Ein Kleinganove wird zum Pfarrer und emotionalen Zentrum seiner Provinzgemeinde. Das ist die Grundidee der neuen RTL-Serie "Sankt Maik". Zum Auftakt gibt's eine Doppelfolge.
Der Ton in unserer Gesellschaft ist rauer geworden. Orientierung fällt in Zeiten einer globalen, sich schnell verändernden Welt zunehmend schwer. Vielleicht hat sich ein Mainstream-Sender wie RTL deshalb gerade jetzt eine Serie wie "Sankt Maik" ausgedacht, in der ein katholischer Geistlicher seine Schäfchen um sich versammelt. Der titelgebende Priester (Daniel Donskoy) ist natürlich falsch, von Theologie und Liturgie hat er keine Ahnung. Als Maik, ein Berliner Trickbetrüger, einen Zug überhastet verlassen muss, wird er am Bahnhof mit dem neuen Seelsorger verwechselt. Dessen Klamotten zog der Kleinkriminelle dem einem Herzinfarkt erlegenen echten Pfarrer vom Leibe. Über zehn Episoden wird "Sankt Maik" vor allem vom charmanten Spiel des Newcomers Daniel Donskoy getragen. Zum Auftakt läuft eine Doppelfolge. Eine Woche später erweitert RTL seinen neuen Seriendienstag mit dem Anwaltsformat "Beck is back!" (21.15 Uhr), das im Anschluss an den falschen Pfarrer läuft.
Nun ja, dass der neue Geistliche, der zuvor zehn Jahre in Afrika Dienst geschoben haben soll, verdammt jung aussieht – es irritiert Maiks neues Umfeld wie Pfarr-Haushälterin Maria (Susi Banzhaf, "Die Pfefferkörner") nur ein bisschen. In einer eher krude gedachten Komödienserie wie "Sankt Maik" (Buch: Vivien Hoppe, "Der Lehrer") muss man die Dinge ja auch nicht so genau nehmen.
Erstaunlich ist aber, wie herzlich der neue Priester in der Provinz empfangen wird. Die attraktive Polizei-Ermittlerin Eva (Bettina Burchard, "Kripo Holstein"), die nebenbei den Kirchenchor leidet, verfällt ebenso dem Charme des unkonventionellen Geistlichen wie andere im Leben suchende und Notleidende, die auf einen wie Sankt Maik wie auf den Messias gewartet haben. Doch Vorsicht: Maik bleibt vorerst beim "gelernten Beruf" Trickbetrüger. Was auch damit zu tun hat, dass den Helden eine Schuldenlast mit sehr unangenehmen Gläubigern aus der Halbwelt drückt. Maiks blasphemischer Plan lautet, die 80.000 Euro teure Monstranz seiner eigenen Kirche zu stehlen und zu verscherbeln. Doch zieht das neue emotionale Zentrum seiner Gemeinde die Sache tatsächlich durch?
Man kann nicht sagen, "Sankt Maik" würde die Komödiensparte im deutschen Fernsehen um etwas wirklich Aufsehenerregendes erweitern. Doch die von Daniel Donskoy verkörperte Titelfigur hat etwas. Der gerade einmal 27-Jährige, ein russischer Jude, der in Berlin aufwuchs, seinen Schulabschluss in Israel zimmerte und sich als Schauspieler in London hocharbeitete, ist ein neues TV-Gesicht. Rasant macht Donskoy, der akzentfrei Deutsch, Russisch, Hebräisch und Englisch spricht, momentan international Karriere. In einem Dresdner "Tatort" wird er demnächst eine Episoden-Hauptrolle spielen, in England brillierte er bereits in Serien wie dem Historienepos "Victoria" an der Seite von Jenna Coleman und Rufus Sewell. Und noch eine Innovation schickt RTL mit "Sankt Maik" ins Rennen: Zum ersten Mal im deutschen Free TV wird eine Serie in Ultra-HD-Bildqualität zu sehen sein. Nach dem Motto: scharf, schärfer, falscher Pfarrer.