Guttenberg schließt politische Rückkehr vehement aus: "Weil ich knapp daran war, meinen Charakter noch mehr zu verderben"
Laut Verteidigungsminister Boris Pistorius müsse die Bundeswehr jetzt "kriegstüchtig" werden. Gelingt das? Ist die Bundeswehr gut genug ausgerüstet und vorbereitet für die aktuellen Krisen? Darüber sprach am Dienstagabend Sandra Maischberger mit Ex-Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.
Krieg im Gazastreifen, Krieg in der Ukraine, Machtwettkampf zwischen USA und China: Angesichts zahlreicher Krisen stellt sich in den letzten Jahren zunehmend die Frage, ob die Bundeswehr in Deutschland den zukünftigen Problemen gewachsen ist, Am Dienstagabend diskutierte Sandra Maischberger in ihrer Sendung unter anderem über dieses Thema, als Gast war Ex-Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) geladen.
Pistorius als "Lichtblick in der sehr seltsamen politischen Landschaft"
"Bundesminister, Verteidigungsminister, Plagiat bei der Doktorarbeit, Politikberater, Unternehmer" fasste Maischberger kurz den Werdegang des ehemaligen Politikers zusammen. Er sei es während seiner Amtszeit gewesen, der für das "Kaputtsparen" der Bundeswehr verantwortlich gewesen sei – zumindest werde ihm das vorgeworfen. Auch die Wehrpflicht habe er "faktisch abgeschafft". Maischberger wollte deshalb wissen, was er von der Erhöhung des Wehretats halte.
Der Aussage von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), dass die Bundeswehr jetzt "kriegstüchtig" werden muss, stimme er zu, erklärte Guttenberg daraufhin. Solche Begriffe müsse man zwar "mit Vorsicht gebrauchen, aber ich glaube, das macht er auch". Er bezeichnete Pistorius sogar als "einen echten Lichtblick" in der "sehr seltsamen politischen Landschaft". Auf die Frage, ob die Bundeswehr momentan einen Angriff, wie etwa den russischen Überfall auf die Ukraine, abwehren könne, antwortete er: "Alleine? Schwierig. Aber ich bin auch nicht mehr nahe genug dran, Frau Maischberger."
Die Entscheidung, kein Geld mehr in die Bundeswehr zu investieren, sei nicht seine Idee gewesen, erklärte der 51-Jährige. Damals habe er acht Milliarden Euro einsparen müssen. Weil die Soldaten im Ausland "kümmerlich ausgestattet" waren – und gefährlichen Situationen ausgesetzt waren – wollte er dort nicht kürzen.
"Mir hat die Wehrpflicht gutgetan"
Ob Guttenberg sich heute nochmal so entscheiden würde? "Jetzt gebe ich Ihnen die langweiligste aller Antworten: Es kommt darauf an", erläuterte der gebürtige Münchner. Man müsse es "in den Kontext packen". Das "Jahr 2023 mit dem Jahr 2009/2010 zu vergleichen, ist angesichts der Geschwindigkeit, in der sich unsere Welt verändert hat, verwegen".
Er fügte hinzu: "Wenn ich zur damaligen Zeit von einer Bundeskanzlerin und einem wenig humorlosen Bundesfinanzminister 100 Milliarden Sondervermögen unter meinen jugendlichen Hintern geschoben bekommen hätte, dann hätte ich wahrscheinlich über die Wehrpflicht nochmal anders nachgedacht". Mit einem Blick auf die aktuelle Lage müsse sich die Bundeswehr unbedingt neu aufstellen.
Jedoch würden die 100 Milliarden Euro Sondervermögen nicht genügen, ist sich Guttenberg sicher. "Selbst die reichen nicht für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. Da können sie noch mal so viel drauflegen", erklärte er, "das wird nicht kommen." Danach sprach er über seine Zeit in der Bundeswehr. "Ich finde, es hat noch keinem jungen Menschen geschadet, wenn er dem Gemeinwesen was zurückgibt. Mir hat die Wehrpflicht gutgetan." Nach dem tosenden Applaus machte er sich kurz über die Ausbildung lustig: "Damals hatten wir sechs Monate Wehrpflicht, da lernen sie gerade mal, wie sie anständig unter dem Panzer einschlafen, ohne erwischt zu werden."
Guttenberg scherzt: "Und mit dem Abschreiben kenne ich mich ja aus, das wissen Sie"
Im Gespräch äußerte sich Guttenberg auch über ehemalige Weggefährten. So sei es gut, dass Markus Söder sich nicht habe als Kanzler aufstellen lassen – und "ein romantisches Verhältnis wird da nicht mehr daraus". Angela Merkel habe durch die "Ruhe, die sie ausgestrahlt hat" einige Krisen bewältigen können. Und Friedrich Merz, der laut aktuellen Umfragen, im Falle einer Wahl, der neue Kanzler werden würde? "Ein guter Mann?", wollte Maischberger wissen. "Inhaltlich sicher", schmunzelte er vielsagend.
Zu guter Letzt wollte Maischberger wissen, ob er sich eine Rückkehr in die Politik vorstellen könne. Guttenberg verneinte, er vermisse "keine Sekunde" die politischen Geschehnisse. Der Grund? "Weil ich knapp daran war, meinen Charakter noch mehr zu verderben, als es das politische Geschäft ohnehin schon tut." Guttenberg: "Ich konnte nicht mehr. Ich war platt geschossen."
"Das beste, was mir passieren konnte, war eine Rückkehr in ein normales Leben", erklärte er. Der 51-Jährige sei "körperlich und geistig schlicht ein Wrack" gewesen. Als Maischberger noch einmal nachhakte und fragte, ob eine Rückkehr in die Politik für ihn ausgeschlossen war, scherzte er: "Das können Sie abschreiben! Und mit dem Abschreiben kenne ich mich ja aus, das wissen Sie."
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH