Tatort
01.04.2024 • 20:15 - 21:45 Uhr
Serie, Krimireihe
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Produktionsland
D
Produktionsdatum
2024
Altersfreigabe
12+
Serie, Krimireihe

Die Klaviere Schwachhausens

Von Eric Leimann

Statt Ostereier suchen die Bremer Ermittlerinnen Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Selb (Luise Wolfram) im "Tatort: Angst im Dunkeln" nach Indizien im Wald. Drei Freundinnen und Mütter haben sich für ein "Mikroabenteuer" dort aussetzen lassen. Doch nur zwei kehren zurück. Was ist passiert?

Auch ein deutscher Stadtstaaten-Krimi kann im Wald spielen. So wie der Bremer "Tatort: Angst im Dunkeln" mit den Ermittlerinnen Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Selb (Luise Wolfram) in ihrem fünften gemeinsamen Fall. Wobei das mit der Dunkelheit noch nicht mal das Hauptproblem der drei Freundinnen ist, die sich zwecks "Mikrorabenteuer" und Survival-Erlebnis von ihren Teenagerkindern in einem großen Wald aussetzen lassen. Viola Klemm (Sophie Lutz), Ayla Ömer (Pegah Ferydoni) und Marlene Seifert (Inez Bjørg David) kennen sich schon ewig. Mittlerweile leben die Frauen Anfang 40 mit ihren Familien im gutbürgerlichen Bremer Stadtteil Schwachhausen Tür an Tür. Gleich zu Beginn erfahren wir, dass eine der Frauen – die selbstbewusste Marlene – den Trip nicht überlebte.

Moormann und Selb müssen herausfinden, wie sie gestorben ist und wer, sofern es ein Mord war, dafür verantwortlich sein könnte. Offenbar gab es Spannungen unter den Frauen. Im Wald hatten sie mit Hitze, Wassermangel, Krankheit und Verletzungen zu kämpfen, das erfahren wir in Rückblenden.

Gleichzeitig wollen die Kommissarinnen durch ihre Ermittlungen in den schmucken Stadthäusern der Hinterbliebenen herausfinden, wer hier welches Süppchen kochte. Linda Selb hat noch einen anderen Verdacht, den sie hartnäckig verfolgt. Die Frauen fanden bereits vor dem Tod Marlenes Fotos auf ihren Handys, die ein Unbekannter von ihnen schlafend im Zelt gemacht hatte. Für ein ähnliches Grusel-Szenario sorgte im Bremer Wald vor Jahren bereits der mysteriöse "Handy-Mann", hinter dem Linda Werner B. (Alexander Wüst) vermutet. Damals verschwand eine Frau, die Marlene sehr ähnlich sah. Hat der "Handy-Mann" beide auf dem Gewissen?

Die deutsch-amerikanische Kamerafrau Leah Striker (Deutscher Fernsehpreis 2021 für "Unbroken") darf mit dem fünften Bremer Fall mit Moormann und Selb ihre erste Regiearbeit vorlegen. Sie ist nach einem Drehbuch von Kirsten Peters ("Spy/Master") entstanden. Insgesamt in Sachen Personal also ein sehr weiblicher "Tatort". Einer, der zudem mit einem cleveren Trick aufwartet: Man weiß von Anfang an, wen es erwischt hat, doch das "Wie" ist die große Frage. Parallel zu den Ermittlungen wird chronologisch der aus dem Ruder laufende Wald-Trip der Freundinnen gezeigt, welcher gegen Ende der 90 Minuten immer dichter an den Todesmoment Marlenes heranrückt.

Echte Tante spielt die Kommissarinnen-Tante

Keine Frage, die Grundidee des Nachfolgefalles der Bremerhavener Autorennen-Episode "Donuts" ist ziemlich gut. Nicht nur, weil das Trendthema "Survival" in einen Krimi verpackt wird. Auch das Durchleuchten gutbürgerlicher, scheinbar glücklich-liberaler Familienensembles brachte in jüngerer Vergangenheit einige starke deutsche Miniserien hervor. Das Grimme-Preis-gekrönte ZDF-Werk "Neuland" war die wohl beste unter ihnen.

Auch der "Tatort: Angst im Dunkeln" legt nun die "ach so entspannte" bürgerliche Mitte Deutschlands unters Fiction-Mikroskop: die dominante, auch verletzend nassforsche Marlene mit Tochter Lily (Lucy Gartner) und Mann Klaus (Henning Baum), Ärztin Ayla mit ihrem Gastro-Unternehmer-Mann Emre (Özgür Karadeniz) und Sohn Deniz (Joel Akgün) und schließlich die zurückhaltende Viola, die mit ihrem Mann Mirko (Matthias Lier) und den beiden Kindern (Carl Bagnar, Marie Becker) zwar unter einem Dach lebt, aber offiziell getrennt ist.

Überall, so stellt es die aus prekären Verhältnissen stammende Kommissarin Moormann mit geballter Faust fest, steht in diesen schicken Schwachhausener Stadtvillen ein Klavier herum. Als die bekanntlich zum Einzelgängertum neigende Kollegin Selb in der Ermittlungs-Nachbarschaft ihrer Tante Johanna Selb (Claudia Geisler-Bading, übrigens die echte Tante von Schauspielerin Luise Wolfram) aufgegriffen wird, kommt heraus: Auch Linda Selb ist in diesen gutbürgerlichen Verhältnissen ein paar Jahre lang groß geworden. Was ihr heute aber, wie alles Nahe und Private, sichtbar unangenehm erscheint.

Was wurde aus dem Dänen Mads Andersen?

Doch wie ist er nun geworden , der "3 vs Wild"-"Tatort" aus Bremen? Auch wenn die starke Grundidee für Spannung sorgt, ein wenig mehr Finesse hätte dem Drehbuch gut getan. Was die Lebenssorgen der Schwachhausener Besserverdienenden betrifft, wirkt das Beziehungsmodell der drei Familien ein wenig konstruiert, zudem über 90 Minuten auch ein wenig gehetzt erzählt. Und im Wald? Da hätte man sich irgendwie mehr "Kante" gewünscht. Im sommerlichen deutschen Grün wirken die Eskalationsstufen der verirrten Freundinnen – die ja dann doch Mobiltelefone, wenn auch mit vielen Funklöchern mit sich tragen – nicht bedrohlich genug, als dass sie an die emotionale Wucht von Suvivalfilm-Klassikern wie John Boormans "Beim Sterben ist jeder der Erste" (1972, mit Burt Reynolds) herankommen.

Insgesamt stagniert das Niveau der neuen Bremer Ermittler eher im Bereich der Schulnote "befriedigend". Richtig schlecht sind die Filme nicht, doch ans "Tatort"-Top-Niveau, das andere Standorte mitunter bieten, reichen sie nicht heran. Schließlich wäre da noch die Frage nach dem offiziell immer noch dritten Ermittler im Bunde – dem Dänen Mads Andersen, gespielt von Dar Salim. Mittlerweile seit drei Fällen abwesend, wird sein Name im aktuellen Film nur noch im Off erwähnt. Ob man das unwürdige Spiel bei Radio Bremen bald beendet und den Star offiziell entlässt? Dar Salim, der international gut zu tun hat, spielte in Guy Ritchies sehr empfehlenswerten Afghanistan-Kriegsdrama "The Covenant" die Hauptrolle an der Seite Jake Gyllenhaals und ist nun auch in dessen aktuellen Netflix-Hit "The Gentlemen" mit von der Partie. Solche Rollen sagt man für einen Bremer "Tatort" wohl eher nicht ab.

Tatort: Angst im Dunkeln – Mo. 01.04. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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