Sänger im Interview

Gil Ofarim: "Mein Privatleben ist das Einzige, das mir geblieben ist"

von Nadine Wenzlick

Musiker Gil Ofarim ist im Interviewt offen wie ein Buch. Nur über eine Sache möchte er aus guten Gründen nicht reden ...

Die Karriere von Gil Ofarim, Sohn des israelischen Sängers Abi Ofarim, begann früh: Nachdem er in den Neunzigern für eine Foto-Love-Story in der Jugendzeitschrift "Bravo" entdeckt wurde, avancierte er schnell zum Teeniestar, später füllte er sogar Stadien in Asien und Australien. Zwischenzeitlich war es still um ihn, doch in den letzten Jahren kehrte er auf die Bildfläche zurück: Gil gewann die RTL-Show "Let's Dance" und nahm zuletzt an der ersten Staffel der neuen Erfolgsshow "The Masked Singer" teil. Privat musste er allerdings einige Rückschläge einstecken, die er nun auf seinem Album "Alles auf Hoffnung" verarbeitet. Die Songs sind überraschend rockig und zugleich sehr persönlich. Im Interview verrät der 37-Jährige, warum er seinem verstorbenen Vater einen Song widmen wollte – und warum er sonst nicht gerne über sein Privatleben spricht.

prisma: Herr Ofarim, Ihr neues Album trägt den Titel "Alles auf Hoffnung". Sind Sie ein Typ, dessen Glas immer halb voll ist?

Gil Ofarim: Eigentlich schon. Was wäre auch die Alternative? Ich habe mich entschieden: Ich liebe das Leben, ich lebe gerne. Und ohne jetzt irgendwie spirituell oder wie ein Ratgeberbuch zu klingen, aber in der Form, in der wir gerade hier sind, gibt es uns nur einmal, also machen wir das Beste draus. Man spricht ja oft von positiven und negativen Erfahrungen, aber für mich gibt es nur Erfahrungen. Lern was, mach was draus!

prisma: Karrieretechnisch erleben Sie gerade so etwas wie einen zweiten Frühling. Haben Sie das Gefühl, dass es nach dem großen Erfolg in den Neunzigern für Sie noch mal neu losgeht?

Ofarim: Vielleicht, kann sein. Ich habe in den Neunzigern meine Karriere gehabt, habe das viele Jahre durchgezogen und war dann irgendwann, weil ich sehr erfolgreich in Asien und Australien war, viel im Ausland. YouTube und Facebook gab es damals noch nicht, deswegen dachte man hier, ich sei verschwunden. In Wirklichkeit habe ich immer irgendetwas gemacht, nur vielleicht nicht immer in der Öffentlichkeit. Aber auch das war für meine Entwicklung wichtig.

prisma: Ihre Karriere fing an, als Sie 15 Jahre alt waren. Zu früh oder genau der richtige Zeitpunkt?

Ofarim: Ich habe mich damit insofern arrangiert, als dass ich dankbar dafür bin. Ich bin schon stolz auf das, was ich erreicht habe und im Leben gemacht habe. Ob es richtig ist, als Kind so früh in der Öffentlichkeit zu stehen, weiß ich nicht, aber ich habe mir das immer so gewünscht. Schon als kleiner Junge habe ich in meinem Kinderzimmer Konzerte vor dem Spiegel gegeben. Klar, es war nicht immer nur geil, aber es war auch nicht alles schlecht. Im Gegenteil. Und ohne meine Geschichte wäre ich nicht der, der ich bin. Ich kann heute sagen, dass ich meine Mitte ein Stück weit gefunden habe. Ich weiß, wer ich bin und wo ich im Leben stehe. Und nur so konnte ich mein neues Album machen. Ich habe zwar nur ein Jahr an der Platte geschrieben, aber im Grunde ein Leben lang drauf hingearbeitet.

prisma: Zuletzt hatten Sie verschiedene Bandprojekte, haben viel Film und Fernsehen gemacht. Warum jetzt ein deutschsprachiges Album unter Ihrem eigenen Namen?

Ofarim: 2008 habe ich mit Freunden die Band Acht gegründet, da waren die Texte auch schon deutsch. Auf Deutsch zu singen, lag also nahe. Dass das Album unter meinem Namen erscheint, liegt vor allem daran, dass ich das Gefühl hatte, ich muss jetzt meine Geschichte erzählen.

prisma: Warum?

Ofarim: Weil ich in den letzten Jahren viel erlebt habe. Ich habe Erfahrungen gesammelt, die Leinwand war weiß, und sie schrie danach, bemalt zu werden. Das alles musste irgendwie raus, und bei mir passiert das halt einfach über die Musik. Ich bin nicht der beste Redner, aber durch Musik kann ich oft mehr vermitteln, als ich sagen kann.

prisma: Sie verarbeiten auf dem Album unter anderem den Tod Ihres Vaters Abi Ofarim, der 2018 nach langer und schwerer Krankheit verstorben ist.

