Das PC-Spiel "Dota 2" gilt auch nach mehr als einem Jahrzehnt als Herausforderung für Seele und Geist. Gamer träumen davon, im weltweiten Wettbewerb ganz vorne zu sein: die Nummer eins unter Millionen. Die ARD-Doku begleitet zwei deutsche Profis auf dem schwierigen Weg dorthin.
"Du musst im Grunde dein Leben opfern", sagt die Stimme aus dem Off. Es ist fürwahr ein harter Weg, um einer der Besten aus weltweit vielen Millionen Gamern zu sein. Die ARD-Dokumentation "Spiel um Millionen – The International" (Regie: Tim Schreder) begleitet zwei deutsche Profis, Fachsprache: Progamer, auf dem Weg bis zum 2023er-Endturnier in Seattle, wo dann 100 Gamer in 20 Mannschaften um ein hohes Preisgeld und eine Fresbee-artige Trophäe kämpfen. Beide sind Meister der E-Sport-Disziplin "Dota 2", bei dem alljährlich tausende Spieler weltweit in Vorausscheidungen, Gruppenphasen und Ko.-Runden um Millionen US-Dollar kämpfen.
Das Turnier, in dessen Partien es grob gesagt um zwei Mannschaften aus je fünf "Helden" geht, die einander bekämpfen müssen, um die Basis des anderen zu erobern, ist in den vergangenen Jahren mit seinem Endturnier "The International" marketingträchtig um die Welt gereist und machte 2023 wieder Station am Ausgangspunkt in Seattle, der Heimat des Erfinders. Zigtausende sind in Seattle selbst, Millionen weltweit per Streaming-Diensten dabei.
Vorbilder sind nicht zuletzt mit viel Fanpflege Mannschaftsportarten aus der realen Welt. "Dota 2" (abgeleitet von "Defense of the Ancients") sei eine Mischung aus Taktik und Geschicklichkeit, so wird für den Laien das Spiel mundgerecht aufbereitet.
Wie schon zu Beginn der Wettkämpfe 2013 bei YouTube und iTunes, kapriziert sich die neue Doku vor allem auf die Persönlichkeiten zweier Spieler – hier sind es Daniel aus München und Leon aus Wiesbaden. Leon hat es 2022 schon mal geschafft, er gewann mit seinem Team beim "International" viele Millionen. Dennoch ist er skeptisch gegenüber seinem Werdegang und der Welt der Progamer geblieben. 18 Millionen hat er damals abgesahnt. Es sei "einfacher gewesen, als ich gedacht hab'", so berichtet er. Nur die plötzliche große Zahl auf seinem Konto habe ihm ein wenig Angst gemacht, ansonsten habe sich sein Leben nicht verändert.
Ohnehin sei es gefährlich, sich nur am großen Ziel zu orientieren, behauptet der nachdenkliche Leon. Wichtiger seien der Weg, das Abenteuer, vor allem aber die Disziplin, die das Strategiespiel mit täglich 16- bis 18-stündigem Training am Computer verlangt. Allerdings habe ihm das Spiel auch aus Depressionen herausgeholfen.
Weniger nachdenklich zeigt sich der Münchner Daniel, der Dota2 und sein Weltturnier als "das Größte, was es gibt" feiert, sich aber beim Endspiel in Seattle die Rügen seines Mannschaftskapitäns gefallen lassen muss. "Wir waren zu gierig. Wir haben nicht als Team gespielt!", heißt es in der auf ihn bezogenen Manöverkritik.
Da gelingt es dem Film, der sich ansonsten häufig wie eine Werbe-Doku ausnimmt, einmal ganz nahe an den Spielern dran zu sein. Der Wettkampf selbst ist meist nur in oberflächlichen Video-Screenshots eingeblendet. Eindrucksvoll sind hingegen die Strapazen und Fährnisse, die Leon und Daniel seit der Schulzeit auf sich nahmen. Der Entschluss, Progamer zu werden, fiel beiden nicht leicht. Es galt, die Schule zu verlassen, die Familien zu überzeugen. Schließlich ist ein Straucheln geradezu vorprogrammiert. Die Niederlage bedeutet im Zweifelsfall auch den Verlust der eigenen Lebenswirklichkeit.
Leon spiele "Dota 2" nur nach als Hobby, heißt es im Abspann des Films, der im Vorfeld von "The International 2024" (4. bis 15. September) gezeigt wird. Angebote von neuen Teams lehne er ab. Er sei nun auf der Suche nach neuen Zielen. Daniel, offensichtlich sonnigeren Gemüts, zieht nach den Turnierstrapazen ein positiveres Fazit. Die Reisen um die Welt, eine neue Freundin aus dem "Dota"-Stab sieht er positiv. Auch er hat sich von seinem Team getrennt. Er ist aber nun auf der Suche nach einem neuen.
ARD Dokumentarfilm: Spiel um Millionen – The International – Mi. 21.08. – ARD: 22.50 Uhr