Roads
23.05.2022 • 00:05 - 01:35 Uhr
Spielfilm, Drama
Lesermeinung
Vergrößern
Vergrößern
Vergrößern
Vergrößern
Originaltitel
Roads
Produktionsland
D, F
Produktionsdatum
2019
Altersfreigabe
6+
Spielfilm, Drama

Teenager auf Roadtrip durch die Festung Europa

Von Maximilian Haase

Vor dem Hintergrund eines Geflüchteten-Schicksals zeichnet "Victoria"-Regisseur Sebastian Schipper in "Roads" ein grenzüberschreitendes Porträt getriebener Teenager. Das Erste zeigt das wundervolle Roadmovie nun als Free-TV-Premiere.

Was konnte nach "Victoria" noch kommen? Nach jenem hochgelobten Meisterwerk, das in einem Take gedreht wurde und seinen fantastischen Darstellern alles abverlangte? Mit seinem mitreißenden filmischen Trip durchs Berliner Nachtleben schien Regisseur Sebastian Schipper bereits 2015 auf dem Höhepunkt seines Schaffens angelangt. Doch auch der fünfte Film des Ex-Schauspielers, der einst mit "Absolute Giganten" sein Regiedebüt gab, konnte überzeugen. "Roads" (2019) besaß zwar nicht die Kraft des Vorgängers, Zuschauer automatisch staunen zu lassen. Doch gelang es seinem charakterstarken und vor jugendlicher Leichtigkeit strotzenden Roadmovie, abermals einen unverstellten wie moralinfreien Blick auf das Leben junger Menschen freizulegen, wie ihn zuvor "Victoria" etabliert hatte. Das Erste zeigt den Film nun als Free-TV-Premiere – wenn auch an einem wenig attraktiven Sendeplatz am Sonntag, kurz nach Mitternacht.

Die Herausforderung schien für Schipper, der zuletzt eine Folge der Netflix-Pandemie-Anthologieserie "Homemade" inszenierte, bei "Roads" sogar noch größer zu sein: Erzählt vor dem Hintergrund des Schicksals geflüchteter Menschen in Afrika, verbreitet sein Drama eine politische Botschaft, ohne eine solche jemals bewusst loszusenden. Im Mittelpunkt des beiläufig humorvollen Films steht der 18-jährige Brite Gyllen, herausragend lapidar und teenagerhaft überschwänglich gespielt von Nachwuchsstar Fionn Whitehead. Der verleiht seinem Gyllen, der mit der Familie den Urlaub in Marokko verbringt, eine herrliche Rastlosigkeit und völlige Unvernunft, die darin mündet, dass er das Wohnmobil seines Stiefvaters stiehlt. Der junge Mann, dessen Charakter das Roadtrip-Drama fast im Alleingang stemmt, macht sich auf den Weg nach Frankreich, um dort nach seinem leiblichen Vater zu suchen.

PRISMA EMPFIEHLT
Täglich das Beste aus der Unterhaltungswelt bequem in Ihr Mail-Postfach? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter "PRISMA EMPFIEHLT" und erhalten ab sofort die TV-Tipps des Tages sowie ausgewählte Streaming- und Kino-Highlights.

Zwei Teenager auf der Flucht

Nach kurzer Zeit trifft Gyllen, der wie sein Darsteller Whitehead aus London stammt, auf den gleichaltrigen William (ebenfalls fantastisch: Stéphane Bak). Der junge Kongolese ist auch auf dem Weg nach Europa, er möchte dort nach seinem geflüchteten Bruder suchen. Wo nun jeder andere Film das schwierige Schicksal geflüchteter Menschen, zumal blutjunger Teenager, in den Mittelpunkt rücken würde, belässt Schipper das europäische Gewissen im Ungewissen. Gyllen und William sind einfach zwei aufgedrehte Jungs gleichen Alters, mögen sich, zanken sich, kiffen und reden über Fußball. Flucht ist zunächst nur am Rande Thema, auch William begreift sich nicht als Flüchtling.

