Schwarze Adler
18.06.2021 • 23:30 - 01:10 Uhr
Sport, Fußball
Lesermeinung
Vergrößern
Originaltitel
Schwarze Adler
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2021
Sport, Fußball

Rassismus in Fußball-Deutschland: "Es macht so müde"

Von Eric Leimann

Deutsche Fußball-Nationalspieler, schwarze Hautfarbe: Heute scheint es normal zu sein, dass unsere Auswahl-Mannschaften "bunt" geworden sind. Doch das war keineswegs immer so. Im starken Dokumentarfilm "Schwarze Adler" erzählen Profis und Nationalspieler aus sechs Jahrzehnten ihre Geschichte.

Das passt! Nach einem hochemotionalen EM-Vergleich zwischen den Fußball-Nationalmannschaften Englands und Schottlands in London (21 Uhr, ZDF) folgt ein nicht weniger emotionaler Fußball-Dokumentarfilm, in dem die Sicht der Deutschen auf schwarze Fußballstars im eigenen Land im Mittelpunkt steht. "Schwarze Adler" von Torsten Körner feierte seine Premiere am 15. April 2021 bei Amazon und ist nun beim ZDF als Free-TV-Premiere zu sehen.

Körner versammelt in seinem Dokumentarfilm eine beachtliche Riege Fußballstars aus Deutschland mit nicht-weißer Hautfarbe. Da sind zum einen Pioniere wie Erwin Kostedde, 1974 erster schwarzer Fußball-Nationalspieler Deutschlands, oder Jimmy Hartwig, der ihm 1979 folgte. Beider Karrieren im DFB-Team waren – gemessen an ihrer fußballerischen Klasse – verstörend kurz. Kostedde und Hartwig könnten unterschiedlicher nicht sein – beide gehören zu den schillerndsten Gesprächspartnern dieses Films, in dem nur schwarze Menschen unkommentiert über ihre Lebenserfahrungen in Deutschland sprechen. Kostedde, ein Mann, der viel mitgemacht hat und dem man das ansieht: ein zurückhaltender, konzentrierter, melancholischer Mittsiebziger.

PRISMA EMPFIEHLT
Täglich das Beste aus der Unterhaltungswelt bequem in Ihr Mail-Postfach? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter "PRISMA EMPFIEHLT" und erhalten ab sofort die TV-Tipps des Tages sowie ausgewählte Streaming- und Kino-Highlights.

Dann Hartwig, acht Jahre jünger – ein Mann, der ebenfalls viel mitgemacht hat und doch ganz anders ist: energetisch, lustig, ein gewiefter Moderator des eigenen Lebens. Wenn der ehemalige Klasse-Mann im Mittelfeld des Hamburger SV unter Trainer Ernst Happel davon erzählt, wie er den "weltgrößten Idioten-Chor" dirigierte, als er Zuschauer, die ihn im Stadion rassistisch beleidigten, den Takt vorgab, dann kann man sich so etwas bei Erwin Kostedde so gar nicht vorstellen.

Väer und Söhne, Grübler und Dirigenten

"Schwarze Adler" tankt sich über 100 hochinteressante Filmminuten kapitelweise durch Jahrzehnte und Generationen von schwarzen Spielern in den höchsten deutschen Spielklassen und Nationalmannschaften: Anthony Baffoe sorgte als Spross einer gebildeten Diplomatenfamilie in den 80-ern und 90-ern für eine neue Wahrnehmung schwarzer Spieler in der Bundesliga. Nationalspieler wurde er allerdings nie, weil er sich für Ghana, das Herkunftsland seiner Eltern entschied. Ganz anders Gerald Asamoah, in Ghana geboren, aber der erste nicht in Deutschland geborene Nationalspieler mit schwarzer Hautfarbe. Der Erfolg des "Sommermärchens" 2006 – die gelungene Fußball-WM in Deutschland – ist eng mit seinem Namen verbunden.

Spannend wird es auch, wenn Väter und Söhne ihre Erfahrungen als schwarze Spieler in Deutschland miteinander vergleichen: Jordan Torunarigha (Hertha BSC), dessen nigerianischer Vater Ojokojo in der Zweiten Liga in Sachsen spielte, als das während der frühen 90-er noch ziemlich "exotisch" war. Auch Souleymane Sané, Vater von Leroy – Bundesliga-Torjäger in den 80-ern und frühen 90-ern, berichtet von Rassismus, ebenso wie Jean-Manuel Mbom, 2000 in Göttingen geboren, und aktuell bei Werder Bremen unter Vertrag. Auch dessen Vater spielte während der 90-er Fußball in Deutschland, wohin er als Student aus Kamerun gekommen war.

Otto Addo: "Die selben Probleme wie vor 20, 30 Jahren"

Natürlich erzählt der Film auch von Spielerinnen. Die ehemalige Nationalspielerin Steffi Jones, Tochter einer Frankfurter Mutter und eines schwarzen GIs, erzählt sehr bewegend und offen über ihre Jugend. Auch die Jamaikanerin Beverly Ranger, im Fernsehen während der 70-er als Torschützin des Monats ausgezeichnet – und im damaligen deutschen Fernsehen als schwarze Fußballerin gleich mit doppelter Diskriminierungs-Haltung begrüßt (man muss es selbst sehen!) oder auch die Journalistin und ehemalige Jugend-Nationalspielerin Shary Reeves kommen zu Wort. Reeves ist es auch, die für den bewegendsten Moment dieses klugen, weil so offen angelegten Films sorgt: "Ich liebe dieses Land ... und es macht so müde", sagt sie unter plötzlichen Tränen, als die 1969 geborene Kölnerin ihr Leben als Afro-Deutsche reflektiert.

