Tatort
01.11.2020 • 20:15 - 21:45 Uhr
Serie, Krimireihe
Lesermeinung
Thorsten Lannert (Richy Müller) verfolgt einen Verfolger (Matthias Schendel).
Vergrößern
Sein Leben liegt in Trümmern: Zwar hat Oliver Manlik (Barnaby Metschurat) das Gefängnis überstanden, geblieben ist ihm aber weder die Frau noch der Sohn noch der Job oder auch nur die Anerkennung, was er für die Firma auf sich genommen hat.
Vergrößern
Oliver Manlik (Barnaby Metschurat) wünscht sich so sehr, sein früheres Leben mit Caroline (Isabelle Barth) zurückzubekommen. Auch wenn er ahnt, dass das vergeblich ist.
Vergrößern
Oliver Manlik (Barnaby Metschurat) konfrontiert seinen ehemaligen Chef Joachim Bässler (Stephan Schad) mit seinen Forderungen. Den das allerdings überhaupt nicht beeindruckt, für ihn ist die Angelegenheit erledigt.
Vergrößern
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2020
Altersfreigabe
12+
Serie, Krimireihe

In Stuttgart implodiert der Kapitalismus

Von Eric Leimann

Die Stuttgarter Kommissare Lannert und Bootz müssen den brutalen Zweikampf zwischen einem Unternehmer und seinem ausgestoßenen Mitarbeiter regulieren. Doch was hilft gegen kranke Auswüchse des Kapitalismus, wenn "das System" alles dem wirtschaftlichen Erfolg unterordnet?

Der neue Stuttgarter "Tatort" hätte ebenso gut "Undank" heißen können, was die im Titel angelegte alte Redensart "Der Welten Lohn" ergänzt hätte. So oder so träfe die Überschrift den Kern des Plots, der in einer eiskalten Welt schwäbisch-effizienter Wirtschaftlichkeit angesiedelt ist. Oliver Manlik (Barnaby Metschurat) saß über drei Jahre lang als Bauernopfer seiner Firma wegen Korruption in US-Haft. Sein Vorstandschef Joachim Bässler (Stephan Schad) hatte ihn damals eiskalt fallen lassen, um seine Stuttgarter Firma in einem Bestechungsskandal zu schützen. Während der Haftzeit ist auch das Privatleben Manliks zerbrochen. Seine Frau Caroline (Isabelle Barth) hat nun einen anderen Mann, auch der halbwüchsige Sohn will nichts mehr vom Vater wissen. Schon vor seiner Verhaftung hatte der sich von der Familie entfremdet, weil er wie ein Besessener für die Firma gearbeitet hatte.

Manlik möchte, dass ihn der Ex-Arbeitgeber für sein gestohlenes Leben entschädigt. Doch Konzernchef Bässler lässt den einst hoch loyalen Mitarbeiter eiskalt abblitzen. Als die Personalchefin des Unternehmens tot im Wald liegt, beginnen die Kommissare Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) mit ihren Ermittlungen beim schwäbischen Automobil-Zulieferer. Vom Problem mit Oliver Manlik erzählt Chef Bässler aber erst einmal nichts. Erst nachdem er erkennt, dass ihm der geschasste Gerechtigkeitsfanatiker tatsächlich an den Kragen will, führt er die Polizisten auf die Spur des Ausgestoßenen, der immer mehr einer tickenden Zeitbombe gleicht.

Vom Fast-Priester zum "Tatort"-Regisseur

Auch wenn dieser "Tatort" eher konventionell gebaut ist, das Geschehen bereitet beim Zuschauen Unbehagen. Der gebürtige Schwabe Stephan Schad spielt den Geschäftsführer des Unternehmens mit einer Nüchternheit, die einen frösteln lässt. Dass böse Menschen nicht unbedingt charismatisch sein müssen, daran erinnert Schads Interpretation der Rolle. Dass sein Antipode Manlik das Gegenteil der nüchternen Wirtschaftsmathematik Bässlers ist, nämlich ein Mann, der von inneren Wutkrämpfen wie von einem epileptischen Anfall geschüttelt wird, darin liegt die verheißungsvolle Grundidee des Drehbuchs von Boris Dennulat ("Wer rettet Dina Foxx?"). Fast schon meditativ inszeniert Regisseur Gerd Schneider die meist nur innerlich ausgefochtenen Wutanfälle des von Barnaby Metschurat gespielten Außenseiters, wofür das expressionistische Sound-Design des Komponisten Gary Marlowe, der auch als Ambient-Installationskünstler arbeitet, ungewöhnliche Töne findet.

