In ihrem neuen Fall treffen die Münchner "Tatort"-Kommissare auf den notorischen Wüterich Hackl. Letzterer strapaziert nicht nur regelmäßig die Nerven seines Umfelds, sondern gilt im Falle seines getöteten Nachbarn auch als höchst tatverdächtig. Doch ist Hackl wirklich ein Mörder?
Im Münchner Hasenbergl hat sich ein tragischer Unfall ereignet: Adam Moser (Leonard Dick), ein allseits beliebter und hilfsbereiter junger Mann aus schwierigen Verhältnissen, ist direkt vor der eigenen Haustür mit seinem Motorrad verunglückt. Betrunken war er nicht, und auch sonst scheint es zunächst keinen Anhaltspunkt für die Ursache des Unfalls zu geben. "Adam fällt nicht einfach so vom Motorrad", sagt dessen Freundin Julia (Irina Kurbanova). Und tatsächlich: Wie Anwohner der Hochhaussiedlung berichten, sollen kurz vor Adams Sturz leuchtende Punkte auf der Straße zu sehen gewesen sein. Jemand scheint das Opfer mutwillig mit einem Laserpointer geblendet zu haben. Doch wer könnte es ausgerechnet auf Adam, der laut seiner Mutter "schon im Sandkasten ein Diplomat" gewesen sein soll, abgesehen haben?
Als Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) den Fall übernehmen, scheint der Schuldige schnell gefunden. Wie der Zufall es will, lebt ausgerechnet der polizeibekannte Störenfried Johannes Bonifaz Hackl (grandios: der vielfach preisgekürte Film- und Theaterschauspieler Burghart Klaußner) im Nachbarhaus des Opfers. Hackl, ein Grantler vor dem Herrn, hat bereits in der Vergangenheit Bekanntschaft mit den beiden Kommissaren gemacht – und, wie Leitmayr nicht müde wird zu betonen, ihn einst sogar in den Finger gebissen. Auch mit Adam soll der Querulant schon aneinander geraten sein. Der Verstorbene sei "ein cooler Typ" gewesen, "das Gegenteil vom Hackl", erklärt die Nachbarin Ulli Weber (Hanna Scheibe) den Polizisten. Ohnehin liege der immerzu wütende Krawallmacher mit der gesamten Nachbarschaft im Clinch – ein anderer, so lassen alle Zeugenaussagen glauben, kann es also gar nicht gewesen sein. Oder?
Ganz so einfach machen es sich Katharina Bischof (Regie) und Dagmar Gabler (Drehbuch) in ihrem "Tatort: Hackl" zum Glück nicht. Klar: Der von Burghart Klaußner gewohnt erstklassig mit erschreckend glaubwürdigem "Grant" verkörperte Hackl ist nicht weniger als ein unbelehrbarer Misanthrop, der auch vor Gewalt nicht zurückschreckt. Zum Mörder macht ihn dies jedoch noch lange nicht – auch, wenn die wohl etwas bequem gewordenen Kommissare fast schon erleichtert über die vermeintlich bündige Lösung des Falls scheinen. Verdenken kann man ihnen das kaum – immerhin haben Batic und Leitmayr nicht nur mehr als 30 Jahre bei der Polizei, sondern auch satte 90 gemeinsame Fälle auf dem Buckel.
Dass die Münchner Ermittler in ihrem 91. Film eine gewisse Grund-Entnervung an den Tag legen, tut der Geschichte ohnehin keinen Abbruch. Vielmehr passt die Übellaunigkeit der beiden zu der Wut, die sich wie ein roter Faden durch den Krimi zieht. Hatte sich das Duo nach der jüngsten Reiberei gegen Ende des Weihnachts-"Tatorts" gerade erst wieder zusammengerauft, scheint es nun, als sei Hackls ständige schlechte Laune ansteckend. Den Tiefpunkt erreicht die Stimmung zwischen "Arschloch Leitmayr und Vize-Arschloch Batic", wie der Hauptverdächtige die Kommissare zu nennen pflegt, als dem bereits verhafteten Hackl unter Batics Aufsicht die Flucht gelingt. Ein grober Schnitzer des Ermittlers; schlummert in Hackl doch zweifelsohne ein hohes Gewaltpotenzial – Mörder hin oder her.
Derweil deutet immer mehr darauf hin, dass es sich beim Täter eben doch um eine andere Person handeln könnte. Während ganz München nach dem entkommenen Hackl sucht, häufen sich die Hinweise, dass ein gewisser Jonas Mittermeier (Lorenzo Germeno) etwas mit Adams Tod zu tun haben könnte. Wie die bereits in puncto Hackl überaus mitteilungsfreudige Nachbarin Ulli Weber zu berichten weiß, sei der Jugendliche "sozial völlig defizitär" und neidisch auf seinen umschwärmten Nachbarn gewesen. Doch war die Wut des Jungen wirklich groß genug, um einen Mord zu begehen?
Man mag kaum glauben, wer sich am Ende dieses bedrückenden, aber durchaus unterhaltsamen Krimis als Täter entpuppt. Letztlich nimmt der Film leider für nahezu alle Beteiligten ein tragisches Ende – mit Ausnahme von Kalli (Ferdinand Hofer), der im Laufe der Ermittlungen auf den Fitnesstrainer Kenny (Bayern-Star Joshua Kimmich) trifft und eine neue Leidenschaft für sich entdeckt: Sport!
Bleibt abzuwarten, ob der Jungermittler im nächsten München-"Tatort" (Titel: "Game Over") noch immer seinem neuen Hobby frönt. Zu sehen sein soll der 92. Fall von Leitmayr und Batic noch im Frühjahr.
Tatort: Hackl – So. 12.03. – ARD: 20.15 Uhr