Ex-Profi Otto Addo, heute im Trainerstab von Borussia Dortmund aktiv und sicher keiner, den man als übersensibel bezeichnen würde, legt mit dem Satz nach: "Ich habe sehr viel Kontakt zu normalen Menschen, und es sind dieselben Probleme wie vor 20, 30 Jahren. Ob es bei der Wohnungssuche oder der Jobsuche ist – es ist einfach der Alltag, dass solche Sachen passieren." Gemeint ist alltäglicher Rassismus. Wenn die deutsche Fußball-National-Mannschaft heute in allen Altersklassen, ob bei Männern, Jungs, Frauen und Mädchen erfreulich "bunt" geworden ist, dann ist das ein Erfolg. Dass Rassismus deshalb aus dem deutschen Alltag verschwunden wäre, bleibt – trotz der integrativen Kraft des Fußballs – trotzdem eine Illusion. "Schwarze Adler" erzählt auf sehr persönlichen Art und Weise über die Erfahrung des Andersseins und Ausgegrenztwerdens. Und weil der Film so eng bei seinen Protagonisten bleibt, wirkt er besonders nach.

Schwarze Adler – Fr. 18.06. – ZDF: 23.30 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Top stars

Roger Bart im Porträt: Infos zur Karriere, zum Werdegang und Privates.
Roger Bart
Lesermeinung
Auch auf der Bühne ein Großer: Samuel Finzi.
Samuel Finzi
Lesermeinung
Erol Sander wurde in Istanbul geboren und lebte zeitweise in Frankreich.
Erol Sander
Lesermeinung
Lässiger Typ: Schauspieler Karl Urban.
Karl Urban
Lesermeinung
August Zirner in "Milchgeld. Ein Kluftingerkrimi".
August Zirner
Lesermeinung
Die englische Schauspielerin Freya Allan.
Freya Allan
Lesermeinung
Götz George in seiner Erfolgsrolle als TV-Kommissar Schimanski.
Götz George
Lesermeinung
"Kung-Fu-Macher" mit Weltkarriere: Jacki Chan
Jackie Chan
Lesermeinung

Das beste aus dem magazin

Ian Hill von Judas Priest!
Star-News

Ian Hill: "Kein Wunder, dass damals so ziemlich jeder übergeschnappt ist"

Ian Hill ist der Bassist der Heavy-Metal-Band Judas Priest. Im Interview spricht der Engländer über die wilden 80er, wie ihre Musik geprägt hat und über vieles mehr.
Professor Dr. Sven Ostermeier
ist Facharzt für Orthopädie und 
Unfallchirurgie, Sportmedizin, 
Chirotherapie und spezielle 
orthopädische Chirurgie. Der 
Schulter- und Knie-Experte arbeitet als leitender Orthopäde 
der Gelenk-Klinik Gundelfingen. 
Außerdem ist er Instruktor der  Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA).
Weitere Themen aus dem Magazin

Sportlich fit bis ins hohe Alter – so geht´s

Welche Sportarten Best Ager ab 55 Jahren starten können und welche besser nicht, hat prisma Sportmediziner Dr. Sven Ostermeier im zweiten Teil der Serie „Sport im Alter“ gefragt.
Dr. Melanie Ahaus 
ist niedergelassene Kinder- und Jugendärztin in Leipzig und Sprecherin 
des Berufsverbandes der Kinder- und 
Jugendärzt*innen 
in Sachsen.
Weitere Themen aus dem Magazin

Dellwarzen – lästiges Mitbringsel aus dem Schwimmbad

Dellwarzen sind ein lästiges Mitbringsel aus dem Schwimmbad. Dr. Melanie Ahaus erklärt in der prisma Arzt-Kolumne, was am besten dagegen hilft.
Katharina Wackernagel spielt in „Mord mit Aussicht“ Marie Babler.
Weitere Themen aus dem Magazin

Katharina Wackernagel: „An die Stelle von Skepsis ist Vorfreude getreten“

Fans des fiktiven Eifel-Örtchens Hengasch können sich freuen: Ab Dienstag, 16. April, läuft die fünfte Staffel der Erfolgsserie "Mord mit Aussicht" immer dienstags um 20.15 Uhr in der ARD. prisma hat mit Hauptdarstellerin Katharina Wackernagel anlässlich dieses Starts gesprochen.
"Reisen Reisen" ist Deutschlands beliebtester Reise-Podcast.
Reise

Reise-Tipp fürs Wochenende: Utrecht

Wer auf der Suche nach Inspiration rund ums Verreisen ist, kommt an Deutschlands beliebtestem Reise-Podcast „Reisen Reisen“ nicht vorbei. Jochen Schliemann und Michael Dietz nehmen Euch mit zu Zielen, die „um die Ecke“ oder am Ende der Welt liegen. Einer ihrer Lieblinge in den Niederlanden: Utrecht!
Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser ist Oberarzt und Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Kardiologie, Buchautor und bekannt als „Doc Esser“ in TV und Hörfunk.
Gesundheit

In wenigen Tagen den Darm auf Trab bringen

Rund 20% aller Menschen in Deutschland leiden unter Verstopfung. Doc Esser verrät, was wirklich hilft.