"Der Welten Lohn" ist ein stimmiger, guter "Tatort" mit überschaubarem Unterhaltungswert. Zu gemein und kalt verhält sich ein Großteil des Personals. Und wenn es dann mal ein wenig menschlicher wird, befinden sich die Protagonisten automatisch in einer eher machtlosen Rolle wider. Sprich: "Der Welten Lohn" erzählt von einer Gesellschaft, in der man eigentlich nicht leben will – was die beiden Kommissare eher konsterniert zurücklässt. Regisseur Gerd Schneider wollte früher katholischer Priester werden, sattelte dann aber in Richtung Filmkunst um. Sein vom SWR finanzierter Debüt-Langfilm "Verfehlung" thematisierte 2015 den Missbrauchsskandal seiner Kirche als von Verdächtigungen vergiftetes Buddy-Movie dreier befreundeter Priester.

Auch in "Der Welten Lohn" setzt sich Schneider mit hochmoralischen Fragen auseinander. "Wirtschaft ist Krieg", sagt Konzernchef Bässler gleich in zwei Szenen. Es ist seine lakonische Entschuldigung für ein Verhalten, dass so von keinerlei humanistisch gedachtem Moralkodex gedeckt würde. Dass einen Schneiders erster "Tatort" so unangenehm berührt, liegt daran, dass hier eine – nicht unrealistisch gezeichnete – Welt vorgeführt wird, in der Bässlers Glaubensbekenntnis die "menschlichen Gebote" längst ersetzt hat.

Tatort: Der Welten Lohn – So. 01.11. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das beste aus dem magazin

Dr. Melanie Ahaus ist niedergelassene Kinder- und Jugendärztin in Leipzig und Sprecherin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte in Sachsen.
Gesundheit

So lernen Kleinkinder durchzuschlafen

Schlafprobleme bei Babys sind weit verbreitet. Eine junge Mutter berichtet von den Herausforderungen mit ihrer einjährigen Tochter. Experten geben Ratschläge, wie Babys besser in den Schlaf finden und durchschlafen können.
Ein Mann hält sich den Bauch.
Gesundheit

Durchfall: Krankheitserreger natürlich bekämpfen

Durchfall kann plötzlich auftreten. Heilerde bietet eine natürliche Möglichkeit, Krankheitserreger zu binden und den Darm zu beruhigen. Erhältlich in Apotheken.
Ein Mann bekommt ein Hautscreening.
Gesundheit

Krebsvorsorge nicht verpassen!

Vorsorgeuntersuchungen können Leben retten. Der "Tag der Krebsvorsorge" am 28. November soll aufklären und motivieren, wichtige Termine nicht aufzuschieben. Die AOK bietet mit dem "Vorsorg-O-Mat" ein spielerisches Tool, um die passenden Untersuchungen zu finden. Mehr dazu auf der AOK-Homepage.
Stefanie Heinzmann vor einem lilanem Hintergrund.
HALLO!

Stefanie Heinzmann über ihr neues Album "Circles": "Das Leben verläuft in Kreisen"

Stefanie Heinzmann hat Mitte Oktober ihr neues Album „Circles“ vorgestellt. Mit prisma sprach die sympathische Schweizerin über die neuen Lieder und die bevorstehende Tour.
Eine Grafik einer Krankenstation für Frühchen.
Gesundheit

Oktopusse für kleine Kämpfer

Der Weltfrühgeborenentag macht auf die Herausforderungen von Frühgeburten aufmerksam. In Deutschland werden jährlich tausende Kinder zu früh geboren. Die Initiative "Oktopus für Frühchen" bietet Unterstützung und hilft mit kleinen gehäkelten Oktopussen im Inkubator.
Doc Julia Fischer
Gesundheit

Herzinfarkt bei Frauen – oft nicht sofort erkannt

Eine 63-jährige Frau erlebte auf den Kanaren einen Herzinfarkt, der zunächst unentdeckt blieb. Professor Dr. Burkhard Sievers erklärt, warum Herzinfarkte bei Frauen oft anders verlaufen und welche Symptome ernst genommen werden sollten.