Ofarim: Was ich auf gar keinen Fall wollte, war meine Trauer breittreten, sondern ich habe das für mich gemacht. Ich wollte ihm einfach gerne einen Song widmen, aber ich wusste zunächst nicht, wie ich das machen soll. Ich habe mich ans Klavier gesetzt, habe geschrieben – aber oft abgebrochen, weil ich nicht konnte. Irgendwann habe ich mich zum Schreiben mit Christian Neander von der Band Selig getroffen und wir stellten fest, dass wir uns alle mit dem Thema Abschiednehmen beschäftigen mussten. So entstand "Ein Teil von mir". Der Song ist also nicht nur meinem Vater gewidmet.

prisma: Er war ebenfalls Musiker. Haben Sie viel zusammen musiziert?

Ofarim: Natürlich. Wenn wir nicht zusammen Musik gemacht haben, lief andere Musik. Wir sind oft gemeinsam auf Konzerte gegangen, und durch seinen Beruf waren immer viele Musiker bei uns zu Besuch.

prisma: Auch "Nach dir der Regen" handelt von Ihrem Vater. Der Song klingt für ein Abschiedslied aber ganz schön laut und wütend?

Ofarim: Als ich "Ein Teil von mir" bei meiner Plattenfirma vorstellte, fiel der Satz: "Geh dahin, wo es wehtut". Das habe ich mir zu Herzen genommen. "Nach dir der Regen" entstand mit Nicholas Müller von Jupiter Jones und Christoph Hessler von der Rockband The Intersphere. Wer meinen Vater kannte, der weiß, dass er sehr exzentrisch, laut und lebensbejahend war. Er hätte nicht gewollt, dass ich ein Lied mit Geigen und Orchester aufnehme. Dafür hätte er mich vermutlich ausgelacht und gesagt: Wegen mir? Deswegen dachte ich mir, es ist okay, wütend zu sein, laut zu sein und die Trauer einfach mal rauszuschreien.

prisma: Mit "Herz" und "Alles" finden sich auf dem Album auch einige Beziehungssongs. Verarbeiten Sie damit die Trennung von Ihrer Frau im Jahr 2018?

Ofarim: Über mein Privatleben spreche ich nicht. Ich finde, das hat in der Öffentlichkeit nichts zu suchen. Laut Facebook bin ich ja eine "Person des öffentlichen Lebens". Mein Privatleben ist das Einzige, das mir geblieben ist, und das wahre und schütze ich. Natürlich habe ich auf diesem Album Sachen geschrieben, die man interpretieren kann als "jetzt hat er es gesagt". Deswegen war mir klar, dass diese Fragen kommen werden. Aber ich schreibe nicht nur autobiografisch, sondern auch über mein Umfeld oder Dinge, die mich inspiriert haben. Von daher glaube ich, dass sich mit der Platte viele Menschen identifizieren können.

prisma: Neben Ihrem neuen Album moderieren Sie neuerdings auch eine Radiosendung auf Rock Antenne, die im Januar gestartet ist.

Ofarim: Genau, die heißt "Chilling In The Name", in Anlehnung an den Song "Killing In The Name" von Rage Against The Machine und läuft immer am zweiten Sonntag im Monat. Da spiele ich meine Lieblingssongs. In der letzten Sendung war das hauptsächlich Rockmusik der Neunziger. Parallel spiele ich noch Theater, und zwar den Simon Mostyn in Agatha Christies "Tod auf dem Nil". Dann gibt es bald eine andere Neuigkeit im Zuge einer Sendung, die man seit letztem Jahr fast überall kennt – auch etwas, worauf ich mich sehr freue. Und vor allem freue ich mich auf meine kommende Clubtour, bei der wir das Album wirklich von vorne bis hinten spielen.

prisma: Sie haben in den vergangenen Jahren viel ausprobiert, Sie waren bei "The Masked Singer", "Let's Dance" und sogar einer Promi-Backshow. Sehen wir Sie demnächst im Dschungelcamp?

Ofarim: Nein! Man denkt immer, ich mache wahnsinnig viel, aber ich sage mehr ab als zu. Und auf die Nummern, die ich gemacht habe, hatte ich wirklich Lust. Ich hatte Bock, zu tanzen, denn ich tanze mein Leben lang schon gerne. Das war unfassbar anstrengend, aber es hat mich gereizt, und ich bereue es nicht. Genauso "The Masked Singer". Niemand konnte ahnen, dass es die größte deutsche Fernsehsendung seit zehn Jahren wird! Naja, und das Backen wollte ich endlich mal lernen. Ich liebe es, zu Kochen, aber im Backen war ich nie gut.

prisma: Dabei ist Backen doch viel einfacher.

Ofarim: Easy for you to say! Bei mir war das nicht so.

prisma: Was ist Ihr Lieblingskuchen?

Ofarim: Ich habe ja leider eine Laktoseintoleranz, sprich: Ich habe dort alles ohne Milch und Sahne gemacht. Aber ich liebe Cheesecake, und mit einer Original-Sachertorte kriegt man mich auch immer rum. Reden wir gerade echt über Kuchen? (lacht)


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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