"plan b"-Reportage mit Frederik Fleig

ZDF-Reporter vergleicht Bildungssystem: Deutschland vs. Finnland

26.05.2024, 08.55 Uhr

In der zweiteiligen ZDF-Reportage 'plan b: Da geht was, Europa!' erkundet Frederik Fleig innovative Bildungskonzepte in Finnland und zieht Vergleiche zu Deutschland. Besonderes Augenmerk legt er auf die Rolle der Bildung für soziale Gerechtigkeit und den Umgang mit Lehrermangel.

Viel Austausch und Kommunikation

"Dafür sorgen, dass Menschen gehört werden, die nur eine leise oder keine Stimme haben" – darum geht es dem Reisereporter und Investigativjournalisten Frederik Fleig in seiner zweiteiligen Reportage mit dem durchaus optimistischen Titel "plan b: Da geht was, Europa!". Und wer sind oft die Leisesten in der Gesellschaft? Richtig, die Kinder. Obwohl sie die Säulen sind, auf denen die Zukunft gebaut wird, haben sie meist keine Lobby. Wo kann man da ansetzen, und welche Rolle spielt insbesondere die Bildung für soziale Gerechtigkeit? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, reist Fleig im ersten Film (Untertitel: "Wer bringt unsere Gesellschaft voran?", Samstag, 25. Mai, 17.35 Uhr, ZDF) nach Finnland, wo sich innovative Schulkonzepte durchgesetzt und bewährt haben, wie es im Film heißt.

Die Frage lautet: Was ist denn nun besser: leistungsorientiertes Lernen wie in Deutschland oder doch eher kreatives Lernen wie in Finnland? Fleig setzt in seinem Beitrag eher auf letzteres: Er habe zwischen Lehrkräften und Kindern ein richtig tolles Miteinander erlebt. Ganz viel Austausch und Kommunikation, erklärt er im Interview mit der Agentur teleschau. "Eine Lehrerin meinte zu mir, dass sie ihre Inhalte an die jeweilige Klasse anpasst. Die einen wollen praktisch im Wald Biologie erleben, die anderen eher mit animierten Videos Dinge erklärt bekommen." Für dynamische Konzepte dieser Art spricht sich auch Kristiina Heikkilä von der Universität Turku im Film aus. Sie zeichnet für die Ausbildung zukünftiger Lehrer verantwortlich. Die Studierenden unterrichten an der beispielhaften Universität bereits während ihres Studiums. Ausgewählt wird dabei nach Motivation, nicht vorrangig nach Qualifikation. Mit erstklassigen Ergebnissen, wie die Verantwortlichen beteuern.

Traumberuf Lehrer in Finnland

"Für mich ist es sehr inspirierend zu erfahren, was die jungen Leute denken, wie sich ihre Werte von meinen Werten unterscheiden oder wie sie auf das Leben und die Bildung blicken", erklärt Heikkilä im Film und lehnt daher "starre Regeln" im Unterricht ab. Sie ist überzeugt: "Als Lehrerin muss ich meine Methoden an die Bedürfnisse der Schüler anpassen."

Dieser Ansatz zahle sich zumindest laut der "plan b"-Reportage aus: Finnische Lehrer seien laut Heikkilä mit ihrer Arbeit sehr verbunden, Lehrermangel gebe es dort jedenfalls nicht. Ganz anders hierzulande, wo Lehrermangel gewissermaßen Programm ist. Bis 2035 scheiden in Deutschland 160.000 Lehrkräfte altersbedingt aus dem Schuldienst aus. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Lehramtsabsolventinnen und -absolventen kontinuierlich, wie der Film aufzeigt.

Zu den Schattenseiten eines freieren Lehrplans äußerte sich der finnische Bildungshistoriker Jari Salminen von der Universität Helsinki im Gespräch mit "Deutsches Schulportal" unlängst allerdings kritisch: "Bisher haben wir gesehen, dass es sehr schwierig ist, selbstgesteuertes Lernen in der Breite umzusetzen". Er konstatiert: "Kinder mit Konzentrationsschwierigkeiten haben große Probleme, zu entscheiden, was sie lernen wollen, die richtigen Materialien zu finden und sich ihre Zeit selbst einzuteilen."

"Studierende viel früher in die Praxis bringen!"

Fleig steht zu diesem Thema im Dialog mit allen: mit Lehrkräften, Kindern und Studierenden. So viel sei gesagt: Die Resonanz zu vage fachspezifischen Richtlinien war zumindest in den im Film gezeigten Gesprächen durchweg positiv. Bei diesem brisanten Thema drängt sich dem Zuschauer schließlich die Frage auf: Kann das deutsche Bildungssystem von der finnischen Praxis lernen? "Studierende viel früher in die Praxis bringen!", das fordert jedenfalls Fleig als ersten Lösungsansatz im teleschau-Interview.

Auch beim Thema Noten spalten sich wie so oft die Geister: "In Gesprächen mit befreundeten Lehrern höre ich immer wieder, wie wenig man damit dem einzelnen Kind gerecht wird." Belohnt werde, wer gut auswendig lernen und möglichst lange still sitzen kann. Ein zappelig-kreatives Kind bekomme laut Fleig in diesem System eher das Gefühl, nicht richtig zu sein. Die sehenswerte Reportage, die darüber in Teil zwei "Wer macht unser Leben nachhaltig?" (Samstag, 1. Juni, 17.35 Uhr) stark auf das Thema Nachhaltigkeit eingeht und neue Konzepte zum Schutz von Ressourcen vorstellt, regt allemal zum Nachdenken an.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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