"Veep": Nach Staffel 7 ist Schluss, weil die Realität einfach noch absurder ist
Im Finale der HBO-Dramedy "Veep" will Selina Meyer (Julia Louis-Dreyfus) zurück ins Präsidenten-Amt. Weil die Realität mittlerweile verrückter ist, als es sich Drehbuchautoren ausdenken können, wird die mit 17 Emmys ausgezeichnete Serie nach Staffel sieben eingestellt.
Was geschieht mit einer Satire, deren persiflierte Realität noch absurder ist, als es ein Drehbuch erzählen könnte? Richtig, die Satire wird eingestellt, weil sich die Wirklichkeit so schwer verändern lässt. Selbiges geschieht mit der nach Preisen erfolgreichsten Comedy-Fictionserie Amerikas. Als "Veep" im April 2014 startete, hatte Präsident Obama gerade ein gutes Jahr seiner zweiten Amtszeit hinter sich. Parallel erzählte das von HBO in England abgeschaute Format (im Original: "The Thick of it") von den Ränkespielen der Politikerin und Vizepräsidentin Selina Meyer (Julia Louis-Dreyfus), der eigentlich Inhalte völlig egal sind, so lange es mit dem Machterhalt klappt. Ein bezeichnender Running-Gag der Show besteht darin, dass der Zuschauer nie erfährt, für welche Partei Meyer im Oval Office sitzt. "Echte" Demokraten und Republikaner betonten in der US-Öffentlichkeit stets, die HBO-Figur müsse der jeweils gegnerischen politischen Gruppierung angehören.
Über sechs Staffeln der mit brillanten Dialogen gespickten Polit-Show durften die Zuschauer Selina Meyer beim Aufstieg zur Präsidentin zusehen, man erlebte ein historisches Unentschieden im Präsidentschaftswahlkampf sowie ihren Rückzug ins Privatleben. Jetzt wollen es Selina Meyer und ihr Tross noch einmal wissen. Sieben letzte Episoden zeigt Sky Atlantic ab Dienstag, 18. Juni, 20.15 Uhr, in Doppelfolgen. Auch auf Abruf ist die garstige Comedy-Perle, für die Hauptdarstellerin Louis-Dreyfus sechsmal den Emmy als beste Comedy-Hauptdarstellerin gewann, zu sehen. Staffel eins bis sechs sind für Sky-Kunden zurzeit ebenfalls verfügbar.
Selina Meyer muss sich auf der Zielgeraden der Serie in den Vorwahlen gegen den Kongressabgeordneten Jonah Ryan (Timothy Simons) durchsetzen. Der zeichnet sich nicht zuletzt durch sein pikantes Familienleben sowie ätzende Sprüche gegen Minderheiten aus. Wie man es von "Veep" gewohnt ist, vermischt sich ein brillanter Blick hinter die Kulissen des amerikanischen Politbetriebes mit der Zeichnung privater Leidenschaften des Figurenensembles "on duty". Ohne die garstige Hautfigur auch nur einen Deut besser zu machen, konzipierten die Autoren ihren aktuellen Gegner Jonah Ryan als eine Art Hanswurst-Version Trumps – sofern das überhaupt möglich ist.
Über all seine Sendejahre blieb "Veep" eher Kritikerliebling statt Hit-Serie. Trotzdem ist HBO in jenem Land , das seine politische Kaste schon länger in Serienformat reflektiert – was in Deutschland vielleicht abseits des kleinen ZDFneo-Programms "Eichwald MdB" nie überzeugend gelang – mit "Veep" ein ausgezeichnet scharfsinniges Programm gelungen, das einem schon ein wenig fehlen wird.
Zuletzt verriet Showrunner David Mandel, der den Job ab der fünften Staffel von Ideengeber Armando Iannucci übernahm, dass alle Serienideen, die von US-Präsidenten Donald Trump im Sinne der Realsatire "geklaut" wurden, sofort aus dem Ideen-Pool für die Serien-Plots gestrichen wurde. Man wollte vermeiden, dass sich im Kopf des Zuschauers die Grenzen zwischen Comedy-Handlung und Realpolitik vermischen. Insofern ist die Einstellung der Serie auch ein Akt politischer Verantwortungsübernahme: Siehe her, Amerika, die schwärzeste aller Comedy-Shows – und "Veep" war schon ziemlich schwarz – findet mittlerweile nicht im Fernsehen, sondern im Weißen Haus statt.
Quelle: teleschau – der Mediendienst