika Kracher, Expertin für "belastende Männer im Internet", erklärt, wie unter dem Hashtag #Gamergate schon 2014 eine Online-Belästigungskampagne gegen alles angeblich "woke" begann und sich seitdem immer weiter verschärft - gegen Diversität, gegen Frauen, gegen queere Sichtbarkeit. Modding - also das Verändern von Spielen durch User - ist eigentlich ein kreatives, harmloses Werkzeug. Doch auch hier greift die rechte Szene ein. Sozialwissenschaftlerin Mareike Stürenburg beobachtet, "dass es relativ viele Modifikationen gibt, die entweder Diversität aus Spielen entfernen oder explizit rechtsextreme Symbole einfügen." Mit wenigen Klicks lassen sich etwa Nazisymbole einbauen, Frauen aus Spielen löschen oder Attentäter glorifizieren. So werden populäre Games gezielt in extremistische Räume verwandelt - unbeaufsichtigt, jenseits jeder Altersfreigabe. Radikalisierung kann überall dort stattfinden, wo soziale Interaktion passiert - im Sportverein oder in der Kleingartenanlage. Aber eben auch im Discord-Channel. Games bieten ein besonders attraktives Umfeld, denn hier befindet sich eine liebgewonnene Zielgruppe der rechten Bewegung: junge Männer in stabilen digitalen Communities auf der Suche nach Identität. Wer dazugehören will, übernimmt oft Sprache, Codes und Haltungen, ohne sie zu hinterfragen. Und genau darin liegt die Gefahr: die schleichende Normalisierung von Extremismus. Auch Behörden reagieren - etwa mit spezialisierten Polizeieinheiten gegen Internetkriminalität. Doch viele Nutzerinnen und Nutzer erleben die Flut an Hass und Symbolik als überwältigend. Vieles bewegt sich im rechtlichen Graubereich. Aber: "Die Anonymität des Internets ist ein Mythos", betont ein Ermittler des LKA Sachsen. Wer meldet, sorge für Ermittlungen. Zivilgesellschaftlich wird ebenfalls gegengesteuert. Jerome Trebing, Digital-Streetworker bei der "Antonio Amadeu Stiftung", spricht Jugendliche direkt an, wenn er in Foren auf Hass trifft - wie ein Sozialarbeiter auf der Straße, nur eben im Netz. Er bietet Gespräche und Beratung an. Denn Radikalisierung hat viele Ursachen: Einsamkeit, Frust, Identitätskrisen. Und sie lässt sich nicht allein durch Verbote stoppen. "Nächstes Level: Menschenhass" zeigt respektvoll und auf Augenhöhe die Risiken von Radikalisierung in der Gaming-Szene - einer Branche mit rund 475 Milliarden Euro Jahresumsatz, die zwischen Mainstream und Nische schwankt. Ohne zu dramatisieren oder alte Vorurteile wie in der "Killerspiel-Debatte" zu wiederholen, macht der Film deutlich: Gaming ist ein Faktor von vielen - und birgt Gefahren und Potenziale, die es zu verstehen gilt.

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