Ritualmorde? – Bibi Fellner (Adele Neuhauser), Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und ihr fleißiger Kollege Manfred (Thomas Stipsits) bekommen es mit einer ziemlich grausigen Mordserie zu tun.
Um es gleich zu sagen: Bibi wird bleiben. Dabei hatten gelbe Blätter aus Dialogfetzen des neuen Wiener Tatorts "Die Falle" ( Regie: Christoph Schier, Drehbuch: Mischa Zickler) ja bereits den Schluss gezogen, dass Adele Neuhauser alias Bibi Fellner das Wiener Mordkommissariat verlassen könnte. Gut möglich, dass sie sich um die Führung einer neu zu gründenden Mordkommission bewerbe, sagt sie tatsächlich nun im neuen Krimi "Tatort: Die Faust". Sie müsse sich als führungsfähige Frau beweisen. Viel Zeit bleibt für die Bewerbung freilich nicht: Ein Serientäter treibt sein Unwesen in Wien, er drapiert und penetriert Leichen als Schauobjekte, stets fein zugänglich für die Öffentlichkeit. Der Kampf um den neuen Job ist trotzdem ein running Gag, der sich zu sehen lohnt – bis hin zur Knallfrosch-Pointe am schönen Schluss.
Bis es aber so weit ist, gibt es für Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner viel zu tun. Ein seltsamer Serientäter fordert ihre ganze Kraft. Mal hängt ein Gekreuzigter vorm orthodoxen Leuchtkreuz im Tunnel, mal wieder ein anderer an der Decke in einer öffentlichen Toilette, darunter lauter Maria-Theresia-Silbertaler in einem Hut. Und dann wird da auch noch eine Frauenleiche als Galionsfigur aufs Segelboot in einer Bootsausstellung gebunden. Was soll der ganze Spaß?
Alsbald finden die schlauen Wiener Kommissare heraus, dass das alles Inszenierungen sind, mit denen ein Mörder vorgibt, ein Triebtäter oder mordender Fetischist zu sein, die wahren Motive jedoch hinter all den zur Schau gestellten Taten verbirgt. "Na bitte, es geht doch!", faucht die aus dem Ruhestand herbeizitierte Alt-Profilerin das Polizistenpärchen anerkennend an und erklärt bibelfest die szenischen Zusammenhänge. Allesamt auf Judas bezogen seien die Inszenierungen. Im übrigen führe hier der Weg "vom Opfer zum Motiv", nicht umgekehrt. Ein starker Kurzauftritt der Schauspielerin Erika Mottl als wegweisende Lehre für die Wiener Kriminaler.
Zog sich's bisher ein wenig hin, so bekommt das Stück nach diesem Auftritt mächtig Drive, es wendet sich nämlich vom banal-voyeuristischen Schauerstück zu einem veritablen Politthriller, in dem es um idealistische Rosenrevolutionäre im Osten geht, in Staaten wie Serbien, wo die Faust einst das Symbol des Protestes war, in Georgien oder der Ukraine (Rosen).
Während da einer im weißen Spusi-Schutzanzug weiter seine Mordtouren macht, dringen Eisner und Fellner immer tiefer in die Geheimnisse von Revolutionsmachern, Verrätern und internationalen Strippenziehern ein. Hat gar die CIA ihre Finger im Spiel? – "Ach, was", sagt Eisner, sich selbst beschwichtigend: "Die haben nicht einmal den Edward Snowden umgelegt."
Mag ja sein, aber Verschwörungstheorien haben nun einmal ihren besonderen Reiz, und das Spiel um aufgedeckte Polit-Intrigen bleibt spannend bis zuletzt. Wenn es dann doch mal haken sollte, greift mal wieder Bibi mit ihren Fluchtgedanken ein. Bis zuletzt behält sie sich das Recht zum Wechsel vor: Umwerfende Blicke ins Leere treiben Eisner ob des drohenden Verlustes den Angstschweiß auf die Stirn. Aber, es ist großartig: Bibi bleibt.