Der – ja – experimentelle, aber durchaus unterhaltsame Berliner "Tatort" erzählt einen Film im Film. Schauplatz ist die zeitgleich stattfindende Berlinale.
Kommissar Robert Karow (Mark Waschke) bekommt einen abgetrennten Finger aus einem Lagerhaus zugeschickt. Als er mit Kollegin Nina Rubin (Meret Becker) den Absender aufsucht, finden sie in der Anonymität des "Storage"-Gebäudes den Rest des Körpers. Die in einer Kiste konservierte Leiche einer minderjährigen Prostituierten wurde vor über einem Jahr von einer Filmproduktion dort eingelagert. Die Firma hat nur einen einzigen Streifen produziert, der nun auf der Berlinale Premiere feiert. Er erzählt offenbar die Geschichte des zu untersuchenden Mordes. Das experimentierfreudige Duo Sebastian Marka (Regie) und Erol Yesilkaya (Buch) erschuf einsame "Tatort"-Highlights wie die Münchener Episode "Die Wahrheit" oder Ulrich Tukurs "Es lebe der Tod". Dieses Niveau erreichen sie hier nicht ganz. Dennoch macht "Meta", ihre vertrackte Denksportaufgabe mit B-Movie Flair, ziemlich viel Spaß.
Wer sich als Produzent Marka und Yesilkaya einkauft, weiß, dass er keinen "Tatort" von der Stange erhält. In "Die Wahrheit" (2016) machten sie aus dem unmotivierten Mord an einem Familienvater auf offener Straße in München bedrückendes Angst-Fernsehen, welches an das Paranoia-Kino der 70er-Jahre erinnerte. In "Es lebe der Tod" erlebte Ulrich Tukur im gleichen Jahr eine hessische Variante des David-Fincher-Klassikers "Sieben". Und nun? In ihrer sechsten Arbeit für den deutschen Krimi-Klassiker baute das in den späten 70-ern geborene Kreativduo einen Film im Film, der Hauptdarstellerin Meret Becker an das Pellen einer Zwiebel erinnert.
Kommissar Karow – wie erfahrene Berlin-Zuschauer wissen – ein Typ der Extreme, vergräbt sich mit einer Pressekopie des Berlinale-Films im Kinosaal und studiert das Werk des unter Verdacht stehenden Regisseurs Michael Schwarz (Isaak Dentler). Dessen Drehbuchautor Peter Koteas (Simon Schwarz) kann nicht mehr belangt werden, er beging mittlerweile Selbstmord. Ist "Meta" also das Werk eines Gestörten, der seine eigene Mörder-Geschichte der Welt als Kinoerlebnis hinterlassen wollte? Je länger Karow recherchiert, sprich: je öfter er den Film gesehen hat, desto mehr glaubt er daran, dass alles, was im Film passiert, auch in Wirklichkeit geschehen wird. Oder ist es umgekehrt?
Der "Tatort: Meta" ist einerseits eine vertrackte Denksportaufgabe. Eine, wie sie beispielsweise Christopher Nolan seinem Publikum in Filmen wie "Memento" oder "Inception" zumutete. Der Zuschauer fragt sich immer öfter: Auf welcher Ebene befinde ich mich gerade? Und: Ist es möglich, dass mein Kopf noch logisch zusammenbekommt, was mir hier aufgetischt wird? Dass der Film im Film, die Bearbeitung des Mordfalles durch zwei von Fabian Busch und Ole Puppe dargestellte Cops, wie ein öder B-Movie aussieht, der so wohl niemals auf der Berlinale laufen würde, schmälert die Freude über diesen lustvoll und mutig gedachten "Tatort" ein wenig.
Auch hilft es wenig, dass mit "Taxi Driver" (1976) und seinem famosen Hauptdarsteller Robert De Niro noch eine dritte Ebene eingezogen wird, an deren Handlung sich die nachgeborenen Plots auch noch orientieren. Vielleicht war es keine gute Idee, dass Szenen aus "Taxi Driver" im Berlinale-"Tatort" zu sehen sind. Im Vergleich zu Martin Scorseses Klassiker wirken die beiden anderen Filme eher wie mitgeschnittenes Amateurtheater. Wobei man relativieren muss: Weil den Berliner Figuren Karow und Rubin schon immer eine etwas klischeehafte Härte und Verzweiflung innewohnte, tut ihnen diese düsterwitzig überdrehte Räuberpistole auch mal gut.