Stefan Raabs Showidee sieht eine zeitgleiche Konkurrenzveranstaltung zur coronabedingten ESC-Ersatzveranstaltung der ARD vor. Doch wie soll sein augenzwinkernder, aus dem Boden gestampfter Musikwettbewerb eigentlich aussehen?
Wären wir bei "Games of Thrones", Stefan Raab wäre wahrscheinlich von der ARD wegen Hochverrats geköpft worden. Der langjährige ESC-Co-Impresario, -Songschreiber und -Interpret meldete sich am 31. März aus dem Kamera-Off, in dem er sich seit 2015 befindet, und kündigte eine zeitgleiche Konkurrenzveranstaltung zur coronabedingten ARD-Ersatzshow "Europe Shine A Light" an. Der Unterschied: Bei Raab soll tatsächlich ein Liederwettbwerb stattfinden, bei dem die Musiker "live" in einem Kölner Studio performen.
Die Idee der Raab-Show, die von Steven Gätjen und Conchita Wurst moderiert wird, besteht darin, dass prominente Musiker für ihr Heimatland, das auf ESC-Gebiet liegen sollte, mit einem Song antreten, über den die Zuschauer in Deutschland, Österreich und der Schweiz per SMS oder Telefonanruf abstimmen sollen, während die anderen Länder durch "Sympathisanten" des jeweiligen Künstlers vertreten werden. Auch sie geben per Schalte ihre Punkte ab, wobei niemand für das eigene Land beziehungsweise den eigenen "Star" abstimmen darf. Das Punktesystem von ein bis acht, zehn und zwölf Punkten entspricht dem Modus des ESC.
Wie so oft bei Stefan Raab wird Improvisation großgeschrieben. Drei Tage lagen zwischen Raabs Vorstellung des Showkonzepts beim Sender und der ProSieben-Pressemitteilung zum "Free European Song Contest". Die Künstler, deren Namen wohl bis zur Sendung oder kurz davor geheim gehalten werden, sollen allesamt mehr oder weniger prominent sein. Und sie dürften – auch wenn dies Spekulation ist – des Öfteren wohl nur "Wurzeln" in jenem Land aufweisen, für das sie antreten, weil sie ja auch in Deutschland eine nennenswerte Bekanntheit mitbringen sollten.
Insgesamt also ein durchaus augenzwinkernder Wettbewerb, bei dem die Musik immerhin in einem gemeinsamen Raum zustande kommt – und nicht durch Schalten in diverse Wohnzimmer entsteht. Bis kurz nach Mitternacht soll die Raabsche XXL-Musikschlacht wider den Corona-Musik-Lockdown durchhalten. Danach wird der "erste Sieger des neuen, freien europäischen Songwettbewerbs" feststehen, heißt es bei ProSieben.
Mit anderen Worten: Sollte die Show erfolgreich sein, wer weiß, vielleicht gibt es 2021 eine Neuauflage – dann wohl in Konkurrenz zu einer regulären ESC-Show. Die ARD dürfte über derartige Pläne kaum "amused" sein. Stefan Raab, über dessen Erscheinen vor der Kamera noch spekuliert wird, auch wenn es eher unwahrscheinlich ist, bleibt auch fünf Jahre nach seinem Rückzug immer noch ein wenig TV-Punk.
Free European Song Contest – Sa. 16.05. – ProSieben: 20.15 Uhr