Die synthetisch hergestellte Droge Crystal Meth ist weiter auf dem Vormarsch. Funde der Polizei, gleich kiloweise, belegen das. Doch die Politik scheint die neue, gigantische Drogenwelle ignorieren zu wollen.
"Ich kenne keine Partei, die sich der gesellschaftlich hochkomplexen Gefahr der neuen Alltagsdroge Crystal Meth bewusst ist." Das sagt Sebastian Fiedler. Der Experte weiß Bescheid. Fiedler ist der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Methamphetamin scheint nach seiner Erkenntnis weiter auf dem Vormarsch. Und das nicht nur im grenznahen Gebiet zu Tschechien. Zahlen belegen das. Der Film "Die Story im Ersten: Alltagsdroge Crystal Meth" beleuchtet das Problem nun von verschiedenen Seiten.
2016 führten die Vereinten Nationen Crystal Meth nach Cannabis als die "weltweit am häufigsten konsumierte illegale Droge" (UNOdoc). Die Zahl der Konsumenten wurde damals auf gut 34 Millionen geschätzt. Mehr als die addierte Summe aller Heroin- und Koksabhängigen. So ist auch die sichergestellte Menge von Crystal in Deutschland sprunghaft gestiegen. Von 4,2 Kilogramm 2008 auf rund 115 Kilogramm innerhalb der vergangenen zehn Jahre. Als Hotspots gelten unter anderem Chemnitz, Erfurt und Dresden.
Doch woher kommt die Lust auf den totalen Rausch? Das wollten Annika Hoch, Christian Gramstadt und Danko Handrick in ihrem Film über die Alltagsdroge Crystal Meth herausfinden. Im Gegensatz zur Kampagne "Faces of Crytal Meth", die einen körperlichen Verfall innerhalb von wenigen Wochen des Konsums aufzeigt, weisen "aufgeklärte" Konsumenten auf ihren angeblich kontrollierten Umgang mit der Droge hin. Sie könnten jahrelang mit Crystal leben und arbeiten, behaupten sie. Tatsächlich wirkt Crystal Meth – anders als Cannabis oder Heroin – wie eine hochwirksame Funktions- und Leistungsdroge. Das Methamphetamin passt so zum Optimierungsprinzip der heutigen Zeit. Die Motivation vieler User lautet: Einsteigen und aufsteigen statt aussteigen und abhängen. Die puschende Wirkung ist enorm und anhaltend. Doch die Folgen sind oft fatal.
Der Siegeszug der Droge wird auch dadurch gefördert, dass die Crystal-Szene nicht etwa aus Junkies besteht. Vielmehr sind es im Durchschnitt unauffällige Bürger, die sich und ihr Leben pushen. Der Rausch spielt sich zu Hause, im Büro oder auf Partys ab – das sorgt für eine hohe Dunkelziffer. "Auf der Grundlage allgemeiner politischer Ignoranz", kommentiert der europäische Crystal-Expert und Leiter des tschechischen Dogendezernats, Jakub Frydrych, "wird der immens lukrative Crystal-Handel weiter zunehmen, die Crystal-Produktion von der Organisierten Kriminalität zunehmend übernommen und unser Kampf immer aussichtsloser." Und das nicht nur in der Mitte und im Osten Europas.
Die Story im Ersten: Alltagsdroge Crystal Meth – Mo. 11.01. – ARD: 22.50 Uhr