"Hart aber fair"

Kühnert muss einstecken, Lambrecht sei "peinlich"

17.05.2022, 08.00 Uhr
von Lena Rittmann
Bekam nach der NRW-Wahl viel Gegenwind: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert.
Bekam nach der NRW-Wahl viel Gegenwind: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert.  Fotoquelle: picture alliance / Geisler-Fotopress | Frederic Kern/Geisler-Fotopress

Nach der Wahlniederlage der SPD in Nordrhein-Westfalen muss Kevin Kühnert am Montag bei "Hart aber fair" weiter viel Kritik einstecken. Nicht nur wirke die Reaktion auf das schlechte Ergebnis anmaßend, auch wird der einstige "Zauber" der Ampel-Koalition im Bundestag in Frage gestellt.

Nordrhein-Westfalen hat am Sonntag gewählt. Die geringe Wahlbeteiligung von 55 Prozent ist nur eines der Themen, die aktuell die Polit-Talkrunden füllen. Mehr noch lässt viele über das historisch schlechte Wahlergebnis der SPD mit Spitzenkandidat Thomas Kutschaty staunen. Wo ist der zur Bundestagswahl von Bundeskanzler Olaf Scholz versprochene sozialdemokratische "Zauber" hin, möchte Moderator Plasberg wissen.

SPD-Generalsekretär Kühnert möchte zu Beginn klarstellen, dass der Wahlausgang zwar nicht zufriedenstellend ist, vor einem Jahr jedoch noch keiner mit so einem Ergebnis in NRW hätte rechnen können. Die bisherige schwarz-gelbe Regierung in NRW findet nun keine Mehrheit mehr. Es läuft auf eine Koalition zwischen Schwarz/Grün hinaus. Auch wenn viele Sozialdemokraten das zunächst nicht wahrhaben wollten – Kühnert eingeschlossen. Denn der stellte sich um 18 Uhr am Wahlsonntag vor die Kameras und erklärte den Willen der Sozialdemokraten zum Regieren.

Für Michael Bröcker, Chefredakteur von "The Pioneer", eine Entscheidung, die der SPD im Nachhinein sicher geschadet habe. Insbesondere, da gerade die SPD die damalige Reaktion von Armin Laschet auf die Wahlniederlage der CDU als "anmaßend" verurteilt habe. Bei "Hart aber fair" lässt er Kühnert wissen, was er von seiner Aktion hält: "Dann gehen Sie eben erst um 20 Uhr vor die Kameras. Sie sind doch klüger als das".

Der "Zauber" der Ampel-Koalition ist verflogen

Auch die FDP verliert Stimmen in NRW. Ist die Ampel-Koalition auf Bundesebene – die eine neue Zeitenwende versprach – also nur ein Unfall gewesen und zeigt sich jetzt das wahre Stimmungsbild? Spiegel-Journalistin Melanie Amann erinnert sich an das damalige Versprechen von Scholz, dass mit der Ampel-Koalition alle glänzen und profitieren werden. "Wenn NRW eins gezeigt hat, dann, dass das nicht stimmt", so Amann. Gemessen an seiner Vorgängerin sei Scholz zwar ein "Klartextkanzler", jedoch auch ein "getriebener der eigenen Leute". Oft merke man den Druck, den die Koalitionspartner auf den Kanzler ausüben. Und das komme auch in NRW an, sagt Amann: "Die Leute wissen nicht, was er will und was er denkt".

Die Journalisten sind sich einig, denn auch Bröcker sieht, dass die schwarz-grüne Option schon immer gewollt worden ist. Gerade in einem Industrieland wie NRW existiere ein großer Wunsch nach einer schwarz-grünen Regierung, die den Klimaschutz mit den industriellen Themen vereint. "Ich würde die Ampel-Koalition nicht als Unfall bezeichnen – aber als Episode", so Bröcker.

Die SPD und Kevin Kühnert als dessen Stellvertreter in der Sendung mussten am Abend einiges einstecken. Als von Seiten des CDU-Politikers Carsten Linnemann Kritik an den von der Regierung beschlossenen Entlastungspaketen kommt, kontert Kühnert mit Gegenargumenten, die CDU habe vielen Sachen nicht zugestimmt und im Weg gestanden. Journalistin Amann stellen solche Antworten nicht zufrieden. Sie wirft Kühnert vor, offensichtlich noch nicht in der Regierung angekommen zu sein.

Christine Lambrecht zeige weder Willen noch Kompetenz

Schließlich wird auch die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ins Spiel gebracht, welche durch diverse Kritik in der jüngsten Vergangenheit der SPD ebenfalls nicht gerade auf einen besseren Kurs helfen konnte. Bröcker sieht jedoch nicht den Flug mit ihrem Sohn im Regierungsflieger als eigentlichen Skandal. Er echauffiert sich darüber, wie überhaupt eine derartige Person, die von Beginn an weder Interesse am Verteidigungsministerium hatte noch einen Willen oder Kompetenz zeigte, in ein so wichtiges Amt erhoben werden konnte. Der eigentliche Skandal sei, laut Bröcker, dass Lambrecht immer noch nicht den Ernst der Lage erblickt habe und kein Vertrauen von Bundeswehr und Partnern genieße. "Ich kenne keinen Soldaten, der über Frau Lambrecht sagt 'Sie geht für mich durchs Feuer'", kritisiert Bröcker weiter. Insbesondere in einer Kriegssituation sei eine solche Verteidigungsministerin "peinlich".

Aus der Kritik um den Flug von Lambrecht und ihren Sohn in dem Bundeswehr-Helikopter nach Sylt zieht CDU-Politiker Linnemann außerdem einen tieferliegenden Schluss. Er finde, dass Politiker in einer "Blase von Privilegien" leben. Es sei demnach wichtig, ein Umfeld zu haben, dass einen erdet. Er sieht dies vor allem wichtig im Umgang mit Inflation, was die nächsten Jahre ein zentrales Thema sein wird. So müssen Politiker mit den Leuten reden, die es auch selbst spüren.

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