Tatort
02.04.2023 • 20:15 - 21:45 Uhr
Serie, Krimireihe
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Produktionsland
D
Produktionsdatum
2023
Altersfreigabe
12+
Serie, Krimireihe

Come Mister Tally Man, Tally Me Banana

Von Eric Leimann

Der "Tatort: Donuts" erkundet die Tuning-Szene eines der größten Automobilumschlaghäfen Europas. Das hartgesottene Bremerhaven, Heimat Liv Moormanns (Jasna Fritzi Bauer), ist der heimliche Star des szenigen Schrauber- und Raserkrimis. Mit erzählerischen Schwächen, aber bockstarken Momenten.

Das Autoterminal Bremerhaven gehört mit rund 1,7 Millionen umgeschlagenen Fahrzeugen pro Jahr zu den größten Autohäfen der Welt. Klar, dass ein schier endloses Meer symmetrisch geparkter, funkelnder Neuwagen auch ein wunderbares Motiv für einen Bremer Primetime-Krimi abgäbe. Im "Tatort: Donuts" ermitteln Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer), Linda Selb (Luise Wolfram) und der Bremerhavener Gast-Kommissar Robert Petersen (Patrick Güldenberg) wegen eines Mordes am "Car Terminal". Der Bereichsleiter der Fahrer liegt tot im Kofferraum eines Wagens. Die Ermittler steigen in die harte Männerwelt der Hafenarbeiter, Autonarren, Tuner und nächtlichen Rennen ein. So schrauben in der Werkstatt des Opfers auch die Brüder Gheorghe (Adrian But) und Oleg Rusu (Jonas Halbfas) an besonders schicken Automobilen herum. Und auch ein sehr schnelles Mädchen treibt sich hier herum: Marie (Luisa Böse) ist nicht nur die Freundin von Gheorge, sondern auch die kleine Schwester von Kommissarin Moormann, die in Bremerhaven aufgewachsen ist.

Die ersten drei Bremer "Tatort"-Fälle mit dem Team Moormann, Selb und Andersen hatten bereits angedeutet, dass Polizeistreberin Liv Moormann aus eher schwierigen Verhältnissen kommt, es aber da "rausgeschafft" hat. Doch zu einem Preis: Ihre kleine Schwester Marie ist mit der trinkenden, promiskuitiven Mutter (stark: Angelika Richter) in einer tristen Gegend Bremerhavens zurückgeblieben.

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Tatsächlich ist der vierte Bremer Krimi des immer noch neuen Teams (Dar Salim ist als Mads Andersen wieder nur ganz kurz via Video-Schalte dabei) so ein bisschen der "Backstory"-Fall der Liv Moormann, in dem man viel über deren Herkunft erfährt. Auch Ermittler Robert Petersen, wie Moormann ein Kind Bremerhavens, kennt die junge Kommissarin von früher, denn man ist gemeinsam aufgewachsen. Und so entspinnt sich eine Geschichte zwischen dunklen Geschäften mit chromglänzenden Boliden und tristen Liebesabhängigkeiten in Bremens seenaher Schmuddelecke, dem Schauplatz Bremerhaven.

Auch Hauch von Ryan Goslings Kultfilm "Drive"

Es gibt einige Gründe, den Bremer "Tatort: Donuts" zu mögen: Da sind zum einen toll fotografierte Nachtbilder (Kamera: David Hofmann, "Alarm für Cobra 11") rund um heulende Highspeed-Motoren und stimmungsvolle Drohnen-Shots episch langer Reihen baugleicher Neuwagen. Ebenso faszinierend ist die junge Schauspielerin Luisa Böse als kleine Schwester Liv Moormanns. Die 1999 geborene Rostockerin machte bisher eher im Theater von sich reden, aber das dürfte sich bald ändern. Ihre mädchenhaft taffe Darstellung einer perspektivlosen Jugend in verkrachten Familienverhältnissen ist das Highlight des von Mathias Schnelting (Buch) sowie Sebastian Ko (Buch und Regie, "Tatort: Kartenhaus") verantworteten Krimis. In seinen Bildern und der lakonischen Erzählweise scheint er von Nicolas Winding Refns stilprägender Gangster- und Autoballade "Drive" mit Ryan Gosling beeinflusst. Nur dass der "Driver" hier eine junge Frau ist, gegen deren Fahrkünste kein Kraut gewachsen ist.

Andererseits ist Liv Moormanns Schwester Marie auch eine Verlorene im Umfeld der (pseudo)harten Männer, einer am Leben ihrer Kinder teilnahmslosen Mutter und einer enttäuschten Schwesterliebe. In einigen der stärksten Szenen blicken sich die Schwestern Liv und Marie einfach nur endlos lange an. Und versuchen so ihre – mit dem Weggang von Liv aus dem Bremerhavener Leben – abgebrochene Beziehung aufzuarbeiten oder gar wieder zu kitten. Da sagen Blicke – wenn man sie spielen kann und das können Jasna Fritzi Bauer und Luisa Böse – einfach mehr als Dialoge.

Leider kann der Kriminalfall mit dem starken Schauspiel der Schwestern und den schönen Autobildern nicht mithalten. Ein wenig bemüht und wahllos wird der schöne Schauplatz und der Sinn für die Autofahrerballade mit einem Verbrechens-Plot gefüllt. Eigentlich blöd, dass man hier auch einen Mord braucht, dachten sich die Macher vielleicht – wo doch die Autos einfach nur gut aussehen und atemberaubende Verfolgungsjagden traurig schöne Menschen zurücklassen sollen.

Was bitteschön ist ein Tallyman?

Nichtsdestotrotz kann man in diesem "Tatort" Dinge lernen, die man vielleicht schon lange mal wissen wollte: zum einen, dass Donuts nicht nur zuckrige Kringel sind, die auf die Hüften schlagen, sondern dass in der Racing-Szene auch jene Figuren so benannt werden, die sich ergeben, wenn ein Auto mit qualmenden Reifen im Kreis schlittert. Noch wichtiger ist jedoch, dass einer der mysteriösesten Begriffe der Popmusik in diesem Krimi geklärt wird: "Come Mister Tally Man, Tally Me Banana" sang Harry Belafonte in seiner berühmten Version des "Banana Boat Songs" von 1956. In den letzten Monaten war die Melodie durch den TikTok-Hit "Theo, mach mir ein Bananenbrot!" mal wieder auf allen Schulhöfen Deutschlands präsent.

Doch was bitteschön ist ein Tally Man oder Tallymann, wie man in deutschen Häfen sagt? Wir erfahren es: Gemeint ist der Ladungskontrolleur, der im Belafonte-Song die Anzahl der "Hände" an einem "Bananenbüschel" (Fruchtstand) zählte, da die Arbeiter nach der abgelieferten Menge an Bananen bezahlt wurden. Im "Tatort" kontrolliert der Tallymann, ob die gewünschten Autos alle geliefert wurden. Durchaus eine Schlüsselposition in diesem Krimi, denn die gezeigten Super-Tuning-Wagen dürften um einiges mehr wert sein als ein Büschel Bananen.

Tatort: Donots – So. 02.04. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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