Schlaue Schwärme
03.08.2025 • 10:40 - 11:25 Uhr
Natur + Reisen, Natur + Umwelt
Lesermeinung
Aggregation von Tigermotten im Schmetterlingstal auf Rhodos.
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Tierfilmer Ingo Arndt
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Prof. Jens Krause (l.) und Dr. David Bierbach (r.) mit Robofisch im Humboldt-Forum.
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Ein kleiner Schwarm ungarischer Landziegen an einer Wasserstelle.
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Originaltitel
Schlaue Schwärme
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2023
Altersfreigabe
12+
Natur + Reisen, Natur + Umwelt

Schlaue Schwärme

Schwärme finden Lösungen für Probleme, zu denen ein einzelnes Tier oder ein Mensch nicht in der Lage ist. Treffen Schwärme also die klügeren Entscheidungen? Und sind die immer schlau? Schwärme faszinieren. Ihre Bühne sind Himmel, Erde und das Wasser. Manche bringen uns zum Staunen. Andere zum Schaudern. Wissenschaftler und Buchautoren bescheinigen Schwärmen eine Intelligenz, die weit über die des Individuums hinausgeht. Der Schwarm findet deutlich effizientere und klügere Lösungen. Macht ihn das gefährlich? Fischschwärme aus Millionen von Individuen pulsieren als glitzernder Superorganismus unter Wasser. In 550 Millionen Jahren Evolution haben Fische Fähigkeiten entwickelt, die verblüffen. Sie können hören, riechen und miteinander kommunizieren. Wie aber schafft es eine so große Menge einzelner Fische, sich immer wieder zu ordnen und im Gleichklang zum jeweiligen Nachbarn zu bewegen? Woran orientieren sie sich? Schwarmintelligenz-Forscher Jens Krause sucht schon seit Jahrzehnten Antworten auf solche Fragen. Mithilfe seines winzig kleinen "Robofisches" hat der Verhaltensbiologe herausgefunden, dass jeder Fisch einen eigenen Charakter besitzt, für sich selbst entscheidet und trotzdem kollektive Entscheidungen zustande kommen, die von allen Fischen im Schwarm getragen werden. Unter bestimmten Umständen verstoßen Fische gegen Regeln. Menschen auch. Wie viel Hering steckt in einem Menschenschwarm? Das untersucht Jens Krause gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Marcel Brass vom Institut für Psychologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Schlägt beim Regelbrechen das Konzept der Schwarmintelligenz möglicherweise in Schwarmdummheit um, als Folge des Herdenverhaltens? Laufen wir bei einer roten Ampel über die Straße, weil andere das auch tun? Mithilfe von Feldversuchen zeigen die beiden Forscher auf, wie sehr die Gruppe Einfluss auf das Verhalten Einzelner nimmt. Selbst wenn die ursprüngliche Absicht jedes Individuums eine andere war. Auch Prof. Iain Couzin, Direktor des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie, Abteilung für Kollektivverhalten, gilt als Meister für geisterhafte Mechanismen in großen Kollektiven. Der Schwarmintelligenz-Forscher demonstriert, welche Reize ein Individuum dazu bringen, das Verhalten zu ändern, und warum Fische mitunter dazu neigen, sich der Mehrheit anzuschließen. So hat er mit seinem Team unsichtbare Federkräfte in Fischschwärmen entdeckt. Die erklären, wie der Schwarm Probleme lösen kann, die ein einzelner Fisch nicht lösen könnte. Zudem zeigt Iain Couzin, welch' "kannibalistischen" Mechanismen in großen Schwärmen von Wanderheuschrecken wirken, die in Afrika regelmäßig zu Plagen biblischen Ausmaßes werden und große Hungersnöte auslösen. So blutig Wanderheuschrecken unterwegs sind, so harmlos ist dagegen ein Millionenheer libellengroßer Eintagsfliegen. Dicht wie die Flocken eines Schneesturms rauben Theiß-Fliegen jedes Jahr dem staunenden Beobachter die Sicht. Nur wenige wissen, dass dieses Schauspiel seit Urzeiten stattfindet. Im Hortobágy, Ungarns ältestem Nationalpark, kann man die sogenannte Theiß-Blüte auch heute noch erleben. Eintagsfliegen gelten als "Sinnbild für Vergänglichkeit". Im Schwarm widmen sie ihr kurzes Leben als Vollinsekt dem Sex und der Fortpflanzung. Ob dieses Konzept intelligent ist, bleibt offen. Fest steht jedoch - ihr Erfolg gibt ihnen seit 355 Millionen Jahren recht. Wie komplex Mechanismen in manchem Schwarm sind, verdeutlicht das Beispiel der putzig und friedlich wirkenden Erdmännchen. Beim Thema Auseinandersetzung haben sie es zu wahrer Meisterschaft gebracht. Sie leben in ihren Kolonien eine Art "streitbare Demokratie" - wie die Forschung ähnliche Prinzipien für menschliche Gesellschaften nennt. Denn Erdmännchen streiten kontrovers und heftig. Um den besten Futterplatz zum Beispiel. Aufgrund unterschiedlicher Interessen machen die Entscheidungsträger der Gruppe aber unterschiedliche Fehler. Weit besser, als würden alle die gleichen Fehler machen. So dient ihr Streit dem Wohle aller. Welche Mechanismen in Menschenmengen bei großen Demonstrationen greifen, untersucht Prof. Anne Nassauer von der Universität Erfurt. Die Sozialforschung hat Verblüffendes herausgefunden. Nur in absoluten Ausnahmefällen - in rund zwei Prozent aller politisch motivierten Proteste - kommt es in Deutschland tatsächlich zum Ausbruch von Gewalt. Selbst, wenn Aktivisten unter den Demonstranten sind, die die Polizei als "tendenziell gewaltbereit" einstuft. Anne Nassauer schlussfolgert, Gewalt sei nicht triebgesteuert und entstehe selten aus einem geplanten Kalkül heraus, sondern vielmehr spontan aus der Situation, wenn Menschen überfordert seien und sich Chaos, Verwirrung und Angst breitmachen. Bis es so weit komme, müsse aufseiten der Demonstranten und der Polizei viel passieren. "Dynamische Prozesse" nennt sie solche spontanen Entwicklungen und zeigt am Beispiel einer 1.-Mai-Demonstration in Berlin und der Anti-G8-Demonstration in Rostock von 2007, wie diese Prozesse ablaufen. Mit großen Bildern der Tierfilmer Ingo Arndt, Robin Jähne und Ruedi Abbühl liefert die zweiteilige ZDF-"Terra X"-Dokumentation "Schlaue Schwärme verblüffende Antworten. Unterschiedlichste Experimente aus Bereichen der Verhaltensbiologie, Sozialwissenschaft, Künstlichen-Intelligenz-Forschung und Robotik lüften manche Geheimnisse verschiedener schlauer Schwärme. International renommierte Wissenschaftler und Experten räumen mit Vorurteilen auf und zeigen, wie intelligent mancher Schwarm ist und was das mit uns Menschen zu tun hat. Außerdem erklären sie an ausgesuchten Beispielen die Weisheit der vielen.

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