Vater soll ein rechter Kotzbrocken gewesen sein. Doch auf der Fahrt in seine Heimat Ostpreußen wird dieses Bild korrigiert.
In der Komödie "Heimat ist kein Ort" (2015) des Erfolgsteams Udo Witte (Regie), Lo Malinke und Philipp Müller (Drehbuch), jetzt in einer Wiederholung zu sehen, gilt es für den Familienrest, den letzten Wunsch des Vaters zu erfüllen, dessen Heimat einstmals Ostpreußen war. An den in seiner Jugend für ihn wichtigen Stätten soll man seine Asche verstreuen. Als Belohnung winkt, so suggeriert es jedenfalls der Notar, ein sattes Erbe.
Bei Erbschaftsfilmen ist das immer ein wenig so wie bei "Hans im Glück": Er geht mit einem Goldklumpen los, und am Ende hält er einen Mühlstein in der Hand. Der Mühlstein ist in diesem Falle ein Behältnis mit der Asche des Vaters. Der den Kastenwagen lenkende, wegen Alkoholproblemen jedoch führerscheinlose Ex-Taxifahrer Klaus (von Jörg Schüttauf als umwerfendes Raubein gespielt) gibt der besorgten Schwester auf die Frage: "Wo ist Papa?" den trockenen Bescheid, dass der "in der Dose neben dem Toaster" sei.
Inge, die resolute, dennoch herzliche Schwester (Marie Gruber) dachte schon, man habe den Verstorbenen daheim vergessen. Das platzt übrigens mitten in den Diskurs über polnische oder deutsche Städtenamen hinein. "Ostpreußen war immer deutsch", behauptet Inge kühn und wirft es als Bömbchen in vor nicht allzu langer Zeit noch vermintes Gelände hin.
Es ist schon ein wunderbarer Familien-Kegelclub, der da unterwegs ist und fortwährend streitet. Nur Inge, Krankenschwester von Beruf, hat sich angeblich um den Vater gekümmert. Für den Rest, Taxifahrer Klaus und Bruder Uwe (Sönke Möhring), der schwul ist und daheim sein Leben als Hundeführer fristet, ist klar: Der alte Ostpreuße war "als Vater eine Null". Hat die Kinder damals in einem Heim abgestellt und sich nie wieder um sie gekümmert. Der Hass sitzt also tief, nur das zu erwartende Erbe schmiedet halbwegs zusammen.
Es ist eine Reise gen Osten, eine in die Vergangenheit. Und die Stimme des Vaters (aus dem Off: Dieter Mann) ist als Geisterstimme wohlgemerkt immer mal wieder dabei. Sie erinnert an schöne, später schreckliche ostpreußische Zeiten. Mal in kitschigen Naturbeschreibungen (der Sternenhimmel: zum Greifen nah!), mal tieftraurig das eigene Schicksal beschreibend: die verlorene Mutter beim Abschied am Zug, die auf der Flucht gestorbene Schwester. Just dann aber, wenn es allzu wehleidig werden könnte, greifen die Autoren immer wieder mit einem soliden Griff in die Klamottenkiste ein. Dann schrecken sie vor flotten Slapsticks samt Kuhscheiße oder Sahnetorte im Gesicht keineswegs zurück. Tragödie und Klamotte prallen dann immer wieder aufeinander, Tabus werden gebrochen, dem Mythos Heimat wird die Schwere genommen.
Klar, dass es da auch immer wieder Sprechblasen gibt. Die Sonntagspredigt des als notarieller Fremdenführer fungierenden Polen Krzysztow (Fahren ohne Führerschein, Alkohol am Steuer!) ist in ihrer Zurechtweisung allzu säuerlich geraten, wobei Piotr Witkowski einen ansonsten einfühlsamen Lotsen in die Heimat des Vaters gibt. Nicht zuletzt ihm ist es zu verdanken, dass das fahrende Familienvolk dem ungeliebten Erblasser am Ende verzeiht. Und dass sich, das auch, zwei Deutsche in zwei Polen verlieben.