Ausblenden können die beiden Teenager die bittere Realität jedoch nicht, schließlich steht dem gemeinsamen Roadtrip die gnadenlose "Festung Europa" im Weg. Doch angstfreie jugendliche Cleverness zahlt sich (zumindest zunächst) aus: Mit der Hilfe eines deutschen Alt-Hippies, dem Moritz Bleibtreu einen bizarr-verpeilten und "Lammbock"-würdigen Auftritt verschafft, gelangen sie über die Grenze nach Spanien – plötzlich scheint der Weg nach Frankreich frei. Wäre da nicht die böse und restriktive Welt drumherum: Der Hippie entpuppt sich als fieser Typ, Gyllens Eltern finden den Trip überhaupt nicht witzig, Franzosen können rassistisch sein, und das Schicksal afrikanischer Flüchtlinge wie William kann das herzzerreißend naive Duo spätestens nach der Ankunft im Flüchtlingslager von Calais nicht mehr ausblenden.

Wie die Welt sein könnte, samt herkunftsunabhängiger Bewegungsfreiheit und bedingungsloser gegenseitiger Solidarität, zeigt Schipper im jugendlichen Idealismus und in der mutigen Abenteuerlustigkeit zweier hoch sympathischer Hauptfiguren. Sein Film ähnelt darin der Herrndorf-Verfilmung "Tschick". Der Glaube an das Schöne, Wahre, Gute, an die tatsächliche Gleichheit und Freiheit aller, wird in "Roads" angenehm zeigefingerlos zelebriert.

Roads – So. 22.05. – ARD: 00.05 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das beste aus dem magazin

Melissa Etheridge.
HALLO!

"Ich möchte nicht künstlich wirken": Melissa Etheridge im Hallo-Interview

Melissa Etheridge spricht über die Brände in L.A., ihre anstehende Deutschland-Tour und die Herausforderungen ihrer Karriere. Nach der Pandemie ist sie wieder live zu sehen und bringt eine neue Setlist mit Überraschungen auf die Bühne. Auch ihr Super-Fan Tim Dunker wird dabei sein.
Am 7. Juni ist "Tag der Apotheke".
Gesundheit

Tag der Apotheke am 7. Juni

Am 7. Juni steht der Tag der Apotheke im Kalender. Mit zahlreichen Aktionen wird auf die Bedeutung der Apotheken als Gesundheitsinstanz hingewiesen und politische Forderungen thematisiert.
Dr. Julia Fischer moderiert mittwochs um 20.15 Uhr die SWR-Gesundheitssendung „Doc Fischer“, ist Buchautorin („Medizin der Gefühle“) und medizinische Expertin in Talkshows wie „hart aber fair“ (ARD). Als Host des „ARD Gesund“-YouTube-Kanals erklärt sie medizinische Themen.
Gesundheit

Prädiabetes - wenn der Körper leise warnt

Prädiabetes bleibt oft unentdeckt, birgt jedoch hohe Risiken. Eine Betroffene zeigt, wie sie durch Veränderungen im Lebensstil die Erkrankung in den Griff bekam und somit Diabetes verhinderte.
Dr. Jochen H. Schmidt ist zahnärztlicher Leiter des Carree Dental in Köln. Er besitzt den "Master of Science in Oral Implantology and Surgery".
Gesundheit

Zahnimplantate auch für Risikopatienten

Trotz Osteoporose und Diabetes sind Zahnimplantate möglich. Experten erklären, welche Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden müssen, um erfolgreiche Ergebnisse zu erzielen. Risiken und Voraussetzungen im Überblick.
Candice Night spricht mit uns über ihr neues Album "Sea Glass".
HALLO!

Candice Night kehrt mit "Sea Glass" zurück

Candice Night kennt man hierzulande vor allem als Sängerin der Folk-Band Blackmore’s Night, wo sie gemeinsam mit ihrem Gatten, dem Gitarrengenie Ritchie Blackmore, zusammen musiziert. Ihr neues Solo-Album „Sea Glass“ ist stilistisch nun eine ganz eigene Schiene und lässt sich stilistisch irgendwo zwischen Singer-Songwriter und Country Poprock einordnen.
Patrick Kalupa ist Dr. Neiss alias „Dr. Nice.
Star-News

"Dr. Nice" Patrick Kalupa im Gespräch mit prisma: „Ich habe ein Helfersyndrom“

Patrick Kalupa spielt Dr. Neiss, Frauenschwarm und Star-Chirurg, den alle nur „Dr. Nice“ nennen. prisma sprach mit dem Schauspieler über „Dr. Nice“.