"Doc Caro" im Kampf um Patient: "Solange ich hier sitze, stirbt keiner"
Mit Leidenschaft und viel Sachverstand versucht "Doc Caro" das Leben ihrer Patienten zu retten. Aber nicht immer kommt die wohl bekannteste Notärztin Deutschlands rechtzeitig ...
"Doc Caro" hat eine neue Senderheimat. War die deutschlandweit während der Corona-Pandemie bekannt gewordene Notfallmedizinerin zuletzt bei SAT.1 mit einer eigenen TV-Reihe zu sehen, ist sie nun bei VOX zu sehen. Aber wo Carola Holzner mit ihrem Reality-Doku-Format für Menschenleben kämpft und nebenbei auf viele Missstände im Gesundheitswesen, aber auch der Gesellschaft hinweist, ist eigentlich egal. Hauptsache, sie tut es.
Dass Glück und Tragödie im Berufsleben der laut VOX "bekanntesten Notärztin Deutschlands" mitunter ganz dicht beieinander liegen, erfährt Doc Caro (41) gleich beim ersten Einsatz. Ein unachtsamer Autofahrer wäre nämlich beinahe in den Rettungswagen gekracht – trotz Martinshorn und Blaulicht. Wenn Fahrer Björn nicht geistesgegenwärtig reagiert hätte, wär's das vielleicht gewesen. "Ich sah mich schon auf der Motorhaube", stöhnt Caro. Nicht alle Einsätze laufen so glimpflich ab.
Im Interview hat Doc Caro über die Liebe und die Probleme in ihrem Beruf gesprochen. Hier gibt es das ganze Gespräch.
Mann wird tot in der Badewanne gefunden
Im Mai tappten zehn Feuerwehr- und Rettungsleute und zwei Polizisten in die Falle. Wörtlich. Als sie zu einem Hochhaus in Düsseldorf-Ratingen gerufen wurden und eine Tür öffneten, überraschte sie eine Explosion. Der Bewohner der Wohnung hatte die Explosion absichtlich ausgelöst: eine Sprengfalle. Doc Caro ist immer noch fassungslos. "Wer macht so was? Wir sind doch auch nur Menschen, Mütter, Väter, Kinder von anderen. Es macht mich traurig, wenn Leute, die anderen Menschen helfen wollen, plötzlich angegriffen werden und um ihr eigenes Leben kämpfen müssen."
Ihr Appell ist klar: "Wer Rettungskräfte angreift, greift die Gesellschaft an. Helfer und Retter greift man nicht an." Denn: "Wir sind das letzte Glied in der Kette. Wir kommen immer. Aber was, wenn keiner mehr kommt, weil er selbst um sein Leben fürchten muss?"
Ein Happy End beim Einsatz ist nie garantiert. Doc Caro erfährt es schmerzvoll: Als sie und Björn den Einsatzort erreichen, finden sie in einer verwahrlosten Wohnung einen Mann in der Badewanne vor. Er ist tot.
Herzinfarkt beim Wandern
Die Umstände machen Doc Caro betroffen: Offenbar war der Mann einsam. Und so starb er auch. Wäre nicht die Badewanne übergelaufen und hätte so einen Wasserschaden verursacht, wäre sein Tod womöglich wochenlang unbemerkt geblieben. Es spricht, sagt Doc Caro, für die zunehmende Vereinsamung der Gesellschaft, wenn "dich keiner mehr bemerkt, keiner vermisst". Doc Caro ist betroffen: "Wir wissen zwar alles, was in der weiten Welt passiert, haben aber keine Ahnung, wie es dem Nachbarn geht."
In der Notaufnahme im St. Johannes-Klinikum in Duisburg wartet ein Einsatz, der glimpflicher ausgeht. Aber gerade so. Denn bei dem 41-Jährigen, der vom Hausarzt wegen eines diffusen "Brennens in der Brust" vorbeigeschickt wird, wird ein kapitaler ST-Hebungsinfarkt festgestellt. Akuter Notfall, jede Sekunde zählt. Der Mann wird untersucht, eine Arterie ist verstopft, es werden zwei Stents gelegt.
