Was spornt junge Selfmade-Millionäre an?

ARD-Dokuserie "Money Maker": Mit Tricks in jungen Jahren zum Millionär geworden

19.10.2022, 10.30 Uhr
von Jan-Niklas Jäger

In der neuen ARD-Dokuserie "Money Maker" wird das Leben von drei jungen Männern porträtiert, die etwas geschafft haben, von dem so viele Menschen träumen - sie sind in jungen Jahren zum Millionär geworden. Dafür haben sie teilweise illegale Tricks angewendet, um dahin zu kommen, wo sie heute stehen. Die Doku-Serie beleuchtet die moralischen und psychologischen Hintergründe und fragt, wie ticken die neureichen Jungmillionäre?

Emre Ates, Fedor Holz und Dadvan Yousuf haben etwas gemeinsam: Sie kommen aus bescheidenen Verhältnissen und brachten es dennoch sehr jung zu sehr viel Geld. Die Dokuserie "Money Maker", die sich bereits in der ARD-Mediathek abrufen lässt und deren erste Folge am Mittwoch, 19. Oktober, um 21.45 Uhr, im Ersten zu sehen ist, widmet jedem dieser jungen Männer ein Kurzporträt.

Denkt man an "schnelles Geld", liegt die Assoziation zu zwielichtigen, wenn nicht sogar eindeutig illegalen Geschäften nahe. Und zumindest teilweise fügt sich "Money Maker" gut in den aktuellen "True Crime"-Boom ein. Wahre Geschichten aus der Welt der unkonventionellen Gesetzesbrüche verkaufen sich derzeit besonders gut, und die Story des Bahnticket-Betrügers Emre Ates, die in der ersten Folge erzählt wird, gliedert sich in diesen Trend nahtlos ein.

"Über Nacht zum Staatsfeind Nummer Eins"

Doch wie in den weiteren Folgen klar wird, ist das Geschäft mit illegalen Tricks nur ein Aspekt, den die Serie beleuchtet. Fedor Holz etwa wurde sein Reichtum durch eine geradezu fanatische Leidenschaft für das Pokern ermöglicht. Viele mögen diese Art Geld zu machen mit einer gewissen Skepsis betrachten, doch illegal ist sie nicht. Der Schweizer Kryptomillionär Dadvan Yousuf bewegt sich zwischen diesen beiden Polen: Ob sein Kryptovermögen auf legalem Weg zustande gekommen ist, ist eine Frage, die nicht abschließend beantwortet werden kann.

Nachdem ihm von Journalisten Verbindungen zu Geldwäsche- und terroristischen Organisationen nachgesagt wurden, wurde Dadvan, wie er es selbst ausdrückt, "über Nacht zum Staatsfeind Nummer Eins". Der Kryptomillionär bestreitet die Vorwürfe und reagierte mit einer Verleumdungsklage. Seine Kritiker lehnten es ab, für die Episode interviewt zu werden. Ein ungelöster Fall also, dessen Ambivalenz nicht aufgelöst wird.

Anders verhält es sich bei Emre Ates, der für seine Betrugsmasche – er verkaufte Bahntickets, die er mit den Kreditkarten fremder Menschen erworben hatte, unter Wert in einem Online-Portal – ins Gefängnis musste und seinen Unterhalt heute ganz legal als Softwareentwickelt verdient. Lohnt sich Verbrechen nun also oder nicht? "Money Maker" stellt moralische Fragen, auf die es scheinbar keine eindeutigen Antworten gibt.

Prägende Erfahrungen in der Kindheit

Bei der autobiografischen Spurensuche hingegen stößt die Reihe durchaus auf Antworten, vor allem auf die Frage, was ihre jungen Protagonisten angespornt hat. Insofern liegt die Stärke der Episoden – vor allem im Fall von Emre Ates und Dadvan Yousuf – im psychologischen Ansatz der Serie.

So stammt Emre Ates aus einem streng konservativen Haushalt, der ihm eine normale Jugend verbaute. "Er war schon, bevor er im Gefängnis war, gefangen", sagt ein Schulfreund. "Das, was ich mit 16 bis 19 erlebt habe, das hatte er erst nach dem Gefängnis." Emre selbst betont das schwierige Verhältnis zu seinem Vater und lässt tief blicken, wenn er die Vermutung äußert, dass dieser auch heute noch nicht stolz auf ihn sei.

Dadvan Yousuf entstammt einer Familie aus Kurdistan, die 2003 im Zuge des Irakkrieges in die Schweiz geflohen war, wo er in Armut aufwuchs. Er erzählt eine Anekdote aus seiner Kindheit, als er voller Stolz einen Pullover zur Schule trug, wie ihn sich seine Familie eigentlich nicht leisten konnte. Anhand eines Fleckes, der sich nicht mehr reinigen ließ, erkannte ein Klassenkamerad seinen ehemaligen Pulli. Dadvans Familie war auf die aussortierten Kleidungsstücke Bessergestellter angewiesen. Keine Chance also, den eigenen Status mit der Kleidungswahl zu steigern.

Bedürfnis nach Anerkennung

Heute muss sich Dadvan über Statussymbole keine Sorgen mehr machen. Er besitzt eine Wohnung im Zentrum von Paris, haust in einem Fünf-Sterne-Hotel in Zürich. Seine Wurzeln hat er jedoch nicht vergessen: Er möchte sein Geld in Organisationen investieren, die seine alte Heimat im Nordirak unterstützen. Pokermillionär Fedor Holz nutzte seine erste Million, um seiner alleinerziehenden Mutter ein Haus zu bauen.

Geschichten wie diese lassen die drei neureichen jungen Männer in einem menschlicheren Licht erscheinen. Es wird nachvollziehbar, was sie antrieb: Vieles ist eine Frage von Herkunft, gesellschaftlicher Stellung und dem Bedürfnis nach Anerkennung. All das, und das ist die große Stärke dieser sehenswerten Doku, führt den Zuschauer letztlich zu der Frage: Hätte ich das unter anderen Umständen vielleicht auch in mir gehabt?


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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