Er war ein engagierter Autor und Regisseur, der sich in seinen Filmen nicht nur der Lebensproblematik junger Außenseiter annahm, sondern auch die Augen vor sozialen Missständen nicht verschloss. Besonders gern brachte er seinen Zuschauern historische Fragenstellungen mit viel Sachverstand und Engagement näher: Hanno Brühl. Nach einem Studium der Theaterwissenschaften arbeitete er zunächst als freier Autor und Regisseur und realisierte Kurz- und Experimentalfilme, so beispielsweise "Pas de deux" und "Mit geschlossenen Augen". Nach einigen Reportagen und Kurzspielfilmen für das Jugendprogramm realisierte er dokumentarische Filme für Kultur und Geschichte wie "Nach Santiago" und "Ketzerei in Montaillou".
Seit 1990 führte Brühl in einer Reihe von Jugendspielfilmen verschiedener Autoren Regie: In "Sehnsucht" (1990) geht es um die Identitätssuche zweier junger Türken in Deutschland. "Kahlschlag" (1993) erzählt die Geschichte des Jugendlichen Robin, der versucht, bei einer Gruppe neonazistischer Skinheads Halt und Geborgenheit zu finden. Jörn, die zentrale Figur in "Absprung" (1995), bringt sich auf der Suche seiner Grenzen in tödliche Gefahr. Mit "Ausgerastet" (1996) realisierte Brühl einen weiteren Jugendfilm, der wie alle anderen versucht, "glaubhaft und ungeschminkt von den Hoffnungen, den Träumen, den Niederlagen und den Siegen Jugendlicher zu erzählen". Der Film erzählt eine Liebesgeschichte vor dem Hintergrund einer unerklärlichen und scheinbar unmotivierten mörderischen Tat.
"Hin und weg" (1999) erzählt die Geschichte eines Jugendlichen - die Rolle besetzte Brühl mit seinem Sohn Daniel - der sich zwischen seinem Vater und seiner großen Lebe entscheiden muss. Ein Jahr später folgte das Krimidrama "Herzrasen", in dem ein junger Mann immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Brühls letzte große Regiearbeit war das Dokumentarspiel "Remarque - Sein Weg zum Ruhm", in dem er die Geschichte des Schriftstellers Erich Maria Remarque erzählte, der mit seinem Roman "Im Westen nichts Neues" zu Weltruhm gelangte - ebenso wie Lewis Milestone mit seiner Im Westen nichts Neues.
Darüber hinaus beschäftigte sich Hanno Brühl in Reportagen und Dokumentationen immer wieder mit drängenden Fragen der Zeit. So verarbeitete er zusammen mit Anja Kempe in "Die gekaufte Braut" die Problematik deutsch-russischer Hochzeiten per Katalog, "Ich bieg Dir'n Regenbogen" widmete er zusammen mit Peter Möbius dem viel zu früh verstorbenen Rockpoeten Rio Reiser, und "The Berliner Freund" (1998) ist die Geschichte des Juden und Amerikaners Harold Hurwitz, der kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nach Berlin zog. Und auch das Thema "Jugend" spiegelte sich immer wieder in seinen Arbeiten, so etwa in der Doku "Jugend heute", in der Brühl mit Irene Schoor die Geschichte dreier Freunde und ihren Traum vom großen Geld erzählte. Hanno Brühl blieb der Domstadt am Rhein, in der er Jahrzehnte lebte, stets verbunden. So verwundert es nicht, dass er mit "D'r decke Pitter" auch eine kleine Dokumentation über die St. Petersglocke im Kölner Dom drehte.
Brühl war von 1964 bis 1975 zunächst als freier Regisseur und Autor für den WDR tätig, bevor er 1975 als Regisseur in der Abteilung Regie und Realisation fest angestellt wurde. Hier war er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2002 beschäftigt. "Wir trauern nicht nur um einen erstklassigen und langjährigen Regisseur, sondern auch um den sympathischen und weltoffenen Menschen Hanno Brühl. Als aufmerksamer Beobachter und ständiger Grenzgänger zwischen den Welten der dokumentarischen und fiktionalen Erzählung hat er mit seiner Arbeit Maßstäbe für den Qualitätsanspruch des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gesetzt. Er war sehr vielseitig orientiert und seine Arbeit spiegelt sich in vielen Genres sehr erfolgreich wider," so WDR-Intendantin Monika Piel in der Pressemitteilung zum Tod Brühls.