Doc Caro kämpft: "Solange ich hier sitze, stirbt keiner!"
Noch vor dem Eingriff erfährt Doc Caro von der Tragödie hinter der Tragödie: Der Mann ist Witwer. Seine Frau starb vor drei Jahren an einem Hirntumor. Jetzt erzieht der Mann die drei kleinen Kinder alleine. Wenn er stirbt, sind die Kids elternlos. "Das bricht mir das Herz", sagt Caro, selbst zweifache Mutter, mit feuchten Augen, "das geht nicht spurlos an einem vorbei". Aber ihr Ehrgeiz ist geweckt, sie weicht dem Mann nicht von der Seite und beruhigt: "Solange ich hier sitze, stirbt keiner!"
Der Eingriff gelingt, der Mann hat das Gröbste überstanden. Aber es steht erst einmal kein Intensivbett zur Verfügung. In letzter Minute wird verhindert, dass der Mann nach dem schweren Herzinfarkt "quer durch die Stadt gekarrt" werden muss, was für Caro nach dem frischen Eingriff der größte Horror wäre. Aber leider ist das im Pflegenotstandsland Deutschland Usus.
"Ich werd in der Schule gehasst"
Doc Caro zeigt ihre Emotionen, das macht sie (und übrigens auch ihre Zunft) nahbar, sympathisch, authentisch. Auch als der zwölfjährige Zaid mit krasser Fleischwunde am Finger eingeliefert wird, muss Caro schniefen. Nicht wegen der Verletzung, die ist nicht dramatisch, nach vier Stichen, zack, ist alles okay. Aber die Abgebrühtheit, mit der der Schüler erklärt, dass ihn seine Mitschüler hänselten und mobbten, weil er so klein sei, macht Caro fertig. Zaid sagt: "Ich werd in der Schule gehasst", und Caro kommen die Tränen: "Das tut mir weh, wenn so ein zauberhafter Junge fast schicksalsergeben sagt: 'Ich bin der Gehasste'."
Aber Zaid und Caro verstehen sich prächtig. Sie päppelt nicht nur den Finger, sondern auch den Mensch auf. Sie erklärt ihm, dass er sich nicht einreden lassen darf, dass es "immer auf die Kleinen" geht. Sondern dass es heißt "klein, aber oho." "Du bist vielleicht nicht so groß wie die anderen, dafür bist du clever." Zaid kam blutend und mit Angst vor dem Nähen. Er geht mit einem Lächeln ("Das war gar nicht schlimm") und hat eine neue Freundin – Caro.
Doc Caro zeigt ihren Seelenverwandten
Die gibt in der ersten VOX-Folge auch einen ehrlichen Einblick in ihr Privatleben. Sie stellt den Zuschauern ihren Partner Jens, einen Rettungshubschrauberpiloten, vor. Und zeigt, wie und wo sich "Doc Caro" vom aufreibenden Job entspannt. Ihr Rückzugsort ist ein Gestüt, wo sie so oft wie möglich mit ihrer Stute Bella reitet. Für Caro sind ihre Kinder und Partner Jens ("Wir sind seelenverwandt") die wichtigsten Menschen – und Bella die beste Freundin.
Bella und Caro sind seit acht Jahren ein Dreamteam. Auch sie scheinen seelenverwandt. "Die Bella war bei anderen verschrien. Die ist sehr speziell, die sagt auch mal 'nö'. Die ist nicht ganz einfach, auch misstrauisch. Jemand, dem man Vertrauen geben muss", sagt sie, stockt. "So wie mir", sagt sie und die Tränen kommen. Dass sich die taffe Notärztin Doc Caro so verletzlich zeigt, macht sie noch sympathischer. Wenn einmal wirklich was passieren sollte – man wünscht sich, Doc Caro möge im Dienst sein. Oder eine/r ihrer gleichgesinnten Kollegen oder Kolleginnen. Die für Menschen um deren Gesundheit kämpfen.
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH