Wo ist Heimat? Für die italienischen Gastarbeiter der ersten Generation stellte sich die Frage nicht. Sie kamen, um hier Geld zu verdienen und dann zurückzukehren nach Italien. Doch spätestens mit den Enkeln änderte sich die Perspektive. Eine Nahaufnahme.
Von 14 Millionen "Gastarbeitern", die im Rahmen des deutschen "Anwerbeabkommens" zwischen 1955 und 1973 nach Deutschland kamen, sind etwa elf Millionen wieder in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Lange folgten die Kinder der zweiten Generation dem Vorbild der Eltern, wohnten unter zunächst prekären Verhältnissen, später bescheiden zur Miete in Deutschland und steckten ihre Ersparnisse zumeist in Immobilien in der Heimat. Die "37°"-Doku: "Zerrissen bleibst du immer" von Anabel Münstermann zeigt, in welchem Zwiespalt die Nachkommen der ersten Gastarbeiter teils noch immer leben.
Mit den Enkeln änderte sich alles: Nun waren die Familien und damit der Lebensmittelpunkt in Deutschland. Für Sarah aus dem sizilianischen Ribera beispielsweise ist Italien nicht mehr selbstverständliche Heimat. Ihre Kinder sind in Deutschland geboren und hier verwurzelt. Auch Sarahs Bruder Franco, Hausmeister in einem Altenheim und Fußballtrainer für jugendliche Migranten, kehrt wohl nicht mehr nach Sizilien zurück. Wie viele andere, will er dort bleiben, wo die Enkel sind, wo die Familie zu Hause ist. Nur Sarah ist noch einmal nach Sizilien zurückgekehrt, um ihre alte Mutter zu pflegen. Nun hat sie Sehnsucht nach Deutschland, nach ihrer Familie dort und nach einem Schrebergarten in Singen.
37°: Zerrissen bleibst du immer – Di. 10.01. – ZDF: 22.15 Uhr