Draußen lauern die Nazis

Drama und Doku in einem: "Meine Tochter Anne Frank"

18.02.2015, 07.20 Uhr
von Detlef Hartlap
Schreiben, bis die Nazis kommen: Anne Frank in ihrem Versteck.
Schreiben, bis die Nazis kommen: Anne Frank in ihrem Versteck.  Fotoquelle: HR/AVE/Janett Kartelmeyer

Das berühmteste Tagebuch der Welt war rot-weiß kariert. Anne Frank bekam es am 12. Juni 1942 zu ihrem 13. Geburtstag. Es beschreibt die 25 Monate von Anne und ihrer Familie sowie eines Kreises von Leuten, die sich auf Leben oder Tod vor den Deutschen verbergen mussten, mitten in Amsterdam.

"Meine Tochter Anne Frank", so der Titel des Films von Raymond Ley, gibt eine bestimmte Perspektive vor, die des Vaters. Otto Frank (Götz Schubert) musste als Überlebender von Auschwitz erst wieder an die Existenz des Tagebuches erinnert werden.

Seine einstige Sekretärin Miep Gies (sehr stark: Renate Regel) hatte das zu einer Loseblattsammlung zerfledderte Buch aufbewahrt. Es wurde zu einem Dokument von Terror und innerem Widerstand.

Ein Mädchen, das von der Liebe träumt

Mala Emde spielt dieses Mädchen in der Pubertät, das Krieg und deutscher Rassewahn von allem fernhalten, was das Leben ausmacht. Ein Mädchen, das von der Liebe träumt, von Filmstars schwärmt und deren Konterfeis an die Wand heftet. Ein Mädchen, ruhiggestellt und zu Mucksmäuschenstille verdammt. Draußen lauern die Nazis.

25 Monate mit ihrer Schwester, einem gleichaltrigen Jungen und Erwachsenen, die sich in ihrem 50-m²-Kerker an der Prinsengracht 263 aus Lagerkoller zu zerfleischen drohen. Mala Emde ist zum Verlieben frech, verträumt, lebensdurstig und verzweifelt.

Dokumentarischer Einbau von Zeitzeugen

Eine große Story. Auch großes Fernsehen? Die Zeitsprünge, die sich Raymond Ley erlaubt, steigern bei einer Geschichte, deren Ende man kennt, nicht unbedingt Spannung und Erkenntniswert. Sie stören. Das gilt erst recht für den dokumentarischen Einbau von gewiss liebenswerten Zeitzeugen. Raymond Ley geht mit seinem Stoff um, als traute er ihm nicht, als müsste er ihn aufpeppen. Was aber könnte ergreifender sein als das Schicksal Anne Franks, deren Versteck am Ende verraten wird?

Der Zuschauer fiebert mit, wünscht dem Krieg, von dem er weiß, wie lange er dauert, ein sofortiges Ende; wünscht Anne Frank, von der er weiß, wo sie endet, ein langes Leben. Sie starb, völlig entkräftet, im Konzentrationslager Bergen-Belsen, vier Wochen bevor es die Engländer befreiten.

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