60 Jahre, nachdem im großen Stil "Gastarbeiter" aus der Türkei ins Land kamen, steht es um das Verhältnis von Deutschen und Türken im Alltag nicht allzu gut. Das ZDF möchte mit Umfragen und Testmethoden herausfinden, warum das so ist.
Was wurde in den öffentlich-rechtlichen Programmen nicht alles schon auf Herz, Nieren, Produktzuverlässigkeit und Preisangemessenheit getestet? In der neuen ZDF-Hauptabenddokumentation weitet "ZDFzeit: Türken und Deutsche" nun den traditionellen Prüfblick etwas aus: Es geht um das Miteinander in unserer Gesellschaft, die schon länger von Migranten mitgeprägt ist. Die Sendung möchte ermitteln, warum in einem Deutschland, in dem seit über 60 Jahren Deutsche und Türken mehr oder weniger problemfrei Tür an Tür wohnen, sich das Verhältnis seit einiger Zeit abzukühlen scheint. Es knirscht im Gebälk, und geht dabei auch, aber nicht nur um die Machtpolitik des türkischen Staatspräsidenten Erdogan.
In Interviews stellten die "ZDFzeit"-Reporter vielen Bundesbürgern die Frage, welchen Einfluss die große Politik und die aktuellen Spannungen zwischen Ankara und Berlin auf das tägliche Miteinander haben. Und inwieweit sich die Debatte um vor allem islamisch geprägte Migranten in Deutschland auf den Alltag sogenannter "Bio-Deutscher" und ihrer türkischen Mitbürger auswirkt.
Die Zahlen sprechen dabei eigentlich eine klare Sprache: 46 Prozent der Deutschen halten die Integrationsbemühungen im Lande für geglückt. Unter den befragten Deutsch-Türken liegt die Zustimmung mit 66 Prozent sogar noch höher: Sie halten sich für gut bis sehr gut integriert. Trotzdem glaubt jeder Zweite, dass sich das Verhältnis von Deutschen und Türken zuletzt wieder eher verschlechter hat.
Schnell zeigt sich: Die Missverständnisse sind wechselseitiger Natur. Während viele Deutsche mit Befremden zur Kenntnis nehmen, dass auch viele schon lang im Ausland lebende Türken ihrem Land und vor allem ihrem Präsidenten weiter mehr oder weniger unkritisch die Treue halten, fühlen sich viele Menschen mit türkischen Wurzeln im Land in Alltagssituationen benachteiligt. Nicht viel besser macht die Situation, dass von offizieller deutscher Seite Reisewarnungen ausgesprochen werden und dass im Gegenzug aus dem mächtigen Staat zwischen Schwarzmeer und Ägäis deutschen Politikern und Behörden immer wieder "Nazi-Methoden" vorgeworfen werden.
"Die Türken wünschen sich mehr Kontakt zu den Deutschen, aber die Deutschen zeigen ihnen die kalte Schulter", heißt es in einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts. An diesem Punkt setzt die "ZDFzeit"-Dokumentation an. In vier Kapiteln wirft sie ein Schlaglicht auf die Bedeutung von Religion, von Ausbildungs- und Arbeitswelt, von Ehe und Familie und auf die Rolle der Politik. Mit gezielten Experimenten erkundet die Dokumentation, ob sich im Alltag oft genannte Vorurteile bestätigen oder widerlegen lassen. Und natürlich gibt es auch viele Beispiele, die Hoffnung machen, dass vielleicht doch bald alles gut wird. Da sind junge Menschen, die mit Selbstverständlichkeit ihre deutsch-türkische Liebe leben. In Erfurt gibt es sogar einen Döner-Laden, der Frei-Gerichte für deutsch-türkische Paare ausgibt!