"Bad Cop – Kriminell gut"

David Rott: "Ich sehe Rollen wie Denksportaufgaben"

von Eric Leimann

Schauspieler David Rott übernimmt in der neuen RTL-Serie "Bad Cop – Kriminell gut" den Job vom toten Zwillingsbruder. Im Interview verrät der 40-Jährige, warum er keine Krimis mag und wie es gelingen könnte, ein wenig mehr Anarchie und Spielfreude ins Fernsehen zu bekommen.

Keine Angst, die neue RTL-Serie "Bad Cop – Kriminell gut" (ab Donnerstag, 21.09., 21.15 Uhr) ist keine Impro-Show. Aber David Rott, er spielte Udo Jürgens im Biopic "Der Mann mit dem Fagott", darf als Hauptdarsteller mehr probieren als herkömmliche TV-Ermittler.

prisma: Sie hatten eben Ihren letzten Drehtag. Wer mal beim Film gearbeitet hat, sagt, dass es immer ein Tag großer Melancholie ist ...

David Rott: Klar, das Abschied nehmen schwingt am Ende immer mit. Wir haben fünf Monate lang zusammengearbeitet. Am Stück waren es 82 Drehtage, die alle in Hamburg stattfanden. Es ist eine lange und intensive Zeit, die man da zusammen verbringt. Ein bisschen Wehmut ist immer dabei. Wir haben ja auch eine Strecke Leben miteinander geteilt.

prisma: "Bad Cop" bietet in der Tat viele Außenaufnahmen Hamburgs. Auch die Sprache der Figuren scheint nordisch. Ist Ihre angelernt oder authentisch?

Rott: Die ist schon authentisch (lacht). Ich komme aus Schleswig-Holstein. Meine Eltern leben immer noch da. An der Ostsee, nahe der dänischen Grenze. "Bad Cop" ist für mich durchaus eine Reminiszenz an den Norden. Ich finde, dass diese Geschichte hierhin gehört.

prisma: Das müssen Sie erklären!

Rott: Es ist die Art des Humors. Das ist keiner, der auf Gags geschrieben ist. Er liegt in der Art und Weise, wie man Probleme löst oder Situationen kommentiert. Wie will man den nordischen Humor beschreiben? Er ist trocken in dem Sinne, dass man nicht viele Worte macht. Die Rolle, die ich spiele, das ist eigentlich ein Anarchist. Eine Geisteshaltung, die für mich auf gewisse Art zum Norden passt.

prisma: Haben Sie Vorbilder in Sachen Humor?

Rott: Ich orientiere mich ein bisschen an Studio Braun. Auch da geht es um das Dreiste, das Brechen von Regeln, auch um das Entlarven falscher Werte.

prisma: Um als Zuschauer die Serie anzunehmen, muss man ihr abkaufen, dass sie als Verbrecher tatsächlich die Rolle des toten Zwillingsbruders, eines bürgerlichen Kommissars, übernehmen.

Rott: Ich glaube, dass man das kann. Es gibt eineiige Zwillinge, wie die Benders von Bayer Leverkusen, die gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Da weiß ich als langjähriger Fan und Beobachter zwar, dass die beiden zwei Personen sind, aber ich kann sie nicht auseinanderhalten. Warum sollte es in unserer Serie anders sein? Ich glaube aber, dass es auf die Plausibilität dieser Idee gar nicht so ankommt. Man akzeptiert die neue Situation meines Charakters und betrachtet sie wie ein Märchen. Was wäre, wenn ich von einem Moment auf den anderen ein völlig anderes Leben hätte? Derlei Geschichten empfindet man als Zuschauer oft als reizvoll.

prisma: Wie reizvoll ist es für den Schauspieler David Rott, dass Ihre Figur im neuen Leben ständig improvisieren muss?

Rott: Sehr reizvoll. Zum einen, weil ich viel spielen kann – im wahrsten Sinne des Wortes. Ich bin ja der Meinung, dass alles, was man als Schauspieler gibt, Teil von einem selber ist. Ich spiele nie jemand anderen, sondern immer nur einen Teil von mir. Nun verkörpere ich eine Rolle, die sich selbst immer wieder in für sie fremden Situationen befindet – und improvisieren muss. Ich spiele mit allen Persönlichkeitsmerkmalen, die in mir drinstecken, einen Typen, der ebenfalls ständig jemand anderes sein muss.

prisma: Das klingt auch ein bisschen anstrengend!

Rott: Nein, es macht Spaß und ist, wie gesagt, auch anarchistisch. Es gibt doch viel zu viele Kommissare im deutschen Fernsehen – und ich bin kein besonderer Krimi-Fan. Da kommt es mir entgegen, dass ich einen spiele, der nur so tut, als wäre er Kommissar. Und manchmal, da schert er sich auch nicht drum, was die Leute von ihm denken. Kommt mir auch entgegen (lacht).

prisma: Wenn Sie Krimis nicht besonders mögen, erleben oder spielen Sie "Bad Cop" auch als eine Art Parodie auf das Genre?

Rott: Es ist sicher keine astreine Parodie auf Ermittler-Filme. Man merkt aber vielleicht, dass es nicht mein oberstes Ziel war, einen authentischen Kommissar zu spielen. Krimis muss man nicht mehr machen, da gibt's schon genug von. Deshalb sind unsere Fälle nur als Folie zu verstehen, auf der sich die Figur oder der Held, wenn man so will, weiterentwickeln kann. Es ist keine Krimiserie, auch keine Bullenserie, sondern eine über diesen Typen.

prisma: Gibt es gar keine Ermittler in der Filmgeschichte, von denen Sie beeinflusst fühlen?

Rott: Doch, natürlich. Ich war immer ein großer Freund von "Columbo" und "Kottan ermittelt". Aber auch da ging es mir immer um die Figuren. Nicht darum, welche Fälle sie lösen. Mich interessiert der Style, nicht die Lösung des Mordfalls.

prisma: Sagen Sie bloß, dass Sie zuvor noch nie einen Kommissar gespielt haben?

Rott: Bis auf Mirko Kiefer von den "Spezialisten", habe ich bisher keinen Ermittler gespielt. Und nun "Bad Cop" – und der ist ja auch gelogen. Viele Schauspieler empfinden es als Ritterschlag, wenn sie es geschafft haben, "Tatort"-Kommissar zu werden. Das gönne ich all diesen Leuten, aber es ist nicht mein Ziel, es ihnen nachzutun.

prisma: Warum?

Rott: Weil ich es als limitierend empfände. Ich finde ohnehin, dass der Krimi dem deutschen Spielfilm viel Raum abgegraben hat. Ich fände es schöner, wenn spackigere, fantasievollere Filmen im deutschen Fernsehen mehr Platz fänden. Schade, dass dieses große Talent-Reservoir, welches das deutsche Fernsehen hat, sich ein wenig abnutzt, weil man so viele Krimis und Schmonzetten produziert.

prisma: Nun haben Sie sich auch für relativ lange Zeit verpflichtet. Würden Sie, sollte sich der Quotenerfolg einstellen, eine zweite Staffel von "Bad Cop" dranhängen?

Rott: Klar, das würde ich. Ich sehe jedoch nichts Limitierendes an der Rolle. Fast keine Situation, in die sich Jan begibt, ergibt sich ein zweites Mal. Alles ist immer wieder neu und voll auf Improvisation gebaut. Insofern hält sich die Routine doch stark in Grenzen.

prisma: Sie sind gerade 40 Jahre alt geworden. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Schauspielkarriere bisher?

Rott: Im letzten Jahr hatte ich so viel zu tun, dass ich immer nur auf den nächsten Tag geschaut habe. Insofern war ich gar nicht allzu sehr in Bilanzstimmung. Trotzdem bin ich insgesamt sehr zufrieden. Was ich mir wünschen würde: dass ich mehr Filme drehen darf, in denen nicht so viel gesprochen wird.

prisma: Weil?

Rott: Weil mir in deutschen Filmen zu viel gequatscht wird. So vieles läuft über Sprache und Information, die über Drehbuchzeilen vermittelt wird. Alles muss erklärt werden. Wobei das im wirklichen Leben ja keineswegs so ist. Und in der Kunst sollte es ohnehin nicht so sein. Da wünschte ich mir, dass in den Film mehr Poesie reinkommt. Oder, wie Gloria Swanson einst in "Sunset Boulevard" über ihre Zeit als Stummfilmstar sagte: 'Wir brauchten keine Worte, wir hatten – Gesichter'. Generell arbeite ich sehr gerne. Ich sehe Rollen wie Denksportaufgaben. Das sind Probleme, die man lösen muss. Wenn die Probleme abwechslungsreich sind, löse ich sie sehr gerne.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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