Diana Amft, früher fast schon dauerpräsent im deutschen Komödien-TV, hat sich in den letzten Jahren rarer gemacht. Dies liegt nicht nur an ihrer neuen Rolle als Mutter, sondern auch an ihrem Wunsch, das Leben langsamer zu leben, als es heute gemeinhin üblich ist.
Diana Amft hat sich über die letzten Jahre ein bisschen rar gemacht. Seit dem Ruhm durch die vielfach ausgezeichnete Erfolgsserie "Doctor's Diary" (2008 bis 2001) war Amft so etwas wie der Comedy-Darling des deutschen Fernsehens. Kaum eine Serie oder Filmreihe, die ein bisschen modern gedacht war, kam ohne die gelernte Justizfachangestellte aus. Vor ihrer Schauspielausbildung an einer Münchener Privatschule war sie von zahlreichen renommierten Ausbildungsinstituten abgelehnt worden. Doch irgendwann glaubte man, Diana Amft – kurvig, blond und in ihren Rollen gern ein wenig tapsig – sei nicht nur verhuscht sexy, sondern auch ideale Identifikationsfigur für das weibliche Publikum einer stattlichen Altersgruppe zwischen 20 und 45. Nach einer Babypause steht die heute 43-Jährige mittlerweile wieder häufiger vor der Kamera. Über ihr Privatleben spricht sie aus Prinzip nie. Dafür aber über Privates. Zum Beispiel darüber, dass sie sich schon immer für altmodisch und bewusst "langsamer lebend" hielt, als es der atemlose Takt von heute vorgibt. Die Zeltplatz-Komödie "Camping mit Herz" (Freitag, 21. Juni, 20.15 Uhr, ARD), in der Amft die insolvente Betreiberin eines Sammelplatzes für Lebensverlierer spielt, bietet guten Anlass, über den Tempo-Wahnsinn der Gegenwart zu reden.
prisma: Sind Sie Camping-Fan?
Diana Amft: (lacht) Den Begriff Camping bringe ich nicht ganz mit mir zusammen, denn bei uns hieß es früher "zelten". Camping, das war für mich eine Luxus-Situation mit Wohnwagen. So etwas war ganz weit weg von mir. Zelten hingegen stand für die ersten Urlaube, die ich ohne meine Eltern mit Freundinnen verbringen durfte. Wir waren ein paarmal am Steinhuder Meer bei Hannover. Da hängen natürlich besondere Erinnerungen dran.
prisma: Welche denn?
Diana Amft: Natürlich solche, die mit Freiheit zu tun haben. Aber auch Unangenehmes. Ich glaube, egal, wie heiß es war, morgens war mir immer furchtbar kalt. Die übliche Morgenkälte des Zeltens (lacht)! Ich lag oft ab drei oder vier Uhr wach, weil es einfach zu kalt zum Schlafen war.
"Ich war schon immer schon ein Entschleuniger"
prisma: Das klingt nach falscher Ausrüstung ...
Diana Amft: Vielleicht. Aber ich glaube, ich war nie der klassische Outdoor-Typ. Schon dieser Geruch von Zelt und Schlafsack, auch das Geräusch des Reißverschlusses am Zelteingang, wie er hoch- und runtergezogen wird, weckt in mir komische Erinnerungen. Andererseits habe ich diese Urlaube mit 15, 16 Jahren geliebt. Weil man den Freibrief hatte, lange aufzubleiben und die ganze Nacht zu quatschen. Doch am Ende lag man morgens in einem Zelt und fragte sich: Warum das alles (lacht)?
prisma: Sie träumten damals von mehr Luxus?
Diana Amft: Ich weiß nicht, ob ich davon geträumt habe. Sicher nicht in der Art, dass ich mir sagte: Dies und das willst du mal erreichen. Es war einfach so, dass ein Wohnwagen Welten entfernt war – und ein Hotelzimmer erst recht. Es ist lustig: Als wir diesen Film auf einem echten Campingplatz auf dem Darß an der Ostsee drehten, wohnte ich im Hotel – und nicht auf dem Campingplatz (lacht). Aber ich dachte dort schon manchmal: Eigentlich wäre es jetzt schön, direkt am Strand aufzuwachen und morgens aus dem Zelt heraus das Meer zu sehen. Aber dafür war es schon viel zu kalt, wir drehten im Spätherbst.
prisma: Sind Sie wieder auf den Geschmack gekommen – in Sachen Camping?
Diana Amft: Ich fand es auf jeden Fall toll, viel Zeit an Strand und Meer zu verbringen. Es ist ja bekannt, dass man beim Drehen von Filmen mehr Zeit mit warten als mit drehen verbringt. Wenn man auf einem Campingplatz am Meer wartet, fühlt sich dieses Warten anders an. Mehr nach Entspannung und dem Genießen von Schönheit, als nach unnützer Zeit.
prisma: Camping erfährt den letzten Jahren eine Renaissance. Fast hat man den Eindruck, dass die Menschen in Sachen Urlaub wieder das Archaische suchen. Woher kommt das?
Diana Amft: Ich glaube, es liegt an der Gemeinschaftserfahrung, die man macht. Man sieht sich, hört sich, redet oder kocht sogar miteinander. Man lebt sein Leben nicht so getrennt von anderen, wie es heute oft üblich ist. Auf vielen Campingplätzen herrscht ein unausgesprochenes Gefühl von Zusammenhalt. Ich denke, dass dies die Leute wieder fasziniert, weil wir im Privaten isolierter leben als früher. Da macht ja jeder sein Ding heutzutage. Ich finde, auch der Begriff "Lagerfeuer" steht für sehr besondere Gemeinschaftserlebnisse.
prisma: Geht es beim Campen auch um Entschleunigung?
Diana Amft: Sicher. Die Menschen suchen mittlerweile die Langsamkeit des Campingkochers. Ich kann das gut verstehen, denn ich war immer schon ein Entschleuniger, weil mir vieles ohnehin zu schnell geht. Ich erinnere mich noch daran, wie mir ein befreundeter Regisseur und Autor eine E-Mail-Adresse einrichtete, weil er davon genervt war, dass ich meine Nachrichten immer so spät bekommen habe. Das war vor zehn Jahren (lacht).
"Man muss die eigenen Fotos angucken, um sich daran zu erinnern, wo man war"
prisma: Sie üben also Digitaldiät ... ?
Diana Amft: Ja, ich übe so ein bisschen, weil ja dann doch meist alles etwas schneller geht. Wobei ich nie so wirklich bei der ganzen Geschwindigkeit mitmachen wollte. Alles wird heute immer schneller. Tausend Apps sollen dir Zeit sparen, aber mit was für einem Ergebnis? Man muss nicht mehr eine Stunde früher am Bahnhof oder Flughafen sein, um sich am Ticketschalter anzustellen, sondern man checkt online ein, das ist schon angenehm. Oft hetzt man dann aber doch zu spät zum Zug oder Flieger. Man muss schon darauf achten, das man nicht das Gefühl bekommt, jetzt kann ich noch mehr bewältigen, weil einem suggeriert wird, dass man an anderer Stelle Zeit gespart hat. Ich finde das nicht unanstrengend.
prisma: Fühlen Sie sich schnell überfordert – vom Zeitdruck?
Diana Amft: Man fühlt sich unter Druck gesetzt. Eine Mail oder WhatsApp wird heute wie ein Telefonanruf verwendet. Nach dem Motto: Sehen wir uns in einer Viertelstunde? Vor 20 Jahren wurde die Drehzeit eines 90-Minüters verkürzt. Heute ist es noch mal weniger. Die Geschwindigkeit unseres Lebens hat seitdem immer mehr zugenommen. Nur wir Menschen sind dieselben geblieben. Okay, ich klinge zwar wie eine Steinzeit-Omi, aber so denke und fühle ich tatsächlich (lacht).
prisma: Woran merken Sie, dass sie ein altmodischer Mensch sind. Nur an Ihrem Wunsch nach Langsamkeit?
Diana Amft: Auch an anderen Dingen. Neulich saß ich in einer Talkrunde und stellte fest, dass ich einer der wenigen Gäste war, die kaum Social Media-Aktivitäten betrieben. Ich möchte damit niemanden kritisieren, der es aktiv macht. Für mich persönlich wäre es jedoch zu stressig. Ich erzähle gern etwas über einen Film, den ich gemacht habe, und über die Zeit drumherum. Alles andere fühlt sich für mich eher berufsfremd an. Aber wie gesagt, ich finde es auch völlig okay, wenn man es macht.
prisma: Gelten beim Miteinander auf einem Campingplatz andere Regeln als bei Social Media?
Diana Amft: Na ja, ich würde mal behaupten, dass campen eher privat ist und Social Media öffentlicher. Ja, zumindest auf solchen altmodischen Campingplätzen, wie wir ihn im Film betreiben. Wir erzählen, dass es dort bewusst kein WLAN gibt. Viele Leute machen heute Urlaub und fotografieren alles, was sie sehen. Sie wissen aber später nicht mehr, was sie gemacht haben – weil es so viel war. Also muss man sich später die eigenen Fotos angucken, um sich daran zu erinnern, wo man war.
"Ich fühle mich denen nahe, die nicht so perfekt sind"
prisma: Wo finden Sie persönlich Ruhe?
Diana Amft: Ich gehe gern spazieren oder schaue aufs Wasser. Zum Beispiel hier in diesem Hamburger Hotelzimmer mit Blick auf die Alster. Wenn ich eine schöne Aussicht genieße, stehe ich schon mal fünf Minuten da und tue nichts anderes, als zu gucken. Ich genieße es sehr, dass ich hier sein darf.
prisma: Das klingt sehr bescheiden ...
Diana Amft: Weil ich so aufgewachsen bin. Ich war nie in Hotels, bevor ich sie durch den Beruf kennengelernt habe. Vielleicht mal in einem ersten Urlaub mit Freunden im Ausland. Aber in Deutschland: nie. Mir fehlte immer das Geld dafür.
prisma: In Ihrem Film geht es um Schein und Sein. Um einen ernsthaften Songwriter, der aber nur Schlager singt, um Geld zu verdienen. Um das Authentische, das einem heute oft in Form einer Lüge vorgegaukelt wird. Kennen Sie das Problem?
Diana Amft: Ja, sehr gut. Die Filmbranche ist ja auch ein Stück weit von diesem Spiel um Schein und Sein betroffen. Als ich anfing zu drehen, war ich noch auf der Schauspielschule. Damals konnte ich mir die Monatskarte für die Straßenbahn nicht leisten, wurde aber während Dreharbeiten von einem Fahrer zu Hause abgeholt. Filme leben von der Idee, Glamour zu erzeugen. Das ist ja auch faszinierend. Man darf nur nicht vergessen, dass die Realität nicht immer so ist. Und dass es manchmal sehr schwierig ist, Geld zu verdienen.
prisma: Fühlen Sie sich deshalb Ihrer Rolle auch persönlich nahe – eine Campingplatz-Betreiberin, die Arbeitslose und Insolvente auf ihrem Platz wohnen lässt, weil sie selbst weiß, wie es ist, kein Geld zu haben?
Diana Amft: Ich fühle mich oft denen nahe, die eher nicht so perfekt sind – aber nicht aufgeben.
Quelle: teleschau – der Mediendienst