Nackt über Berlin
13.10.2023 • 22:35 - 23:20 Uhr
Serie, Dramaserie
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Produktionsland
D
Produktionsdatum
2023
Serie, Dramaserie

Fetti, Fidschi und die Smart-Home-Hölle

Von Eric Leimann

Die Miniserie "Nackt über Berlin" erzählt die Geschichte zweier 17-jähriger Schulaußenseiter, die ihren Direktor in seinem Smart-Home einsperren und ihn zum Seelen-Striptease zwingen. Eine überdrehte und doch einfühlsame Coming-of-Age-Geschichte von Axel Ranisch.

Wie wäre es, wenn man als 17-jähriger Außenseiter seinen ungeliebten Schuldirektor einfach für unbestimmte Zeit in seinem Smart-Home einschließen könnte, um ihm bei seiner (Selbst)demontage zuzusehen? Über sechsmal 45 Minuten – hier am Stück im Ersten oder bereits am Donnerstag, 12.10., 20.15 Uhr, bei ARTE – zeigt Filmemacher Axel Ranisch diese grellbunte und doch einfühlsame Jugendfantasie, die er nach seinem eigenen Romandebüt inszenierte. 2018 hatte der Filmemacher ("Ich fühl mich Disco") und Impro-Provokateur mit seinem gleichnamigen Buch den Debütpreis der Lit.Cologne gewonnen. In der ARTE-Mediathek lässt sich seine Serie "Nackt über Berlin" ebenso sehen wie beim Streamingangebot des Ersten.

Der übergewichtige Klassikfan Jannik (Lorenzo Germeno) lebt mit seiner Mutter Simone (Alwara Höfels) und dem meist abwesenden Vater Michael (Devid Striesow) in Berlin. Seine Beziehung zu den Eltern muss sich verändern, weiß der 17-Jährige. Während seine Mutter den sanften Koloss immer noch wie einen kleinen Jungen behandelt, leidet der Vater darunter, dass sein Sohn so "unmännlich" ist. Tatsächlich steht Jannik auf Jungs. Als er an seiner Schule den Vietnamesen Tai (Anh Khoa Tran) kennenlernt – von den Mitschülern als "Fidschi" verspottet – werden die beiden schnell unzertrennlich. Dies liegt auch daran, dass Tai und Jannik ein ziemlich schräges Projekt verfolgen: Ihren barschen und trinkfreudigen Schuldirektor Jens Lamprecht (Thorsten Merten) sperrt Hacker und Technik-Freak Tai in dessen Smart-Home ein und kappt ihm sämtliche Kommunikationswege.

Das Aufwachsen, seine Freuden und seine Schmerzen

Über die leer stehende Nachbarwohnung kommunizieren die beiden Entführer per Blutooth mit ihrem Opfer und zwingen es zum Seelenstriptease. Während man – auch in Rückblenden – mehr über das Leben der drei Hauptprotagonisten und weiterer Figuren erfährt, verliebt sich Jannik immer mehr unsterblich in Tai. Wo werden die Beteiligten, die allesamt auf eine Katastrophe zuzusteuern scheinen, am Ende landen? Filmemacher Axel Ranisch ist bekannt dafür, dass bei ihm auch schrecklich schöne Geschichten wie diese noch eine gute Wendung nehmen können. Daher muss seine überdrehte, aber in vielen Momenten auch wunderbar sensible Coming-of-Age-Reise nicht unbedingt so fatal enden, wie es hier lange Zeit den Anschein hat.

Sicher ist "Nackt über Berlin" nichts für jedermann. Arthaus-Filmer Ranisch kann für sich verbuchen, mal auf der Titelseite der "Bild"-Zeitung gelandet zu sein. Der Grund: sein improvisierter Ludwigshafener "Tatort: Babbeldasch" von 2017 über den Mord an einem Mundart-Laientheater erzeugte die Wut-Schlagzeile "schlechtester Tatort aller Zeiten" – sowie eine nachfolgende Debatte, wie viel "Experiment" das Öffentlich-Rechtliche beim "Tatort" wagen darf.

Mit "Nackt über Berlin" dürfte Ranisch, der von seinem Filmprofessor Rosa von Praunheim lernte, stets von Dingen zu erzählen, mit denen man sich auskennt, mal wieder ganz dicht an der eigenen Biografie gelandet sein. Dass sein Love'n'Hate-Dreieck mit und trotz vieler schräger Momente funktioniert, liegt an den großartigen Hauptdarstellern Thorsten Merten sowie den Newcomern Lorenzo Germeno und Anh Khoa Tran. Mit der bärenstarken Alwara Höfels und David Striesow als Eltern sowie Christina Große als Co-Rektorin sind auch die Nebenrollen prominent besetzt. "Nackt über Berlin" ist eine grellbunte und ziemlich "kreativ" erzählte Serie, auf die man sich erst mal einlassen muss. Tut man es, wird sie jedoch zu einem durch und durch menschlichen Stück übers Aufwachsen, seine Freuden und seine Schmerzen.

Nackt über Berlin – Fr. 13.10. – ARD: 22.20 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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