Putins Angstgegner: Doku zeigt das riskante Leben des Christo Grozev






Was bedeutet es, wenn man der Macht in Russland mit der Wahrheit entgegentritt? – Der Investigativ-Journalist Christo Grozev, lange Zeit für die europäische Recherche-Plattform "bellingcat" tätig (der Name rührt von einer Katze her, der man ein Glöckchen umhängt), weiß mehr als nur ein Lied davon zu singen. Grozev half, mehrere Giftanschläge, darunter auf Nawalny, aufzudecken. Im Film verhilft er einem Chemiker aus Putins Gift-Werkstatt zur gefährlichen Flucht. Dass Grozev kein ruhiges Leben mehr hat, lässt sich denken. Er fürchtet auch im vermeintlich sicheren Ausland Putins Spione.
Ein Film des britischen Emmy-Preisträgers James Jones
Wer sich aber eine nachweisbare Kette von Putins Geheimbefehlen bis hin zu den Giftanschlägen, wie sie Nawalny widerfuhren, erhofft, wird von dem Beitrag eher enttäuscht. Der Film des britischen Emmy-Preisträgers James Jones umkreist das Wagnis, sowohl innerhalb Russlands als auch darüber hinaus die Wahrheit auszusprechen über ein neostalinistisches System und seine Machenschaften.
Die Kamera ist dabei, wenn Grozev seine Recherchen per Telefon und Internet betreibt. Das kann schon mal zur Langatmigkeit geraten, auch wenn man weiß, wie gefährlich dieser Job ist. Die Filmarbeiten selbst wurden unter strengster Geheimhaltung in einem Bunker und im Offline-Modus betrieben.
Wie recht Grozev damit hatte, stellt sich spätestens dann heraus, als die Polizei am neuen Wohnort seiner Familie, in Wien, eine jahrelange Überwachung und Bedrohung vermeldet. Der Vater stirbt in seiner Wiener Wohnung einen bis dato ungeklärten Tod. Das alles hätte zweifellos das Zeug zu einem Thriller à la Costa-Gavras gehabt. Jones wählt jedoch einen anderen, um vieles ruhigeren Weg.
Der Whistleblower aus der Giftwerkstatt: 300 russische Agenten enttarnte er bereits
Er stellt seinen "Rockstar des investigativen Journalismus", wie ein Präsentator bei einer öffentlichen Veranstaltung einmal sagt, zu seinen eigenen Befragungen etwas mühsam ins Rampenlicht. 300 russische Agenten hat er bereits enttarnt, wie er sagt, auch an der Verurteilung des Kopfjägers Wadim Krassikow, der im Berliner "Kleinen Tiergarten" einen kaukasischen Politiker erschoss, war er beteiligt, genauso wie an der Aufklärung der Giftanschläge auf Nawalny und andere. Für einen Gefangenenaustausch Nawalnys und des gleichfalls bedeutenden oppositionellen, zweifach vergifteten Wladimir Kara-Mursa setzte sich Grozev unermüdlich ein.
Nawalnys Tod im Gulag konnte er nicht glauben, Kara-Mursa kam beim Gefangenenaustausch mit 16 Putin-Leuten, darunter "Gunman" Krassimov im August 2024 allerdings tatsächlich frei. Bei alldem geben die Oppositionellen die Hoffnung auf ein freies Russland nicht auf. "Der Tag wird kommen, an dem die Dunkelheit über unserem Lande verschwindet", zitiert Kara-Mursas Ehefrau Evgenja dessen letzte Rede nach seiner Verurteilung 2023 zu einer Freiheitsstrafe von 25 Jahren und hofft auf "eine Rückführung in die Gemeinschaft der zivilisierten Länder". Eine Art Anfang ist gemacht, wenn der Whistleblower aus der Giftwerkstatt, der aus Sicherheitsgründen ein neues Filmgesicht erhielt, seine Familie in Freiheit wieder in die Arme schließen kann.
Russlands Eingriff in der destabilisierten Sahelzone in Westafrika
Die weiteren Filme des Themenabends – alle in Erstaufführung – befassen sich mit "Russlands Seemacht" (21.45 Uhr), es geht um die geplante Einflusssphäre Russlands in fünf Meeren vom Polarmeer bis zur Asowschen See, wo Putin Handelsrouten und Energiequellen kontrollieren will. In "Russlands Griff nach Afrika" (22.40 Uhr) wird Russlands Eingriff in der destabilisierten Sahelzone in Westafrika thematisiert. – Und, wer's noch nicht wusste: Russland hat seinen eigenen ESC kreiert: Den "Intervision Song Contest" gibt's laut "Tracks East" (23.35 Uhr) in Moskau am 20. September.
Putins Giftmischer – Di. 02.09. – ARTE: 20.15 Uhr
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Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH