Film bei ARTE

"The Square": Mal düster und moralisch, mal schreiend komisch

von Ute Nardenbach

Christian, Kurator eines Museums in Stockholm, wird beklaut und kommt so in Kontakt zu denen, denen es deutlich schlechter geht als ihm. "The Square", der Gewinner der "Goldenen Palme" 2017 in Cannes, ist böse, bitter und auch ein bisschen bekloppt. 

ARTE
The Square
Komödie • 18.05.2020 • 20:15 Uhr

Es läuft nicht so bei Christian, dem attraktiven Kurator eines großen Stockholmer Museums. Auf der Straße wird er beim – mehr oder weniger widerwilligen – Versuch, einer Frau beizustehen, bestohlen. Im Museum kehrt ein Putzmann ein teures Kunstwerk kaputt. Und privat muss er sich gegen hysterische Damen und Samenraub wehren. Um nur ein paar Highlights zu nennen. Dabei benötigt er in der bösen Gesellschaftssatire "The Square", die ARTE als Erstausstrahlung zeigt, doch alle Energie, um seine neueste Installation zu promoten.

Genau nach Plan lief's dagegen für den schwedischen Regisseur Ruben Östlund: Sein satirisches Drama von 2017, mit einem großartigen Claes Bang in der Hauptrolle, sollte damals unbedingt nach Cannes. Das hat es geschafft – und dort gleich die "Goldene Palme" abgeräumt.

Eine quadratische Installation namens "The Square" wird in das Kopfsteinpflaster im Museumshof eingelassen. Eine Plakette liefert dazu die Erklärung: "Das Quadrat ist ein Zufluchtsort, an dem Vertrauen und Fürsorge herrschen. Hier haben alle die gleichen Rechte und Pflichten." Aber auch nur da: Auf seinem Weg zur Arbeit lässt der verantwortliche Christian im feinen Zwirn Bettler, Obdachlose und Spendensammler links liegen.

Erst als ihm Handy und Brieftasche geklaut werden, schenkt Christian denen, denen es nicht so gut geht, seine volle Aufmerksamkeit: In seinem "Tesla der Gerechtigkeit" zur Musik von "Justice" fährt er gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Michael (Christopher Læssø) zu einer tristen Hochhaussiedlung, in der sein Handy geortet wurde, und verteilt Drohbriefe.

Der Kultur-Schnösel tut dem Zuschauer leid. Warum? Weil er weder gut noch schlecht ist. Weil er es gut meint und schlecht macht. Weil er eben ein bisschen so ist wie wir alle. "Wollen wir Privilegierte hier irgendetwas aufgeben, damit es anderen Leuten besser geht? Das ist eine unheimlich interessante Frage", findet Claes Bang. "Der Film ist ein Schnappschuss, eine Momentaufnahme davon, wie die Gesellschaft in Westeuropa gerade aussieht." Diese Aussage passt wie die Faust aufs Auge in die Zeiten der Corona-Pandemie.

Den erhobenen Zeigefinger gibt es in "The Square" nicht. Wohl aber werden die Missstände in unserer modernen westlichen Gesellschaft mehr als deutlich gezeigt. Es wird dem Zuschauer nicht mehr wirklich überlassen, diese selbst zu bewerten. Das ist mitunter zu moralisch, dabei aber keineswegs nur düster, sondern manchmal auch schreiend komisch.

Im Anschluss an den Spielfilm zeigt ARTE in der Dokumentation "Es war einmal ... 'The Square" ab 22.40 Uhr den Entstehungsprozess des sozialkritischen Dramas. Regisseur Ruben Östlund wird einerseits als scharfsinniger Beobachter der gesellschaftlichen Verhältnisse in Schweden porträtiert, andererseits als anspruchsvoller Filmemacher. So bringt er seine Schauspieler auch mal an die Belastungsgrenze – alles für die Qualität des Films, versteht sich.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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