Wie Kinder leiden müssen

Kinderkliniken an der Überlastungsgrenze

03.08.2023, 10.12 Uhr

Die ARD-Doku "Notfall Kinderklinik" beleuchtet den oft unterschätzten Notstand bei der medizinischen Versorgung von Kinder – anhand eines dramatischen Beispiels: Eine junges Mädchen stirbt fast an einer Hirnblutung, weil sich einfach kein Arzt findet.

ARD
Panorama: Notfall Kinderklinik
Reportage • 03.08.2023 • 21:45 Uhr

Es ist ein Horror-Szenario, das auch in der rückblickenden Aufarbeitung durch die ARD-Reportage "Panorama: Notfall Kinderklinik" noch verstörend ist. Im Dezember des vergangenen Jahres erlitt die gerade mal zehnjährige Eva eine Hirnblutung – und fand zunächst keine adäquate Hilfe, obwohl die Zeit gegen sie lief. "Über Stunden haben die Ärzte versucht, einen Platz für Eva zu bekommen, aber es war nichts frei", berichtet Evas Mutter noch immer stark bewegt im "Panorama"-Interview mit den Filmemacherinnen Brid Roesner und Isabel Ströh. "Man hat in diesem Moment einfach nur Todesangst um sein Kind."

Am Fall des jungen Mädchens lässt sich gut die dramatische Überlastung des deutschen Gesundheitssystems zeigen. Vor allem Kinderarztpraxen und Kinderkliniken gelten als teilweise hoffnungslos überlaufen – und das nicht nur, wenn in den Herbst- und Winter-Monaten die Viruswellen das Land in Atem halten.

Schock-Entdeckung im OP: ein Aneurysma

Es sind beunruhigende strukturelle Defizite, die die Reportage aufzeigt und die sie auch durch aktuelle Umfragen unter Medizinern und Pflegekräften stützen kann. Gemeinsam mit dem Ärzte-Verband Hartmannbund hatte "Panorama" eine bundesweite Erhebung in Auftrag gegeben, die ein erschreckendes Bild zeigt: Es droht eine Art Systemkollaps in der Kinder- und Jugendmedizin. An der Wirkung der angekündigten Reformvorschläge des Bundesgesundheitsministeriums darf gezweifelt werden. Expertinnen und Experten sind sich nicht sicher, über die geplanten Maßnahmen auch tatsächlich ausreichen werden, um die Überlastungen wieder auszugleichen.

Im Filmbericht hört man nicht nur von den Betroffenen, von Eva und ihrer Familie, sondern auch von den behandelnden Institutionen und deren Vertretern Bestürzendes. "Das war eine sehr frustrierende Situation. Drei Häuser haben zunächst abgesagt", erinnert sich Evas anfänglich behandelnder Arzt an die akute Notlage des Mädchens.

Doch Evas Odyssee setzte sich fort: In einer norddeutschen Klinik wurde sie zunächst von einem Neurochirurgen operiert. Dabei erkannte man eine Missbildung von Gefäßen im Hirn – mit einem etwa sechs Zentimeter großen Aneurysma. Nun war erneut Eile geboten: Eva sollte umgehend in eine Spezialklinik nach Nordrhein-Westfalen verlegt werden.

Wenn der Spezialtransport auf sich warten lässt

Doch der geplante Transport verschob sich aus schwer nachvollziehbaren Gründen. Jedes Mal war das benötigte Intensivbett in der Zielklinik wieder belegt. "Und dann muss man sagen, hier stimmt etwas nicht", sagt die Mutter. "Es ist eine große Angst gewesen, nicht zu wissen, reicht die Zeit? Schafft Eva es bis dahin?"

Der Film begleitet Eva auf ihrem gefährlichen Weg und beleuchtet die Probleme, die sich durch mangelnde Kapazitäten ergeben und die oft zu Hilflosigkeit führen. Die zentrale bange Frage der Reportage lautet dabei: Was ist Deutschland die Gesundheit seiner Kinder wert?

Panorama: Notfall Kinderklinik – Do. 03.08. – ARD: 21.45 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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