Ein Film wie ein Gin Fizz: "Süßer September" erzählt von einer ungewöhnlichen Liebe.
Für das Gelingen einer Beziehung, sagt die Sexualwissenschaft, ist der Start besonders wichtig. Paare benötigen eine Art Gründungsmythos, auf den sie ihre Beziehung bauen können. Wer sich etwa ganz profan über eine Partnervermittlung kennenlernt, hat wenig, auf das er sich in Krisenzeiten besinnen könnte. Rebecca (Caroline Peters) und Bruno (Misel Maticevic), die beiden Protagonisten in der nun auf 3sat wiederholten Degeto-Komödie "Süßer September" (2015, Regie: Florian Froschmayer), legen hingegen einen ganz besonders vielversprechenden Start hin. Nur leider irrt auch die Wissenschaft manchmal: Bei dem Paar mit dem ungewöhnlichen Gründungsmythos will die Entwicklung der Beziehung die schöne Theorie so gar nicht bestätigen.
Alles beginnt mit einer Hochzeit: Johann (Thomas Limpinsel) tritt vor den Traualtar, aber nicht mit seiner langjährigen Freundin Rebecca an der Seite. Die muss zusehen, wie ihr die Liebe des Lebens entschwindet. Auf der Hochzeitsfeier darf sie dann nicht einmal am Brauttisch Platz nehmen, sondern wird zu einer skurrilen Ansammlung anderer Dauer-Singles abgeschoben. Wutentbrannt haut sie ab. Im Taxi wählt sie die Nummer der Auskunft. Am anderen Ende der Leitung: Bruno. Sie fragt den Callcenter-Mitarbeiter nach der Adresse einer Bar, irgendeiner. Schließlich will sie sich nur betrinken, mit ordentlich Gin Fizz. In der Bar angekommen, wartet da schon einer auf sie: Es ist Bruno.
Die beiden entpuppen sich als Seelenverwandte. Beide haben sie mit der Liebe abgeschlossen, sind zynische Dauer-Singles geworden. Keine guten Voraussetzungen für eine Beziehung. Also entschließt man sich, lediglich befreundet zu bleiben. Bruno trifft sich wieder mit seiner Ex-Frau (Regula Grauwiller) und versucht, die kaputte Beziehung zu seinem Sohn (Samuel Schneider) zu kitten. Und als Johanns Ehe scheitert, steht Rebecca als williger Ersatz bereit. Es scheint, als seien Rebecca und Bruno tatsächlich nur Freunde. Aber wohl fühlen sie sich in ihren neuen alten Beziehungen nicht. Vielleicht hat die Wissenschaft doch recht: Wer sich auf so romantische Art kennenlernt wie diese beiden, der ist einfach füreinander bestimmt.
"Süßer September" beginnt ganz und gar nicht so, wie es der furchtbar kitschige Titel befürchten lässt. Caroline Peters ("Mord mit Aussicht") und der großartige Misel Maticevic ("Im Angesicht des Verbrechens") geben ein unmögliches Gespann, das sich in fiesen Wortgefechten duelliert, als sei Liebe ein Wettbewerb um die besten Frotzeleien. Irgendwann scheint den renommierten Drehbuchautor Sathyan Ramesh hier aber der Mut verlassen zu haben. Er lenkt seine Geschichte in konventionelle Bahnen, der "süße September" wird so klebrig-süß wie ein Gin Fizz. Die Sexualwissenschaft würde wohl sagen: Egal, wie berauschend der Start auch ist – irgendwann kühlt jede Beziehung ab.