Krimi im Ersten

"Tatort: Love is Pain": Der sinnlose Mord an einem Straßenbahnfahrer in Dortmund

23.04.2023, 11.05 Uhr
von Eric Leimann

Im neuen "Tatort: Love is Pain" ist Faber (Jörg Hartmann) wieder zurück im Dienst, doch die Leitung der Dortmunder Mordkommission hat Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) übernommen. Das "neue" Team muss den sinnlosen Mord an einem Straßenbahnfahrer aufklären – und dafür viele Überwachungskameras auswerten.

ARD
Tatort: Love is Pain
Kriminalfilm • 23.04.2023 • 20:15 Uhr

Nicht alle mögen es, wenn der Mörder gleich in der ersten Szene eines Krimis zu sehen ist. Dennoch bleibt der merkwürdige junge Mann im Hoodie (Nils Hohenhövel) über eine weite Strecke vom "Tatort: Love is Pain" ein Phantom. Ein Straßenbahnfahrer wurde während seiner Nachtschicht erstochen. Zeugen gibt es zwar keine, aber die Bilder der Überwachungskamera zeigen den brutalen Akt deutlich. Und dann passiert etwas Seltsames: Vor der Flucht präsentiert der Mörder sein Gesicht offensiv vor der Kamera.

Die Überwachungskameras Dortmunds

Als Peter Faber (Jörg Hartmann) nach langer Auszeit wegen des Todes seiner Kollegin und großen Liebe Martina Bönisch wieder den Tatort betritt – übrigens ohne seinen Eremiten-Rauschebart der letzten Folge "Du bleibst hier" -, freut sich der Rest des Teams eher verhalten. Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) hat ein schlechtes Gewissen, weil ihr alter Chef nun ihr Mitarbeiter ist. Auch Jan Pawlak (Rick Okon) muss sich erst wieder ans Arbeiten im Trio gewöhnen. Außerdem treibt ihn mal wieder der Streit ums Sorgerecht für seine kleine Tochter Mia (Jana Giesel) um.

Um den Täter zu finden, durchforstet die Dortmunder Mordkommission mithilfe einer "Super-Recognizerin", der Polizeibeamtin Beate Gräske (Sar Adina Scheer), die Überwachungskameras der Stadt. Die Spezialistin ist dazu in der Lage, Gesichter im hohen Arbeitstempo und in unterschiedlichsten Perspektiven sicher wiederzuerkennen. Auch bei der Familie des Opfers forschen die Ermittler nach. Kann es sein, dass der junge Straßenbahnfahrer Feinde hatte?

Es dauert nicht lange, da taucht der Hoodie-Mörder wieder "im Bild" auf. Doch leider auf eine Art und Weise, die die Beamten noch mehr irritiert als der anscheinend sinnlose Mord zuvor. Auf welcher Mission befindet sich der Mann, der nach der Tat auf eine tätowierte Träne unter seinem Auge zeigt?

Bekannte Drehbuchautoren am Werk

Es ist schwer, über den mittlerweile 24. "Tatort" mit Peter Faber zu sprechen, ohne die ein oder andere "thematische Wendung", die dieser Krimi nimmt, zu spoilern. Also lässt man es besser ganz, um die Spannung aufrechtzuerhalten. Für sie sorgt mit dem Autorenteam Hanno Hackfort und Bob Konrad sowie Regisseurin Sabine Bernardi ein durchaus prominentes Kreativ-Team. Hackfort & Konrad sind gemeinsam mit dem diesmal nicht beteiligten Richard Kropf die "HaRiBos" und als solche an einigen der aufsehenerregendsten deutschen Serienerfolge der letzten Jahre beteiligt: "Kleo", "4 Blocks" oder "Para, wir sind King" gehen auf ihr Konto.

Regisseurin Bernardi führte unter anderem Regie bei Erfolgsformaten wie "Ku'damm 63" oder "Der Club der roten Bänder". Dafür, dass vor allem im Drehbuch-Ressort so viel erzählerische "Innovationskultur" versammelt ist, wirkt der eher leise erzählte Dortmunder Fall erstaunlich konventionell. Die Tätersuche bewegt sich – ohne großen erzählerischen Überbau – im Bekannten- und Freundeskreis. Die Beamten versuchen ein Netzwerk an Beziehungen zu durchleuchten, um eine Ahnung davon zu bekommen, wer jener Unbekannte ist, der so gern mit den Schwarzweiß-Bildern der Überwachungskameras spielt.

Ungewöhnliche Szenenbilder

Nur ein inszenatorischer Kniff unterscheidet "Love is Pain" – vor allem im ersten Drittel – von einem fast ein wenig "zu klassischen" Krimi. Regisseurin Bernardi berichtet, dass man die Schwarzweiß-Bilder der Überwachungskameras im öffentlichen Raum selbst aufwendig hergestellt hätte. Für jene Szenen, wenn "Super-Recognizerin" Gräske und die anderen Ermittler auf multiplen Split-Screens Szenen aus dem Dortmunder Nachtleben an öffentlichen Plätzen durchforsten, musste jedes knutschende Pärchen und jeder Obdachlose, der sich da gerade sein Nachtlager bereitet, "inszeniert" werden – selbst wenn diese Szene nur für einen ganz kurzen Moment im fertigen Film zu sehen ist. Aus diesem stimmungsvollen, fast beklemmenden Ambiente hätte man fast noch ein wenig mehr herausholen können. So bleibt ein eher konservativer "Tatort", dessen Figurenensemble und Thema erst zum Ende der 90 Minuten hin Kontur annehmen.

Ob man den Weg bis dahin als spannend oder ein wenig zu gewöhnlich wahrnimmt, ist Geschmackssache. Sauber erzählt und inszeniert ist das Ganze schon, auch wenn man vielleicht schon in der Mitte des Films drauf kommen könnte, in welche Richtung sich der Plot entwickeln könnte. Auf große Momente, ungewöhnliche Bilder und Szenen, die auf ewig in Erinnerung bleiben – so wie in den letzten Dortmunder Folgen – wartet man diesmal vergeblich. Vielleicht musste das Dortmunder Team, ansonsten bekannt für seine "over the top"-Einsätze, in Fall 24 einfach mal durchschnaufen. So wie Peter Faber, der sich – überraschend für alle – gar nicht so sehr dagegen wehrt, in die zweite Reihe "seiner" Mordkommission zurückzutreten. Die vielleicht größte Überraschung dieses Films.

Tatort: Love is Pain – So. 23.04. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte Sie auch interessieren